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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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Signatur, die ich nach mehrmaligen Anläufen als »Valentin Kremer« entziffere.
    Valentin … Irgendwie kommt mir dieser Name bekannt vor. Auf einmal fällt es mir wieder ein: natürlich! Das muss der Fotograf sein, den ich neulich im Möwennest gesehen habe und der eine Affäre mit Nele hatte. Schon wandern meine Gedanken zu der seltsamen Frau und ihrem Café. Wie es ihr wohl geht?, frage ich mich und hoffe, dass sie bald einen Ausweg aus ihrer Misere findet. Während ich weiter auf und ab gehe, entdecke ich in einer Ecke einige handbemalte Keramikbecher, die ganz offensichtlich von Inga stammen, die ihre Ware im Möwennest verkauft. Sofern nicht gerade Blairwitch ihrer tönernen Existenz ein jähes Ende setzt. Sieh mal an, denke ich, auf dieser Insel ist einiges an künstlerischem Potenzial vorhanden!
    »Lissy?«, vernehme ich auf einmal Leons Stimme und gehe wieder zurück in den Lesesaal. »Hast du Lust, noch eine Kleinigkeit essen zu gehen?«
    Ich überlege einen Moment. Große Ambitionen habe ich eigentlich keine, weil ich mir schon vorstellen kann, wie das Ganze ablaufen wird: Die Buchhändlerin, die Pressereferentin und Leon werden sich mit voller Wucht und all ihrer Aufmerksamkeit auf den Autor stürzen, und ich starre dumm in die Luft, weil ich nichts wirklich Bemerkenswertes zu der Unterhaltung beizutragen habe. Andererseits kann ein wenig Abwechslung auch nicht schaden.
    »Okay«, stimme ich also zu und trotte dem Tross, angeführt von Marco Nardi und der völlig überdrehten Pressereferentin, die ohne Punkt und Komma auf den armen Mann einredet, hinterher. »Wo geht es denn eigentlich hin?«, erkundige ich mich, als wir im Wagen sitzen und in Richtung Rantum fahren.
    »In die Sansibar«, antwortet Leon und legt eine CD in den Player.
    Sanfter Barjazz hüllt mich binnen Sekunden ein, und dank der Sitzheizung bin ich versucht, es mir auf der Stelle gemütlich zu machen und zu schlafen. Ich rutsche ein wenig tiefer in den Sitz und beobachte den Sternenhimmel, der sich heute besonders plastisch von seinem tiefdunklen Hintergrund abhebt. Die Straße wird links und rechts gesäumt von sich auftürmenden Schneebergen, denn in den letzten beiden Tagen hat es noch mehr geschneit. Wie Dünen liegt das Weiß am Wegesrand und bildet einen Puffer zwischen der Straße und der dahinterliegenden Natur. Es ist eine lange, gerade Strecke bis nach Rantum, und ich habe Gelegenheit zu sehen, wie der Schnee sich überall breitgemacht hat. Ein wirklich seltener Anblick auf dieser Insel! Wie hell es auf einmal ist, wenn der viele Schnee das Licht reflektiert!
    »Wunderschön, nicht?«, spricht Leon aus, was ich gerade denke. »Eigentlich müsste man jetzt eine Thermoskanne Glühwein mitnehmen und, anstatt in einem verräucherten und lauten Restaurant herumzusitzen, am Kliff spazieren gehen und in die Mondnacht blicken, findest du nicht auch?«
    Ich nicke zustimmend, hoffe, dass Leon es sieht, und muss an Stefan denken. Der wäre sofort begeistert gewesen von der Aussicht, mit ein paar – seiner Meinung nach – »wichtigen« Personen in ein ebenso »wichtiges« Restaurant wie die Sansibar zu gehen. Ich dagegen kann diesem Promi- und Schickimickigehabe überhaupt nichts abgewinnen. Weder weiß ich, wie der Wirt dieses Etablissements heißt, noch würde ich die Mitglieder der Hautevolee erkennen, die dort stets tafeln und sich selbst feiern, selbst wenn Gunter Sachs persönlich vor mir stünde.
    Vielleicht wird es trotzdem ein ganz netter Abend. Wenigstens hat Marco Nardi mehr zu sagen als das übliche Blabla, das man häufig von den Autoren hört, die sich sonst so in der Kampener Literaturszene produzieren. Und gut essen werden wir in der Sansi auf alle Fälle.
    Zu meiner großen Freude finden wir einen Parkplatz direkt vor der Tür, denn allmählich beginnt die winterliche Kälte an meinen Nerven zu zerren, und ich hätte keine Lust gehabt, zu Fuß die befestigte Düne hochzugehen, auf der das Restaurant liegt. Der eisige Wind macht mir zu schaffen, und ich bin froh, als wir Minuten später im Warmen sitzen.
    Mit viel Aufhebens begrüßt uns der Wirt, der die Pressereferentin so oft links und rechts auf die Wange küsst, dass ich schon befürchte, eines elenden Hungertodes sterben zu müssen. Doch irgendwann hat auch diese Prozedur ein Ende, und er geleitet uns an den bereits für uns reservierten Tisch.
    »Bist du oft hier?«, flüstere ich Leon zu, während wir Platz nehmen. Zum Glück können wir nebeneinander sitzen,

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