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Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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widersprach Larissa. »Du bleibst doch hier auf der Insel, also haben wir alle Zeit der Welt.«
    »Eine Sache wäre da noch: die documenta. Denn die endet definitiv Mitte September«, murmelte ich gedankenverloren und wunderte mich einmal mehr über mich selbst.
    Früher hatte ich keine einzige documenta verpasst, zumal sie ja nur alle fünf Jahre stattfand.
    »Ist es schlimm, wenn du diesmal nicht hinfährst?«
    Ich dachte an meine Inselkrabben und wie viel sinnvoller es mir erschien, Kinder glücklich zu machen. Die kleine Paula und ihre Freundinnen hatten so viel Freude an meinem Zeichenunterricht, hatte mir neulich ihre Mutter Tanja erzählt. War das nicht viel mehr wert als jedes noch so tolle Kunstspektakel?
    »Nein, es ist nicht schlimm, meine Vorlieben haben sich irgendwie verschoben, seit ich hier lebe.«
    »Was definitiv an der Nordseeluft liegt.« Olli warf sich grinsend neben uns in den Sand. »Wie findet ihr denn Hörnum und mein grooviges Beach-Leben?«
    »Super, solange es noch warm ist«, antwortete Larissa. »Aber wir müssen uns bald um eine Wohnung oder zumindest ein Zimmer für dich kümmern. Der Herbst ist schneller da, als du Olli sagen kannst.«
    Erneut dachte ich an Adalberts Haus am Watt.
    Da wäre Platz genug …
    »Ach, ich mach mir da keinen Stress«, wischte Olli Larissas Bedenken weg. »Notfalls campe ich eben bei Bea im Garten. Oder schlafe bei Paula im Pavillon auf der Couch.«
    »Du vergisst, dass ich spätestens zu Beginn des Winters ebenfalls eine neue Bleibe brauche, weil es im Holzhaus keine richtige Heizung gibt. Ich schätze, das wäre selbst dir zu kalt, mein Lieber.« Olli setzte sich wieder auf, nahm seine Gitarre und spielte
Summertime.
    Um seinen Optimismus war er wirklich zu beneiden.
    Ich summte
When the living is easy
mit, und mir fiel ein, dass ich noch gar keine Erfahrung mit winterlichen Temperaturen auf Sylt hatte.
    Natürlich hatte ich schon Fotos von verschneiten Feldern und sogar von Eisschollen gesehen, die wie kleine Schiffe auf der Nordsee trieben, aber ich kannte die Insel bislang nur von ihrer eher angenehm warmen Seite.
    »Wir finden schon etwas für euch beide«, versuchte nun auch Larissa mir Mut zu machen. »Bea und ich werden eine Annonce aufgeben und ein Schild im Laden aufhängen.«
    Olli legte die Gitarre zur Seite, trank einen Schluck Bier und klatschte energisch in die Hände:
    »So, Ladys. Bevor wir jetzt anfangen, Trübsal zu blasen, schlage ich vor, dass wir alle ein gemeinsames Mondscheinbad nehmen. Fabian, Tim, Gero, seid ihr mit von der Partie?«, und Ollis Freunde riefen:
    »Na klar!« Fabian gab Olli einen spielerischen Klaps auf den Po, und alle rannten johlend ins Wasser.
    Ich zögerte, denn ich war froh, dass es am Strand zum Sitzen warm genug war.
    Larissa lachte.
    »Wenn wir mitmachen, können wir den Punkt mit dem heimlichen Nacktbaden nachts im Schwimmbad von der Liste streichen.« Einen Moment lang war ich irritiert. Larissa wollte sich doch nicht wirklich in die kalte Nordsee stürzen, noch dazu ohne Badeanzug oder Bikini? Aber es schien ihr ernst zu sein. Sie zog mich so lange und energisch an der Hand, bis ich widerwillig aufstand. Und prompt zu frösteln begann.
    »Na los, mach schon, sei kein Weichei«, sagte Larissa lachend, und ich kam mir mit einem Mal ziemlich albern vor.
    »Hast du denn ein Handtuch dabei?«, fragte ich und überlegte, ob ich mich einfach mitsamt meiner Unterwäsche in die Fluten werfen sollte. Mist, warum hatte ich denn nicht an Badesachen gedacht? Larissa zog sich aus und stand schließlich nackt vor mir. Eine schöne Frau, keine Frage.
    »Ollis Kumpel haben vermutlich keinerlei Interesse an uns, und es sieht dich eh keiner, wenn du erst im Wasser bist«, versuchte sie mich zu überzeugen.
    »Aber auf dem Weg dahin und wieder zurück«, widersprach ich und kam mir lächerlich und spießig vor. Ich hatte FKK noch nie etwas abgewinnen können. Andererseits hatte Larissa recht: Was sollte schon groß passieren?
    Im schlimmsten Fall bekam ich eine Erkältung.
    Keine zwei Minuten später stand ich knietief im Wasser – und zwar splitterfasernackt.
    Obwohl das Gefühl schön war, begann ich zu frieren.
    »Oh, mein Gott, wie haltet ihr das nur aus?«, rief ich zähneklappernd.
    Olli winkte mir von weitem zu.
    »Stell dich nicht so an, Paula, und beweg dich endlich. Je mehr du dich ins Zeug legst, desto schneller wird dir warm. Du wirst sehen, es gibt nichts Wundervolleres, als seinen Körper den Elementen

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