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Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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muss. Die Hofgalerie ist jetzt ins Westerländer Rathaus umgezogen.«
    Ich dachte an Adalbert Vrohne. Hatte er nicht auch so etwas angedeutet?
    »Oh, das ist … bedauerlich.«
    Bislang hatte ich geglaubt, dass gerade Morsum mit seinem eher ländlichen Charakter keine so große Attraktion für Urlauber sei. Beas Miene verfinsterte sich ein wenig.
    »Das ist es in der Tat. Doch lassen Sie uns das Thema wechseln. Was halten Sie davon, wenn ich die Pfanne säubere, einen zweiten Versuch unternehme, Spiegeleier zu braten, und wir uns in einer Viertelstunde unten zum Frühstück treffen? Sie können anstelle dessen natürlich auch gern etwas anderes haben.«
    Nachdem Bea gegangen war, öffnete ich das Fenster und atmete tief ein und aus. In Hamburg wurde ich sofort Opfer großstädtischen Straßenlärms: hupende Autos, grölende Passanten, klappernde Mülltonnen, kläffende Hunde, Musik aus Lautsprecherboxen.
    Hier hörte ich nur das Flüstern des Windes.

5 . Kapitel
    N ach dem Frühstück wollte ich Keitum auf eigene Faust erkunden und später am Meer Richtung Hotel Fährhaus Munkmarsch spazieren. Das aufwendig renovierte Hotel, das seit 1880 Gäste beherbergte, und der dazugehörige Hafen sollten ausgesprochen zauberhaft sein.
    Bea hatte empfohlen, mir auf dem Weg dorthin die Hünengräber am Watt anzuschauen. Sie half währenddessen im Büchernest Larissa.
    Zum Glück öffnete sich die Wolkendecke, als ich aus dem Kapitänshaus ins Freie trat und mich umschaute.
    Ob ich mich nachher bei Patrick melden sollte?
    Doch zuerst wollte ich herausfinden, was sich hinter den Begriffen
Harhoog
und
Tipkenhoog
verbarg.
    Auf Beas Tipp hin ging ich am traditionellen Nielsens Kaffeegarten vorbei die Treppen hinunter zum Wasser und ein paar Meter später wieder nach oben Richtung Ortsausgang. Auf einmal erblickte ich ein wunderschönes, reetgedecktes Haus, das sich an den Hang schmiegte und in warmes Sonnenlicht getaucht wurde.
    So wohnen zu dürfen wäre mein Traum!
Ich seufzte und ging den kleinen Weg hinauf, um das Haus und den Garten zu betrachten. Verzaubert von dieser Idylle war ich kurz versucht, ein Foto zu machen. Doch ich respektierte das Persönlichkeitsrecht und hatte zudem Angst davor, dass ich ausgerechnet in diesem Moment auf den oder die Besitzer traf.
    Also bestaunte ich die weißgetünchte Fassade und konnte mich an den dunkelbraunen Fensterläden, der halbrunden Eingangstür und den knorrigen Bäume einfach nicht sattsehen, die eine natürliche Grenze zum Weg bildeten. Es war wie aus dem Bilderbuch. Irgendwann riss ich mich von dem Anblick los und ging weiter.
    Auf dem Weg in Richtung Tipkenhoog entdeckte ich eine Bank mit Blick auf den Nationalpark Wattenmeer und setzte mich. Rechts erhob sich ein grasbedeckter Hügel, von dem aus der Sage nach ein Riese namens Tipken in seinem Wachturm Ausschau nach Feinden gehalten hatte. Das stand in dem Inselführer
Sylter Wahrzeichen,
den Bea mir in die Hand gedrückt hatte. Auf den Hügel, umrundet von einem einfachen Bretterzaun, führte ein Trampelpfad.
    Einige Meter weiter erregte eine Gesteinsformation meine Aufmerksamkeit:
Harhoog.
Dieses Steingrab hatte sich ursprünglich auf der Anhöhe eines Wäldchens zwischen Keitum und Tinnum befunden, war jedoch wegen der Erweiterung des Flughafengeländes abgetragen und hier wieder aufgebaut worden. Schon wieder ein Kulturdenkmal, das dem Tourismus weichen musste, dachte ich betrübt und ging weiter.
    Plötzlich klingelte mein Handy.
    »Hallo, wie geht’s? Wo bist du gerade?«, fragte Patrick bestens gelaunt.
    »Ich stehe gerade an einem Steingrab und sinniere über Gott und die Welt«, antwortete ich.
    Patrick lachte.
    »Oje, das klingt ja deprimierend. Versprich mir, dass du dir keine Gedanken über das Thema Älterwerden und den Tod machst. Du bist auf Sylt und solltest lieber im Gogärtchen in Kampen auf den Tischen tanzen, als dich mit totem Gestein zu beschäftigen.«
    »Aber das ist neben der Kirche St. Severin nun mal eines der Wahrzeichen von Keitum«, verteidigte ich mich, auch wenn es dazu keinen wirklichen Grund gab.
    »Das war ja auch nicht ganz ernst gemeint. Ich möchte nur, dass du ein wenig abschaltest. Habt ihr denn wenigstens gutes Wetter? Im Internet sah es aus, als könnte es heute Nachmittag noch richtig schön werden.«
    »Ja, darauf hoffe ich auch. Und was hast du heute noch vor?«, fragte ich, um das Gespräch von mir auf ihn zu lenken. Im Grunde wäre es mir am liebsten gewesen, ich hätte gar nicht

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