Inselzirkus
genug beschäftigt. Vielleicht war gerade der besondere Umstand, dass Harry Jumperz ohne Hose aufgefunden worden war, der Schlüssel zur Lösung des Falls?
Fürs Erste schob er diese Frage beiseite, stieg an Bruce Markreiters Seite aus dem Bürowagen und setzte ihm dabei umständlich auseinander, dass eine Stalkerin hinter den Todesfällen stecken könne. »Eine Frau, die Sie vor der bösen Welt beschützen will.«
Bruce Markreiter sah ihn verblüfft an, dann wurde seine Miene konzilianter. »Okay, ich habe schon von Stalkern gehört, die sich ihrem Opfer nie zeigen«, sagte er nachdenklich. »Tom Cruise soll jahrelang von einer Frau gestalkt worden sein, die sich sein Schutzengel nannte. Dass er von ihr beschützt worden war, hat er erst erfahren, als sie einen Fan mit dem Messer bedrohte, der Tom Cruise lästig wurde.« Dass er scharf nachdachte, erkannte Erik an der groÃen Geste, mit der er sich durch die Haare fuhr. »Sie meinen also, da hat jemand Max Triebel und auch Harry Jumperz umgebracht, um mich zu schützen?«
Erik nickte nur und beobachtete Markreiter sorgfältig, der versuchte, unauffällig seine Meinung zu ändern. »Klar, ich habe mich gelegentlich mit Harry gefetzt«, gab er nun zu und wartete darauf, nach den näheren Umständen gefragt zu werden.
»Sie wollten aus Ihrem Vertrag raus, weil Sie ein interessantes Filmangebot hatten, nicht wahr?«, fragte Erik. »Aber Harry Jumperz wollte Sie nicht gehen lassen?«
Bruce Markreiter sah ihn verblüfft an. »Woher wissen Sie das? Das war topsecret.«
Erik beantwortete auch diese Frage nicht. »Es stimmt also?«
Bruce erhob sich. »Wenn Sie von mir einen Hinweis auf diese Stalkerin erwarten, damit kann ich nicht dienen.« Er starrte die Kulissenhalle an, als fiele ihm erst jetzt auf, wie hässlich sie war. »Harry war also eine Plaudertasche«, murmelte er. »Wir haben die Gespräche immer unter vier Augen geführt. In meinem Wagen! Und wir hatten verabredet, dass niemand davon erfährt.« Er wandte sich Erik zu. »Sie wollen mir nicht verraten, woher Sie diese Information haben?«
Erik schüttelte den Kopf, ohne recht zu wissen, warum er Sandra Zielckes Namen verschwieg. Aber solange er das nicht wusste, würde er dabei bleiben. »Sie meinen, Jumperz hat sich jemandem anvertraut, der ihm sehr nahestand?«, hakte er nach.
Bruce Markreiter überlegte kurz. »Wirklich nahe stand ihm niemand«, sagte er dann. »Harry hat ein paar Leute von sich abhängig gemacht.« Diesen Worten schickte Markreiter ein schiefes Lächeln hinterher. »Zumeist Frauen. Aber ich glaube nicht, dass er einem dieser Betthäschen etwas anvertraut hat.« Plötzlich wurde er sogar so freundlich, dass in Erik prompt Misstrauen aufstieg. »Suchen Sie diese Stalkerin! Und achten Sie darauf, währenddessen immer nett zu mir zu sein! Am Ende will sie mich auch vor der Polizei beschützen!«
Nun stellte er fest, dass der Wagen, den er bei Tanja geordert hatte, vor die Schranke gefahren wurde. Ohne ein weiteres Wort zu Erik ging er darauf zu, stieg ein und fuhr davon. Erik stand noch eine Weile da und ärgerte sich darüber, dass es ihm nicht gelungen war, Markreiter eine verräterische Aussage zu entlocken.
Mamma Carlotta hatte es geschmerzt, dass Carolin nicht mit ihr gemeinsam zum Hochkamp radeln wollte. Aber immerhin war sie bereit gewesen, sich weiterhin als Komparsin zur Verfügung zu stellen. Das weckte Hoffnung in ihrer GroÃmutter. So begehrte sie nicht auf, als Carolin behauptete, sie wolle vorher ihrer Lehrerin einen Besuch abstatten, um sich den Lektüreschlüssel zu »Minna von Barnhelm« abzuholen, den Alina Olsted ihr versprochen hatte, und sich bei dieser Gelegenheit mit ihr über die Rezeptionsgeschichte der »Minna von Barnhelm« auszutauschen.
Das hatte für Mamma Carlotta einen unbestreitbaren Vorteil. Sosehr es wehtat, dass Carolin ihr eine derart durchsichtige Ausrede auftischte, konnte sie doch diese Gelegenheit nutzen, um Busso Heinemann die Zabaione zu bringen und mit ihm ein wenig über Sandra Zielcke und ihre finsteren Pläne zu sprechen. Er würde sicherlich gern bereit sein, ein weiteres Mal die aufregende Tatsache zu erörtern, dass Mamma Carlotta ihrem ersten Einsatz als Komparsin entgegensah und an diesem Nachmittag sogar zwei bedeutungsschwere Sätze in die Kamera zu
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