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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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ist doch eine arrivierte Kanzlei in diesem Bereich.«
    »Also da muss ich ehrlich gesagt passen. Ich habe keinen Einblick in das Tätigkeitsfeld von Doktor Grohm. Er hat sehr viele Außentermine und ist mit Unternehmen in der pharmakologischen Forschung befasst.«
    »Und aus welchem Grund erkennen die Unternehmen erst jetzt, wie wertvoll ihre Leute sind?«
    Claire Wilms schüttelte den Kopf. »Das erkennen sie nicht erst jetzt. Es ist nur so, dass die Globalisierung einen völlig anderen Druck ausübt. Globalisierung – Sie verstehen?«
    Lydia Naber bestätigte. »Sicher verstehe ich, was Globalisierung ist: Wenn zum Beispiel der namibische Springbock, das australische Känguru und die kasachische Bergziege unter der Bezeichnung Hausgemachtes Wildgulasch auf dem Teller einer süddeutschen Gastwirtschaft ihr würziges Treffen feiern.«
    Claire Wilms lachte. »Ja, nun. Die Globalisierung hat viele unterschiedliche Aspekte.«
    »Und Grohm hat einen etwas isolierten Arbeitsbereich, wenn ich das richtig verstanden habe.«
    Die Nachfrage irritierte Claire Wilms sichtlich. »Doktor Helmut Grohm ist nicht unbekannt in unserer Branche. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Artikel und Veröffentlichungen von ihm, sogar eine Professur ist ihm angetragen worden, die er ablehnte, um sich ganz seiner Arbeit zu widmen. Natürlich betreut er unsere Konzeptarbeit. Da ist aber nicht so viel Neues zu tun. Im Grunde habe ich sehr wenige Berührungspunkte mit seinem Bereich. Wie schon gesagt: Er unterhält viele intensive Kontakte zu Unternehmen, die in der Forschung tätig sind. Im Grunde genommen ist das eine seiner Hauptaufgaben – wenn er nicht in Arbeitsfeldern unterwegs ist, die sein soziales Engagement betreffen.«
    »Soziales Engagement?«
    »Ja. Er setzt sich sehr für Osteuropa ein … Kinder- und Pflegeheime …« Claire Wilms ließ den Satz enden, um Lydia Naber sich den Rest selbst denken zu lassen. Doch die fragte fordernd nach: »Osteuropa?«
    »Ja, Osteuropa. Fragen Sie mich bitte nicht nach genauen Orten oder Ländern. Doktor Grohm unterhält dort Partnerschaften, ist sogar in einem Stiftungsrat und, wenn es seine Zeit erlaubt, auch persönlich vor Ort. So habe ich das im vergangenen Jahr jedenfalls erlebt.«
    »Waren Sie schon einmal dabei, in Osteuropa?«
    »Nein. Ich habe da auch kein Interesse. Und es ist etwas für ihn sehr Eigenes.«
    »War von Ihren Kolleginnen schon einmal jemand dabei?«, ließ Lydia Naber nicht locker.
    Claire Wilms stutzte und antwortete zögernd: »Soweit mir bekannt ist, nicht.«
    »Agnes Mahler?«
    »Nein!«
    Lydia Naber merkte, dass ihre Unnachgiebigkeit auf wenig Freude traf.
    Etwas anderes interessierte sie aber noch. »Ein Professorentitel. Respekt, Respekt. Der hätte der Kanzlei aber sicher gut gestanden.«
    Claire Wilms stutzte. Beinahe wäre ein Zucken zu bemerken gewesen. Sie wich vor Lydia Naber nicht räumlich, aber innerlich zurück. Es war zu spüren, wie sehr ihr die offene, legere Sitzposition mit einem Male Unbehagen zubereiten schien. Lydia Naber hatte wohl einen wunden Punkt getroffen. Sie hakte nach. »Das ist doch so. Außerdem schätze ich Herrn Grohm so ein, dass es auch seiner Eitelkeit sehr geschmeichelt hätte – Professor, klingt doch gut.«
    Claire Wilms antwortete vorsichtig: »Na ja. Es soll darüber Streit mit Sebald gegeben haben, der wohl ein starkes Interesse daran hatte, dass Grohm diese Professorenstelle annehmen sollte. Ich muss aber sagen, dass das Geschehnisse waren, die vor meinem Eintritt aktuell waren, und ich daran weder selbst beteiligt noch in anderer Weise involviert war. Was ich Ihnen da sage, stammt vom Hörensagen. So wie man eben etwas erfährt in einer kleinen, übersichtlichen Firma. Beim Kaffeetrinken ein Satz, eine Andeutung, am Kopierer. Was die Sache mit dem Professor angeht, tuschelte man damals, dass es sogar Sebald gewesen sei, der die Sache eingefädelt habe.«
    »Und Grohm lehnte das ab, weil er sich der Kanzlei zu sehr verpflichtet fühlte und meinte beiden Herren nicht dienen zu können.«
    »Nicht auf dem gleich hohen Niveau dienen zu können«, stellte Claire Wilms richtig.
    »Nun ja. Die Kanzlei lief ja auch ohne das Professorenetikett prima weiter.«
    Claire Wilms reagierte nicht auf die Feststellung, die als Anstoß gemeint war. Lydia Naber wurde etwas unfreundlicher. Sie wollte ihrer Sympathie Claire Wilms gegenüber nicht freien Lauf lassen. Schließlich mussten sie einen Mord klären. »Oder etwa nicht, Frau Doktor

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