Inselzauber
Marco unvermittelt dicht an meinem Ohr, und auf einmal streifen seine Lippen meinen Hals.
Für eine Sekunde zucke ich zurück, doch eine innere Stimme flüstert mir zu, mich fallen zu lassen und den Augenblick zu genießen. Du hast es dir verdient nach all deinem Kummer, sagt diese Stimme, und so erwidere ich Marcos Kuss, als seine Lippen von meinem Hals zu meinem Mund wandern.
Berauscht davon, nach so langer Zeit wieder in den Armen eines Mannes zu liegen, genieße ich es, Marco zu küssen und mich streicheln zu lassen. Er duftet und schmeckt so gut, dass ich mich für den Moment im Himmel wähne.
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Kapitel 13
H abt ihr es denn nun getan oder nicht?«, fragt Nele am nächsten Tag, als ich mittags zu Ausnüchterungszwecken einen Espresso bei ihr bestelle.
»Mein Gott, bist du prosaisch«, schimpfe ich, während ich eine Aspirin in Wasser auflöse. »Kannst du dir denn nicht vorstellen, dass man auch mal einen schönen Abend verbringen kann, ohne dass man gleich miteinander ins Bett geht? Ich kenne Marco doch gar nicht.«
»Schon gut, schon gut«, wehrt Nele ab und setzt sich zu mir. »Du glaubst eben immer noch an die wahre Liebe, und das ist ja auch süß und irgendwie romantisch. Lass dich von mir nicht ärgern. Ich wünsche dir nur, dass du endlich mal wieder Spaß mit einem Mann hast, das ist alles.«
Tja, hatte ich wirklich Spaß?, frage ich mich, während ich den Espresso schlürfe, in den Nele den Saft einer halben Zitrone geträufelt hat (das helfe gegen den Kater, behauptet sie), oder habe ich mich verliebt? Ich bin mir nicht sicher und beschließe, die Bewertung des vergangenen Abends vorerst zu vertagen. Heute steht schließlich etwas viel Pragmatischeres auf dem Programm: schwimmen gehen mit Paula. Dabei fällt mir ein, dass ich Leon noch gar nicht Bescheid gegeben habe, wann wir losfahren wollen, und ich rufe ihn auf dem Handy an.
»Nett, dass du dich auch mal meldest«, murrt er, und ich entschuldige mich für die späte Benachrichtigung.
Wir verabreden uns für 15.00 Uhr am Kapitänshaus, und ich bin froh, am Nachmittag nicht arbeiten zu müssen. Bea hat angesichts der Tatsache, dass ich ihrer geliebten Paula eine Freude mache, sofort bei Frau Stade angeordnet, dass Lisa für mich einspringen soll.
Zu Hause angekommen, packe ich meine Sachen und ringe mit mir, ob ich mich bei Marco melden soll. Ich könnte zumindest einen kleinen Gruß, verbunden mit einem Dank für das schöne Essen an ihn schicken, überlege ich und greife nach meinem Handy. Dabei entdecke ich, dass der gestrige Anruf und die SMS von Leon stammen, der wissen wollte, wann wir uns heute treffen. Und ich habe ihn nicht zurückgerufen. Peinlich! Ich entscheide mich gegen eine Nachricht an Marco und beschließe, darauf zu warten, dass er sich wieder meldet.
Punkt 15.00 Uhr klingelt Tanja, die ganz gerührt ist, dass ich mit ihrer Tochter schwimmen gehe.
»Damit machen Sie ihr und mir eine riesige Freude«, sagt sie.
Ich bekomme fast schon ein schlechtes Gewissen und verabrede mit ihr, dass ich Paula um spätestens 19.00 Uhr bei ihr im Restaurant abliefere, von wo aus sie ihre Tochter wieder mit nach Hause nehmen kann.
»Viel Spaß, meine Süße«, sagt unsere Nachbarin und drückt ihrer Tochter eine Tasche mit Badesachen in die Hand.
In diesem Moment kommt Leon um die Ecke, und wir machen uns auf den Weg. Während der Fahrt ist er ziemlich einsilbig, und da Paula bekanntermaßen auch nicht zu den Plaudertaschen gehört, drehe ich an den Knöpfen des Radios, um die Stille im Wagen zu übertönen. Kann es sein, dass Leon irgendwie beleidigt ist? Offensichtlich!
Als wir auf dem Parkplatz der Sylter Welle ankommen, fragt er plötzlich: »Wieso hast du dich nicht auf meinen Anruf und die SMS gemeldet? Du hast doch sonst in allen Lebenslagen dein Handy an und bist erreichbar?«
Wie gut er mich nach dieser kurzen Zeit schon kennt, denke ich und überlege fieberhaft, was ich mir als Begründung einfallen lassen soll. So, wie der vergangene Abend verlaufen ist, will ich erst recht nicht, dass Leon von meiner Verabredung mit dem Schriftsteller weiß. Zumal er uns miteinander bekannt gemacht hat. »Mein Akku war leer, und ich habe es erst heute Mittag bemerkt«, schwindle ich und merke, wie mir die Schamröte ins Gesicht steigt. Ich hasse es, zu lügen, und bin deshalb auch nicht besonders gut darin.
Gott sei Dank ist Paula beim Anblick des Schwimmbades derart aus dem Häuschen, dass Leon keine Zeit hat, meine Erklärung zu
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