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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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an hübschen Kleidern lag sowie anderen harmlosen Dingen, von denen alle Welt annahm, dass sie ein Frauenherz erfreuten.
    » Gott weiß, wie sehr ich mich für diesen verhängnisvollen Fehler hasse«, sagte Elizabeth beklommen.
    Doch Felicity schaffte es erneut, sie zu überraschen. » Schäm dich nicht deswegen!«, sagte sie vehement. » Erst recht nicht um Roberts willen. Hüte ohne schlechtes Gewissen deine Erinnerung an den Kaperfahrer, sofern es eine erfreuliche ist.«
    Elizabeth merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. » Ich bekomme ein Kind und weiß nicht, wer der Vater ist. Was soll daran erfreulich sein?«
    » Vieles«, versetzte Felicity. » Denn immerhin besteht damit eine hinreichend große Möglichkeit, dass es nicht Robert ist.«
    » Möchtest du mir auf diesem Wege irgendetwas über Robert mitteilen?«, wollte Elizabeth wissen. » Etwa, dass er nachts zu den französischen Mädchen geht?«
    » Oh. Du weißt es also.«
    » Ich kann nicht sagen, dass es mich freut, doch ich bin dankbar, dass er mich in Ruhe lässt.«
    Felicity wandte sich anderen Problemen zu, die, wenn auch nicht so ernster Natur, so doch nicht minder lästig waren. Sie hob den Saum ihres Unterkleids und roch daran. » Pfui! Ich glaube, ich war auf dem Abtritt zu unvorsichtig. Ich stinke wie eine Kloake. Erinnere mich, dass ich Kapitän Vandemeer frage, ob mir der Koch einen Kessel Meerwasser erhitzen kann. Ich muss ein paar Sachen waschen, auch wenn sie hinterher eine Salzkruste haben.« Sie seufzte schwer, dann roch sie an ihrem Haar. » Ach, was würde ich für ein heißes Bad geben!« Resigniert ließ sie die Strähne fallen, an der sie geschnüffelt hatte. » Ich stinke grauenhaft. Niklas meinte, wenn man einige Zeit auf See ist, riecht man den Gestank gar nicht mehr. Man stumpft völlig dagegen ab. Bei mir ist es noch lange nicht so weit. Wahrscheinlich sind wir am Ziel angekommen, bevor ich meinen Geruchssinn verliere.«
    Elizabeth erging es nicht anders. Sie hatte vom Achterdeck aus den Matrosen zugeschaut, wie diese sich vor der Sonntagsmesse reinigten. Vor der Back schütteten sie Meerwasser über ihre Körper und rieben sich anschließend die Arme und Beine mit alten Speckschwarten ab. Das half gegen rissige Haut und angeblich auch gegen die schlimmsten Ausdünstungen. Doch die wenigsten von ihnen machten sich je die Mühe, ihr wucherndes Haar zu kämmen, den verfilzten Bart zu schaben oder die verschlissene Kleidung zu wechseln – die meisten besaßen gar keine zweite Garnitur. Fast alle von ihnen waren wandelnde Brutstätten für Läuse und Flöhe. Diejenigen unter den Matrosen, die schwimmen konnten, sprangen gelegentlich voll bekleidet von dem zu Wasser gelassenen Beiboot ins Meer, um ganz unterzutauchen und sich den Schweiß und den Schmutz vom Körper zu spülen. Ausgelassen kletterten sie anschließend wieder ins Boot und angelten Fische, mit denen sie ihren kargen Speiseplan anreicherten.
    Unterdessen dümpelte die Eindhoven weiter in der schon seit Tagen herrschenden Flaute, das Beiboot an einer Schleppleine im Kielwasser. Den Matrosen blieb bis auf das tägliche Plankenschrubben nicht viel zu tun. Manche flickten Segel und spleißten Taue, die Kanoniere machten ihre täglichen Übungen und gaben hin und wieder auf Befehl des Zeugmeisters scharfe Schüsse ab, doch die meiste Zeit hockten die Männer tatenlos zu Füßen der abgetakelten Masten und Rahen. Sie würfelten, spielten Karten, dösten oder stritten sich, was zu gelegentlichen blutigen Kämpfen führte, mit der Folge, dass häufiger Auspeitschungen angeordnet wurden als vorher. Fast täglich war von der Back her das Klatschen von Peitschenschlägen und das dumpfe Geschrei der Gezüchtigten zu hören. Einmal wurde ein Matrose bei einer Messerstecherei umgebracht, sechs weitere starben an Krankheiten, wobei es sich, den Verlautbarungen des Kapitäns zufolge, entweder um Blutvergiftungen handelte oder auch um unstillbaren Husten oder schweren Durchfall. Die wachsende Hitze schien die Sterblichkeit unter der Besatzung zu erhöhen, allein in den letzten drei Tagen waren vier Tote der See überantwortet worden.
    Felicity tupfte Schweißperlen aus der Senke zwischen ihren Brüsten.
    » Niklas meinte, dass sich ein schlimmes Unwetter zusammenbraut.« Mittlerweile verwendete sie nur noch seinen Vornamen, wenn sie Elizabeth gegenüber von dem Kapitän sprach, obwohl sie es zu ihrem Verdruss noch nicht geschafft hatte, eine vertraulichere Beziehung zu ihm

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