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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Außerdem ging er ein Risiko ein, indem er als Teilerlös für den Zucker Sterlingsilber mit nach Barbados brachte, obwohl die Währungsausfuhr beschränkt war – England wollte seine Reichtümer nicht außer Landes lassen, schon gar nicht in die Kolonien, denn das hätte womöglich deren Unabhängigkeit gefördert. Das war auch der Grund dafür, warum auf Barbados beständig ein Mangel an Bargeld herrschte und notgedrungen viele Waren auf Tauschbasis in Zucker oder Tabak verrechnet und gezahlt wurden.
    Manchmal dauerte Haynes’ Rückkehr etwas länger, weil er zwischendurch auf Kaperfahrt ging, wo er bei entsprechender Beute leicht ein Vielfaches von dem verdienen mochte, was ihm die Geschäfte mit den Pflanzern eintrugen, doch zurückgekommen war er bisher noch immer.
    » Ich weiß gar nicht, was du hast«, sagte Claire daraufhin. » Solche Geschäftspartner hätte ich auch gern!«
    Aber Robert versteifte sich weiterhin nur darauf, wie viel Haynes sich in die eigene Tasche wirtschaftete. Als Claire lakonisch bemerkte, dass die Pflanzer doch auch selbst ein Schiff ausrüsten und es auf gemeinsame Rechnung zwischen England und den Antillen hin- und herfahren lassen könnten, verzog Robert nur das Gesicht.
    Für Claire lag auf der Hand, warum diese an sich logische Möglichkeit für die Pflanzer ausschied. Erfahrene Kapitäne, die auf den großen Ozeanen fuhren und dabei regelmäßig ihr Leben aufs Spiel setzten, waren dünn gesät. Ohne die Aussicht auf reichen Gewinn hätte so mancher von ihnen vielleicht lieber sein Leben an Land verbracht.
    Es gab noch etwas anderes, das Duncan Haynes nach Barbados brachte, doch das verschwieg Robert ihr. Sie hatte es daran gemerkt, dass er kurz davor gewesen war, ihr von weiteren Waren zu erzählen, sich aber im letzten Augenblick besonnen hatte und schwieg. Sie war nicht dumm und musste nicht lange überlegen, um selbst dahinterzukommen, dass es dabei nur um Waffen gehen konnte, aber sie sprach nicht darüber. Auch das gehörte zu den Informationen, die ihr vielleicht noch nützlich werden konnten. Claire war davon überzeugt, dass es auf der ganzen Welt nichts Kostbareres gab als Wissen, das man nur mit Wenigen teilte, vor allem, wenn jene Wenigen solche waren, die Macht und Einfluss besaßen. Über derartiges Wissen zu gebieten war immer schon eine gute Methode gewesen, sich Schutz und Unabhängigkeit zu sichern. Claire lachte leise in sich hinein, als sie an diese Unterhaltung mit Robert zurückdachte. Der arme Junge! Er hatte so wortgetreu all die verbitterten Tiraden seines Vaters nachgebetet, dass man sich fragen musste, ob er überhaupt einen eigenen Verstand besaß.
    Claire streckte die Beine aus. Auf der Taurolle zu sitzen war nicht allzu bequem, auch wenn es nicht ganz so hart wie auf den Planken war. Ein Stuhl, den sie sich mit an Deck hätte nehmen können, war nirgends zu finden gewesen. In der Großen Kajüte mit dem vorgebauten Kartenraum gab es nur fest eingebaute Bänke und zwei mit dem Boden verbundene Sessel. Die allerdings waren sehr bequem. Überhaupt wies das Logis des Kapitäns unzweifelhaft einen gewissen Hang zum Luxus auf: Es gab sogar einen in die Wand eingelassenen Spiegel, und die Matratze in der Wandkoje war mit frischem weißen Leinen bespannt.
    Von derlei Überfluss konnten die Passagiere in dem Quartier, das man ihnen zugewiesen hatte, nur träumen. Sie nächtigten unter Deck im vorderen Teil des Laderaums, wo man mit ein paar aufgehängten Decken aus stinkendem Segeltuch notdürftig zwei Bereiche abgeteilt hatte: einen für die Männer, den zweiten für die Frauen. Ihre Hängematten hingen so nah beieinander, dass einen die leiseste Bewegung gegen die benachbarten Schläfer prallen ließ. Außerdem hörte man die ganze Nacht über unerwünschte Geräusche aus dem Batteriedeck, wo die Männer der Besatzung schliefen. Ihr nächtliches Stöhnen, Schnarchen und Furzen, ihr Lachen und Fluchen, die zotigen Witze und Streitereien verbanden sich zu einer unerschöpflichen Quelle von Störungen, wodurch eine erholsame Nachtruhe so gut wie unmöglich wurde. Die Passagiere litten allesamt an Schlafmangel, weshalb sie oft tagsüber auf den Bänken der Kajüte einnickten und erst wieder beim nächsten Rollen des Schiffs hochschraken.
    Mittlerweile sank die Sonne dem Horizont entgegen. Wie immer in diesen tropischen Gefilden würde es bis zur vollständigen Dunkelheit nicht lange dauern. Die Nacht brach manchmal so rasch herein, dass kaum Zeit blieb, vorher

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