Inselzirkus
sprechen hatte, die später in ihrem Dorf für Aufregung sorgen würden. SchlieÃlich ging es Busso ähnlich wie Fietje: Er war am Rande der Gesellschaft gelandet, wo man viel Zeit hatte, aber wenig Gelegenheit, etwas mit ihr anzufangen. Er würde sich über ihre Gesellschaft freuen und über alles, was sie ihm erzählte.
Der Wachmann zog die Augenbrauen hoch, als er die Schüssel sah, die Mamma Carlotta im Fahrradkörbchen verstaut hatte. Sie erwiderte seinen arroganten Blick mit dem gleichen Hochmut. Eine Vergeltung, die leider nicht ausreichte, ihrer Erbitterung Herr zu werden. Hatte der Mann nicht begriffen, dass sie ihm sowieso nie wieder etwas anbieten würde? Niemals! Anscheinend hielt der Kerl nach wie vor alles für minderwertig, was einem Obdachlosen angeboten wurde. Weil er wohl auch Obdachlose für minderwertige Menschen hielt.
Seinen Gruà erwiderte sie, als sähe sie ihn zum ersten Mal, damit er sich klein und bedeutungslos vorkam, und während sie ihr Fahrrad an ihm vorbeischob, stellte sie sich vor, es gäbe eine Hungersnot und dieser Wachmann wäre der Letzte, dem sie mit Antipasti oder Zabaione auf die abgemagerten Beine helfen würde. Schade nur, dass ihm das gleichgültig zu sein schien. AnmaÃend stand er da, die Arme über dem Bauch verschränkt, und bedachte die Zabaioneschüssel mit einem Blick, den noch nie ein Dolce geerntet hatte, das unter Mamma Carlottas Händen entstanden war. Sie wollte, der Club der Bösen Hühner hätte sich auch seines kleinen Unterschiedes angenommen, der höchstwahrscheinlich ganz besonders klein war, weil die Natur, wenn sie gerecht war, eine Strafe für selbstgefällige Kerle parat hatte. Dieser Gedanke besänftigte sie ein wenig. Während sie auf Zehenspitzen zu Busso Heinemanns Lagerplatz ging, damit die spitzen Absätze ihrer Stiefeletten nicht im weichen Boden versanken, freute sie sich diebisch über diese himmlische Rache für männliche GroÃmäuler, obwohl sie vermutete, dass sie sich da etwas vormachte. Zwar nannte sie sich neuerdings modern und emanzipiert, aber sie schaffte es noch immer nicht, den kleinen Unterschied bei einem der Namen zu nennen, wie ihn die Bösen Hühner ständig im Munde führten.
Die Erkenntnis, dass der kleine Unterschied bei Busso Heinemann in der Tat ein stattlicher war, hätte sie sich gern erspart, aber unglücklicherweise zog er sich gerade um, als sie zu ihm trat. Und ehe sie sich dezent abwenden konnte, war es schon geschehen: Ihr Blick hatte unversehens das Körperteil gestreift, das in diesem Falle bewies, dass Busso Heinemann ungestraft davongekommen war, als der Himmel auf seine Art Vergeltung an den männlichen Wichtigtuern geübt hatte.
Busso erschrak zu Tode, als Mamma Carlotta plötzlich vor ihm erschien, wollte schleunigst sein Werk vollenden, das er erfolgreich begonnen hatte, denn sein linkes Bein steckte bereits dort, wo es hingehörte. Sein rechtes jedoch verhedderte sich aufgrund der plötzlichen Eile in dem Rest der Unterhose und brachte seinen Gleichgewichtssinn durcheinander. Hilflos hüpfte er eine Weile auf dem linken Bein herum und versuchte verzweifelt, sein rechtes auf die Erde zu bringen, und zwar so, dass er danach die Unterhose blitzartig in die Höhe ziehen konnte. Seine Bemühungen blieben jedoch erfolglos. Er verlor das Gleichgewicht und kippte hintenüber, das rechte Bein noch immer in seiner Unterhose gefangen, auf deren Eingriff ein Tigerkopf prangte.
Mamma Carlotta griff automatisch zu, befand dann jedoch, dass es unschicklich war, einem halb nackten Mann die Hand zu reichen, und entzog sie Busso gerade in dem Moment wieder, in dem er jeden Stolz fahren lassen und danach greifen wollte. Das Missverständnis war verhängnisvoll. Kurz darauf lag Busso Heinemann wie ein hilfloser Maikäfer auf dem Rücken und zappelte so lange herum, bis sein rechter Fuà endlich durch die Beinöffnung seiner tigergeschmückten Unterhose gefunden hatte. Als er endlich fest auf beiden Beinen stand, hatte die Verlegenheit aus den vergangenen circa dreiÃig Sekunden mehrere Stunden gemacht. Mamma Carlotta, die sich nie zuvor einem Mann in Unterhosen zugewandt hatte, der nicht zu ihrer Familie gehörte, war dennoch entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. »Haben Sie was vor, Herr Heinemann? Oder warum ziehen Sie sich um?«
Die Geschmeidigkeit, mit der Busso in den
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