Inselsommer
ansprechende Geschenkartikel.
Aufmerksam las ich den Klappentext über die autobiographische Erzählung einer Föhrer Autorin.
»Wenn Sie wollen, schenke ich Ihnen das Buch«, bot Bea an. »Ich freue mich immer, wenn sich jemand für ungewöhnliche Titel interessiert.«
»Das kann ich auf gar keinen Fall annehmen«, protestierte ich sofort. »Als Dankeschön für Ihre liebenswerte Gastfreundschaft sollte ich eher den gesamten Bestand hier aufkaufen. Sie wissen hoffentlich, dass ich Sie beide ebenfalls gern jederzeit bei mir in Hamburg beherberge, oder?«
»O ja, das wäre wundervoll«, sagte Larissa, die mit einem Mal neben uns stand. Der Verlagsvertreter war gegangen. »Ich lebe jetzt schon so lange auf Sylt, dass ich komplett den Bezug zu meiner Heimatstadt verloren habe. Dieser Kurztrip zu Neles Vernissage war im wahrsten Sinne des Wortes leider viel zu kurz.«
»Ach, Lissy, du nun wieder«, grinste Bea und zerzauste ihrer Nichte liebevoll das flachsblonde, lange Haar. »Warum hast du nicht ein paar Tage drangehängt? Vero und ich hätten wie immer hier brav die Stellung gehalten, und du hättest dich amüsieren können.«
Aus irgendeinem Grund errötete Larissa und murmelte:
»Du weißt genau, warum das nicht ging.«
Ich wurde hellhörig, doch antwortete nur beiläufig:
»Perfekt, dann haben wir soeben eine Abmachung getroffen.«
Ich nahm das Föhr-Buch und stellte mich demonstrativ an die Kasse. Wieso fiel mir eigentlich erst jetzt auf, dass im Hintergrund dezent klassische Musik lief?
»Haben Sie das Radio an?«, fragte ich und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
Hier herrschte echte Wohlfühlatmosphäre. Kein Wunder, dass das Büchernest so beliebt war. Außer mir waren etwa zwanzig weitere Kunden im Laden. Zwei Kinder versanken in der Kinderbuchabteilung in einem gigantisch großen Sitzsack und kicherten vor sich hin, während ihre Mutter in einem bebilderten Buch über das Thema Meer blätterte.
Lilly hätte es hier bestimmt auch gefallen.
»Das ist kein Radio, sondern so ein neumodisches Dings, das mit einem ›i‹ anfängt«, sagte Bea.
»Das ist ein MP 3 -Player, Bea«, widersprach Larissa und wirkte ein bisschen genervt. »Wir hatten doch besprochen, dass wir diesen kommerziellen Hype nicht unterstützen. Deshalb kommen uns keine Produkte mit dem Buchstaben ›i‹ ins Haus!«
Bea zuckte mit den Schultern und wandte sich zu mir:
»Sie müssen wissen, dass Lissy und ich uns gelegentlich kabbeln, wie viel
Schöne neue Welt
wir hier brauchen. Sie ahnen nicht, wie sehr wir uns früher über Themen wie Warenwirtschaftssysteme und Internet-Präsenz gestritten haben. Wenn meine Nichte sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es leider sehr schwer, sie vom Gegenteil zu überzeugen.«
»Das sagt genau die Richtige«, grinste Larissa. »Und nenn mich nicht immer Lissy. Ich bin jetzt Mitte dreißig und zu alt für diesen Kosenamen.«
Mitte dreißig.
Wie unfassbar jung!
Als ich so alt war wie Larissa, war meine Welt noch in Ordnung, und ich hatte das Gefühl, dass alles im Leben möglich war, wenn ich es nur wollte.
4 . Kapitel
V erwirrt rieb ich mir die Augen.
Sonnenlicht kitzelte meine Nase, und es duftete nach Gebratenem und Kaffee. Das Fenster war gekippt, der Wind bauschte die Gardinen und ich hörte Vogelstimmen.
Sonne, Möwen … Samstagmorgen, ich war auf Sylt und meinem Traum vom Glück ein klein wenig nähergerückt.
Mein Digitalwecker zeigte neun Uhr dreißig an.
Ich beschloss, bald aufzustehen, setzte mich aufrecht hin und schob mir das große, weiße Kissen mit der gehäkelten Bordüre in den Rücken. Dann dachte ich an Hamburg.
Patrick weckte mich jeden Samstag gegen zehn mit einem Kuss auf die Wange oder auf die Schulter, abhängig davon, wie ich gerade lag. Dann wartete er, bis ich einigermaßen wach war, um im Bett meinen Milchkaffee zu trinken.
»Keine Ahnung, wie du es schaffst, nicht zu kleckern«, murmelte Patrick und schlüpfte im Winter neben mich unter die kuscheligen Daunen, im Sommer unter die kühlen Laken.
Er selbst hatte da längst Espresso getrunken und die Zeitung gelesen. Manchmal war er sogar schon an der Alster joggen gewesen. Während ich versuchte, die Traumschwaden der vergangenen Nacht abzustreifen, erzählte Patrick mir, was es Neues in der Welt gab.
Sobald ich den Kaffee getrunken hatte und Hunger bekam, ging Patrick Brötchen holen und bereitete in der Küche das Frühstück zu. In meinen flauschigen Lieblingsbademantel
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