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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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schief und lächelt. »So nachtragend bist du also?«, fragt sie und mustert mich forschend. »Das hätte ich nicht von dir gedacht. Du wirkst auf den ersten Blick eher sanftmütig und positiv. Und das habe ich auch allerorten von dir gehört. Leon ist ebenfalls völlig begeistert von dir …«
    Die letzten Worte lässt Nele bedeutungsschwanger im Raum hängen, und ich merke, dass ich mich ein wenig unwohl fühle.
    »Na, was ist mit Leon und dir? Nun bin ICH neugierig!«, fragt sie.
    Ich fühle, wie ich plötzlich rot werde, auch wenn es dafür nicht den geringsten Anlass gibt. »Nichts ist mit uns. GAR NICHTS . Was soll denn da sein? Ich finde Leon zwar ganz nett, aber ich kenne ihn kaum. Und ich habe auch nicht die Absicht, ihn näher kennenzulernen, falls es das ist, was du als Nächstes fragen möchtest«, greife ich vor.
    »Okay, okay, ist ja schon gut«, verteidigt Nele sich. »Ist sowieso besser so, schließlich ist er mit Julia aus seiner Redaktion liiert. Glaube ich zumindest.«
    Aha, also doch. Komisch nur, dass Bea offensichtlich gar nichts davon weiß, obwohl Leon und sie so eng miteinander wirkten. Apropos Bea: Ich kann es nicht fassen, dass die beiden sich noch gar nicht gemeldet haben, um mir ein frohes neues Jahr zu wünschen. Seltsam! Aber vielleicht gibt es ja dort, wo sie gerade sind, keinen Handy-Empfang.
    »Hast du Lust, noch ein bisschen mit Timo und mir spazieren zu gehen?«, frage ich, während der Hund wie aufs Stichwort aus seinen Träumen erwacht und den Kopf hebt.
    »Lust hätte ich schon, aber ich kann leider nicht«, lautet Neles Antwort.
    Zu meiner Enttäuschung, wie ich verwundert feststelle. Denn irgendwie mag ich diese seltsame Frau mit ihren merkwürdigen Geschichten. Es macht Spaß, ihr zuzuhören, und ich fühle mich in ihrer Gegenwart eigentümlich wohl.
    »Ich muss noch ein bisschen Kassensturz machen und mir eine Strategie für die kommenden Tage überlegen. Wenn das alles nichts hilft, bastle ich an meinem Fluchtplan für Mexiko. Kannst ja mitkommen, wenn du willst.«
    Ich schüttle den Kopf, streichle kurz Blairwitch, die maunzend um mein Bein streicht, und lege Timo die Leine an. »Ich glaube, ich muss erst einmal richtig hier ankommen, bevor ich ein neues Abenteuer wage«, sage ich und ziehe meinen Parka an. Nele begleitet mich zur Tür und schließt auf. »Aber ich fände es schade, wenn du gehen müsstest. Vielleicht kann ich dir irgendwie helfen«, murmle ich und begebe mich widerwillig in die eisige Kälte.
    Während ich im Möwennest saß, hat es kräftig geschneit. Die sanfte Puderzuckerschicht ist einer ernstzunehmenden Schneedecke gewichen, die sich nun wie Schlagsahne über die Häuser, Zäune und Autos legt. Die weiße Masse glitzert im Licht der Straßenlaternen, und auf einmal ist mir – wenn auch etwas verspätet – wirklich weihnachtlich zumute. Die Lichterketten in den Bäumen und Hecken blinzeln fröhlich in den dunklen Abend, und die Reetdächer sehen aus, als hätten sie Pelzmützen aufgesetzt, um sich gegen die Kälte zu schützen.
    »Walking in a winter wonderland«, summe ich, während ich mit Timo meine Runden drehe. Mir geht so viel durch den Kopf, dass ich gar nicht weiß, worüber ich zuerst nachdenken soll. Doch dann piepst mein Handy, und ich erhalte endlich den ersehnten Neujahrsgruß von Bea und Vero.

    Happy New Year, Süße. Hoffen, es geht dir gut! Haben Schampus auf dich und dein Glück getrunken und bedanken uns tausendmal, dass du uns das hier ermöglicht hast. Lass mal hören, wie es dir so geht. Gruß und Kuss, BuV.

    Ich muss grinsen. BuV – das sieht Bea wieder ähnlich. Nur keine unnötigen Worte verlieren. Rasch tippe ich mit steif gefrorenen Fingern eine Antwort, dann lege ich das letzte Stück des Wegs im Schnellschritt zurück. Ich sehne mich mit einem Mal nach der Ruhe und Geborgenheit des Kapitänshauses und möchte nichts weiter, als mich dort an den Kachelofen kuscheln und darüber nachdenken, wie ich Nele helfen kann.
    Weil ich plötzlich nicht mehr möchte, dass sie so schnell wieder aus meinem Leben verschwindet, wie sie gekommen ist.

    Am nächsten Morgen starten wir mit der Inventur. Eine langweilige, äußerst nervige Angelegenheit, zumal wir laut Beas Anweisung die Buchhandlung nicht schließen dürfen, sondern das Zählen der Bücher, Hörbücher, Postkarten, ja sogar der dämlichen Briefmarken, nebenbei erledigen müssen, während die Kunden um uns herumlaufen und noch die letzten nachweihnachtlichen

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