Inselwaechter
als Anwalt hatte keine Antworten auf die bohrenden Fragen der Polizisten, und sein Mandant wollte oder konnte nicht antworten.
Lydia Naber wiederholte mit drohendem Ton: »Herr Dohmen. Die Persenning war ordentlich, geradezu pedantisch exakt zusammengelegt. Der Motor Ihres Bootes wurde mit dem dazugehörigen Schlüssel betrieben … ist also definitiv nicht kurzgeschlossen worden – sogar der Eisenknochen zur Freigabe der Bordelektronik steckte da, wo er stecken muss. Diese Tatsachen sprechen allesamt gegen einen Diebstahl Ihres Bootes. Darauf deutet nun überhaupt nichts hin. Also, wo waren Sie in der Nacht von Freitag auf Samstag? Wir möchten es möglichst genau wissen.«
Dohmen spürte sein Hemd am Rücken kleben. Er hatte Angst. Aber nicht vor diesen Polizisten. Nach einigem Zögern kam die Antwort und seiner Stimme fehlte nun das großspurige Dröhnen. »Ich war am Freitagabend zu Hause bei meiner Frau. Gegen drei Uhr morgens habe ich das Haus verlassen und bin zur Jagd. Ich habe ein Jagdrevier bei Tettnang.«
»Sie waren alleine, nehme ich an«, richtete sich Schielin an ihn, der der Aussage nicht so recht glauben wollte und daher von der Antwort überrascht war.
»Nein. Nicht alleine. Doktor Brachmann war mein Jagdgast und hat mich begleitet. Er hat eine schöne Sau geschossen. Wir sind kurz nach Sonnenaufgang wieder zurückgefahren. Ich bin dann direkt nach Hause zu meiner Frau.«
Schielin verstand diesen Kerl nicht. Wenn das stimmte, dann hatte er doch ein perfektes Alibi. Aus welchem Grund führte er einen solchen Zirkus auf?
Er sah Dohmen an und bekam eine Ahnung. Lydia Naber hatte die gleichen Gedanken und forschte in dieser Richtung weiter. »So weit, so gut, wir werden das natürlich überprüfen. Sie würden uns aber helfen, wenn Sie uns sagen könnten, wer sonst noch Zugriff auf Ihre Bootsschlüssel hat? Wie viele Schlüssel existieren, haben Sie welche davon an Freunde verliehen? Und wenn Ihr Alibi stimmen sollte, was ist mit Ihren zwei erwachsene Söhnen, die genau wie Sie selbst das Bodenseeschifffahrtspatent besitzen und Zugriff auf das Boot haben?«
Dohmen winkte energisch ab, sein ganzer Körper schüttelte sich, um eine einzige Verneinung auszudrücken. Hier lag also der wunde Punkt. Die Söhne. Als Dohmen ansetzte zu reden, schlug Lydia Naber hart mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. »Wo sind Ihre Söhne!?«
Anwalt Rieber mischte sich in verbindlichem Ton ein. »Der Älteste ist gerade im Ausland, in Neuseeland.«
Lydias Stimme wurde giftig. »Na, das ist doch schön, dass wenigstens der Anwalt etwas über die Familie zu berichten weiß. Und für den Herrn Sohn ist Neuseeland ein durchaus geeigneter Aufenthaltsort, um nicht als Verdächtiger in Betracht gezogen zu werden. Und wo ist der Jüngere, vielleicht in Alaska?«
Anwalt Rieber drehte seinen Kopf mit fragendem Blick seinem Mandanten zu. Ein unglückliches Verhalten, wie Schielin fand. Ein Wellenbrecher war dieser Rieber wirklich nicht. Eher die anständige Anwaltsvariante für Verwaltungsrecht und Steuerangelegenheiten. Andere Anwälte hätten schon lange begonnen Tänzchen aufzuführen und Zeit zu gewinnen, um sich selbst einen Informationsvorteil zu verschaffen.
Dohmen bemühte sich seinen Körper äußerlich ruhig zu halten und die Kraft und Anstrengung, die ihn dies kostete, war spürbar. Ab und an musste er mit einem Papiertaschentuch den Schweiß von der Stirn wischen; eine dieser vermeintlich natürlichen Handlungen, in die er seine Unruhe zu verpacken suchte.
Schielin entschied sich für eine Unterbrechung. Dohmen war ihm im Moment viel zu aufgeregt, als dass etwas Vernünftiges von ihm hätte kommen können. Schielin erinnerte sich, wie es ihm gegangen war, als der Anruf der Ravensburger Kollegen gekommen war, die Lena auf der Dienststelle gehabt hatten. »Wir nehmen jetzt erst einmal Ihre Fingerabdrücke und eine DNS-Probe, um einen Vergleich mit den auf dem Boot gefundenen Spuren zu haben.«
Rieber meldete sich aufgeregt zu Wort. »Ja, aber ganz sicher werden auf Herrn Dohmens Boot Spuren von ihm zu finden sein.«
»Davon gehen auch wir aus … und wenn nur seine Fingerabdrücke auf dem Zündschlüssel sind?«
Rieber schwieg. Ja, das wäre dann eine dumme Geschichte.
Lydia Naber war mit der Unterbrechung überhaupt nicht einverstanden und sie zeigte es Schielin während eines kurzen, von den anderen unbeobachteten Augenblicks durch ihr unmissverständliches Mienenspiel. Widerstrebend nahm sie Dohmen und
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