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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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impulsiv zugleich war.
    » Und Ihr habt England nie vermisst?«, wollte sie wissen.
    » Ich war noch klein, als wir nach Barbados kamen. So klein, dass ich mich kaum an die Reise erinnere.« William lachte. » Ich weiß allerdings noch, dass meiner Mutter ständig übel war. Damals schwor sie bei allem, was ihr heilig war, niemals wieder einen Fuß auf ein Schiff zu setzen.«
    » Oh.« Elizabeth verzog auf drollige Weise das Gesicht. » Es erleichtert mich ein wenig, dass ich nicht die Einzige bin, die mit der Seekrankheit geschlagen ist.«
    » Bei meiner Mutter kam wohl erschwerend hinzu, dass sie während der Überfahrt in anderen Umständen war. Das Kind verlor sie später. Und bald darauf starb sie auch selbst.«
    Sofort bereute er, dass er das gesagt hatte, denn Elizabeth blickte ihn entsetzt an. Offenbar fand sie den Gedanken an eine eigene Schwangerschaft erschreckend. Er beeilte sich, das Thema zu wechseln.
    » Seht nur – ist das nicht der Koch? Er sieht wütend aus, oder?«
    Elizabeth wandte sich in die gezeigte Richtung, und gemeinsam beobachteten sie, wie ein beleibter Seemann in fettbespritzter Kleidung den Niedergang erklomm, vor dem wachhabenden Offizier kurz, aber ehrerbietig an die Mütze fasste und zu der Stiege weiterging, die zur Pupp hinaufführte. Er sah tatsächlich höchst verärgert aus. Gleich darauf geriet er außer Sicht, doch es war nicht zu überhören, dass er sich an dem dort oben angebrachten Hühnerkäfig zu schaffen machte. Ein wildes Gackern erhob sich über ihren Köpfen, um kurz darauf abrupt zu verstummen. Der Koch kam den Niedergang herabgeklettert, in seiner Faust baumelte ein schlaffes Huhn. Er spie einen braunen Strahl Tabaksaft über die Reling, bevor er breitbeinig an Elizabeth und William vorbeigestapft kam, eine niederländische Verwünschung vor sich hinbrummelnd. Für William klang es wie ein Fluch, in dem die Wörter Frau und Schiff und Suppe vorkamen, wobei allem Anschein nach die Verbindung dieser drei Dinge der Grund für seine Missstimmung war. Der nähere Zusammenhang blieb allerdings im Dunkeln.
    » Das ist wohl mein Abendessen«, sagte Elizabeth. » Mein Schwiegervater will mir zur Stärkung meiner Magennerven unbedingt Hühnersuppe zubereiten lassen.«
    Ihr leichter Ton klang bemüht. Es war ihr anzumerken, dass sie den Schreck über Williams Äußerung noch nicht verwunden hatte.
    » Wo liegt Eure Plantage auf Barbados?«, fragte sie, als wollte sie auf andere Gedanken kommen.
    » In der Nähe von Holetown, das ist an der Westseite der Insel.«
    » Baut Ihr dort immer noch Tabak an?«
    » Nein, wir haben in den letzten Jahren völlig auf Zuckerrohr umgestellt, so wie die meisten anderen Pflanzer auch. Im Norden und Osten der Insel gibt es noch Tabak- und Indigofelder, doch das ist im Rückgang begriffen. Die Konkurrenz in Virginia ist zu stark, der Tabak scheint dort besser zu gedeihen als auf Barbados.«
    » Habt Ihr auch ein Haus in Bridgetown, so wie die Dunmores?«
    » Nein, wir – das heißt, meine Stiefmutter, meine Schwester und ich – leben auf Summer Hill. Das ist der Name unserer Plantage. Wir fühlen uns sehr wohl dort. Ich habe vor drei Jahren ein neues Haus bauen lassen.«
    » Vielleicht kann ich Euch dort eines Tages besuchen.« Sie hielt inne, ihr schien einzufallen, dass sie womöglich die Grenzen der Schicklichkeit überschritt. » Gemeinsam mit meinem Gatten«, fügte sie hinzu.
    » Jederzeit.« Ein wenig gedehnt fügte er hinzu: » Sofern Euer Gatte den Weg nach Summer Hill findet.«
    » Was meint ihr damit?«, fragte sie erstaunt. » Liegt Euer Anwesen denn so versteckt?«
    Reuig lächelnd schüttelte William den Kopf. » Verzeiht, das war eine dumme Bemerkung. Verfehlen kann man Summer Hill bestimmt nicht, denn allzu viele ausgebaute Wege führen nicht über die Insel. Nein, ich meinte damit eher bestimmte … innere Vorbehalte. Ihr müsst wissen, dass zwischen den Dunmores und den Noringhams nicht gerade die beste Freundschaft herrscht.« Freimütig schloss er: » Sie mögen einander nicht besonders.«
    » Warum nicht?«
    Er zuckte die Achseln.
    » So genau weiß das niemand«, sagte er. » Wie es scheint, reicht diese ablehnende Haltung weit in die Vergangenheit zurück. Mutter meinte einmal, es habe zwischen Vater und Harold Dunmore einst einen furchtbaren Streit gegeben, doch worum es dabei ging, konnte sie mir auch nicht sagen. Seither sind die Dunmores uns nicht sonderlich zugetan. Natürlich kann man sich auf einer Insel wie

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