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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Niedergang hinabstieg.
    » Oh je«, seufzte Elizabeth, zu William Noringham gewandt. » Jetzt verstehe ich, was Ihr meintet. Er scheint Euch wirklich nicht leiden zu können.«
    » Man lernt irgendwann, damit umzugehen.«
    » Vielleicht kann man auch lernen, alten Zwist zu vergessen und sich wieder freundschaftlich anzunähern.«
    » Man soll die Hoffnung nie aufgeben«, versetzte William lächelnd.
    » Ich werde das mir Mögliche dafür tun, dass Eure Familie und die Dunmores alle Feindschaft begraben!«, beteuerte sie.
    Dazu sagte William nichts mehr, denn er wusste, dass manche Dinge auch bei aller Mühe nicht zu ändern waren. Er blieb noch eine ganze Weile dort oben auf dem Achterdeck bei Elizabeth stehen und verlor dabei jedes Gefühl für Raum und Zeit. Ihr liebreizendes, offenes Gesicht, die anmutige Kraft ihrer hochgewachsenen Erscheinung und die kühne Unbeschwertheit ihrer Bemerkungen zogen ihn so sehr in ihren Bann, dass er die Zeit völlig vergaß.
    Eine Herde von Delfinen tauchte auf. Spielerisch durchstießen sie die Wasseroberfläche, sprangen weit empor, tauchten in silbrig sprühendem Bogen gleich wieder ein und schossen durch die Bugwellen des Schiffs. Ihre Schwimmkünste beeindruckten Elizabeth, die dergleichen noch nie zuvor gesehen hatte, in ungeahntem Maße.
    » Seht nur!«, rief sie. » Es sieht aus, als wollten sie tanzen!«
    Ihr Entzücken wärmte William das Herz, und seine spontane Zuneigung zu der jungen Frau vertiefte sich auf eine Weise, dass es ihn zur Vorsicht hätte mahnen sollen. Doch er hätte auf keinen einzigen Moment in Elizabeths Gesellschaft verzichten mögen.
    Erst als ein Matrose, der hoch oben im Ausguck auf dem Großmast hockte, lauthals verkündete, dass Land in Sicht sei, wurde Williams Aufmerksamkeit von Elizabeth abgelenkt.
    Am Horizont war die Küstenlinie von Madeira aufgetaucht.
    11
    R und fünf Wochen später lag die Eindhoven in lähmender Flaute auf einer spiegelglatten See. Eine Weile hatten sie gute Fahrt gemacht und waren dem Wind förmlich davongefahren, die Segel fast berstend von der Kraft des Passats, der sie südwestwärts führte. Dann hatten schwere Unwetter das Schiff weit abgetrieben. Kapitän Vandemeer hatte Tage gebraucht, um es wieder auf Kurs zu bringen. Elizabeth bekam einen Eindruck davon, wie gefahrvoll der Weg und wie gewaltig der Ozean war, in dessen schier endlosen Weiten die Eindhoven nicht mehr war als ein winziges Staubkorn, das zudem wehrlos den Elementen ausgeliefert war. Dann war das Schiff in den gefürchteten Kalmengürtel geraten, eine Zone in Äquatornähe, wo es kaum Wind gab. Mühsam kreuzte die Eindhoven seit über einer Woche vor jedem schwachen Lüftchen, nur um am Ende doch wieder in völliger Windstille liegen zu bleiben.
    Mittlerweile waren auch die Wasservorräte knapp geworden. Auf dem Achterschiff wurde immer wieder darüber geklagt, wie kärglich die Menge an zugeteiltem Trinkwasser ausfiel und wie widerwärtig faulig der Geschmack war. Von dem salzhaltigen Essen, bestehend aus Klippfisch, Pökelfleisch und gedörrten Hülsenfrüchten, wurde der Durst noch schlimmer. Die verbliebenen Wasservorräte mussten jedoch streng rationiert werden, wenn sie nicht binnen weniger Tage ganz auf dem Trockenen sitzen wollten. Felicity hatte Elizabeth unter der Hand anvertraut, dass der Kapitän in solchen Zeiten vor einer Meuterei der Mannschaft stets besonders auf der Hut sein musste. Die Matrosen konnten womöglich auf den Gedanken kommen, die in ihren Augen nutzlosen Passagiere über Bord zu werfen. Oder die im Laderaum befindlichen Tiere, von denen jedes wesentlich mehr Wasser verbrauchte als ein Mensch.
    Als Elizabeth das hörte, hatte sie sofort beim Kapitän vorgesprochen, voller Sorge, Pearl könne in Gefahr sein. Doch Niklas Vandemeer hatte nur gemeint, noch bestünde kein Anlass zur Sorge, er hätte die Eindhoven schon mit weniger Wasser an Bord durch die Kalmen gebracht, ohne dafür Leben zu opfern, ob von Mensch oder Tier. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zu glauben. Doch das ihr zugeteilte Wasser trank sie seitdem mit besonderer Umsicht, sparte es sich schluckweise über den Tag hinweg auf, denn sie hatte festgestellt, dass der Durst viel schlimmer wurde, wenn sie immer sofort alles auf einmal trank. Immerhin hatte sie mittlerweile ihre Seekrankheit endgültig überwunden. Seit jenem Tag, als ihr Schwiegervater ihr die Hühnersuppe hatte angedeihen lassen, hatte sie sich nicht mehr übergeben müssen.
    Doch

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