Inseln im Wind
und darüber gab Harold Dunmore sich nicht den geringsten Illusionen hin, ein erbärmlicher Versager. Doch er war auch sein Fleisch und Blut, sein einziger legitimer Sohn – soweit Harold es überblickte, auch der einzige überhaupt. Er hatte gefälligst dazu beizutragen, dass die jahrzehntelange Plackerei nicht umsonst gewesen war, auch wenn dieser Beitrag nur darin bestand, sich vielversprechend fortzupflanzen. Harold würde nicht dulden, dass Robert sein so gründlich vorbereitetes Vorhaben durchkreuzte, nicht nach all den Mühen, die es bereits gekostet hatte. Die monatelange Abwesenheit von Rainbow Falls, die beschwerliche Reise, die sorgfältige Auswahl einer passenden Kandidatin. Es hatte nicht einfach irgendein beliebiges Mädchen sein dürfen. Von denen tummelten sich unzählige auf Barbados, unter ihnen sogar diverse Jungfrauen – wobei dieser Zustand meist nicht lange anhielt –, die meisten davon irische Mägde mit Schuldkontrakten. Er besaß selbst einige, doch nie wäre er auf den Gedanken gekommen, eine von denen sei gut genug für eine Ehe mit Robert. Nein, er hatte exakte Vorstellungen davon gehabt, wie die Mutter der künftigen Plantagenherren von Rainbow Falls sein musste, und deshalb war seine Wahl auch sehr schnell auf Elizabeth Raleigh gefallen. Sie hatte das, was man bei einem Pferd Rasse nannte. Nicht zu vergleichen mit diesen blutleeren Dingern aus gutem Hause, die sich auf den Londoner Bällen den adligen Gentlemen andienten.
Elizabeth war nicht nur eine Lady mit erstklassigem Stammbaum, sie war vor allem auch stark und ungewöhnlich verwegen. Sie war klug, hatte einen klaren Blick und einen eisernen Willen. Sie strahlte eine unbezähmbare Leidenschaft aus, nicht allein im körperlichen Sinne, sondern wie ein Mensch, der ohne zu zögern alles für eine Sache hingibt, die ihm wichtig ist. Wenn sie auch nur die Hälfte ihrer Anlagen an seinen Enkel weitergab, würde Harold sich um den Fortbestand all dessen, was er aufgebaut hatte und noch weiter aufbauen wollte, keine Sorgen mehr machen müssen. Dass sie obendrein eine enorme Mitgift mitbrachte, war nur der Zuckerguss auf dem Kuchen. Harold war mittlerweile sogar zu der Auffassung gelangt, dass er sie auch ohne das Geld ausgewählt hätte.
» Aber Vater, wenn wir einen Erben wollen, muss ich sie doch begatten.« Robert sah seinen Vater Beifall heischend an. Offenbar hielt er diesen Einwand für sehr schlau.
Harold erwiderte seinen Blick voller Zorn.
» Von dem, was du da gerade bei ihr versucht hast, wird sie keinen Erben gebären.«
Unter seiner Sonnenbräune lief Robert rot an.
» Das war … Eigentlich wollte ich …«
» Du wirst sie in Ruhe lassen«, fiel Harold ihm brüsk ins Wort. » Denn wenn du ihr weiterhin ohne Rücksicht auf die Umstände und ihren Zustand deinen Willen aufzwingst, wird sie beizeiten die Flucht zurück nach England antreten, und dann hättest du die längste Zeit eine Ehefrau gehabt!«
» Aber in der Hochzeitsnacht hat es ihr gefallen«, widersprach Robert. So schnell wollte er nicht aufstecken. » Zuerst hatte sie Angst davor. Aber dann hatte sie Spaß daran!«
Harolds Verlangen, seinen Sohn zu verprügeln, flammte erneut auf. Anscheinend wollte der Junge es nicht begreifen.
» Du wirst dich ihr auf dieser Reise nicht mehr nähern, jedenfalls nicht mehr in der Absicht, ihr wie einer irischen Schlampe unter die Röcke zu gehen. Du wirst sie behandeln wie eine Lady, höflich und rücksichtsvoll. So, wie die zukünftige Mutter deines Sohnes es verdient.«
» Aber wie kann sie ein Kind kriegen, wenn ich nicht …«
» Du wirst gefälligst warten, bis wir zu Hause sind. Wo euer Ehebett ein richtiges Bett ist und keine dreckige Kiste oder ein stinkender Futtersack.«
Wieder errötete Robert.
» Wenn du es nicht anders aushältst, kannst du dir eine der Französinnen nehmen, aber wehe dir, du tust es am helllichten Tag! Sobald wir wieder auf Barbados sind, magst du es halten, wie du willst, solange es nicht unter ihren Augen geschieht. Ich wäre der Letzte, der dir das versagen würde.« Beiläufig fügte Harold hinzu: » Aber solltest du noch einmal wagen, dich an Felicity heranzumachen, werde ich dich so lange auspeitschen, bis keine Haut mehr auf deinem Rücken ist.«
Diesmal wich die Farbe aus Roberts Wangen. Nur die Abdrücke von der Ohrfeige hoben sich grellrot von der plötzlichen Blässe ab. Er wusste genau, dass sein Vater keine leeren Drohungen ausstieß. Dennoch unternahm er einen – wenn
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