Inselzirkus
empört.
»Glauben Sie wirklich, so was lässt sich unter der Decke halten?«
Inzwischen war Mamma Carlotta hinter den beiden hergehuscht und stand Augenblicke später vor der Lücke, durch die sie am Abend zuvor als Böses Huhn geschlüpft war. Dass sie in dieser Ecke des Geländes nicht allein war, merkte sie erst, als sie das Gebüsch bereits durchdrungen hatte.
Schnell zog sie sich wieder zurück, als sie eine Stimme hörte, die ihr bekannt vorkam. »Ich weià nicht, wie ich ihn zu fassen kriegen soll. Es ist alles aus dem Ruder gelaufen.«
Sandra Zielcke! Als Mamma Carlotta einen langen Hals machte, konnte sie die junge Schauspielerin sehen. Sie stand in der Nähe des Zauns und telefonierte.
»Ich werdâs der Tussi heimzahlen, da kannst du Gift drauf nehmen. Die wird sich noch wundern! Die sitzt schneller im Knast, als sie Bruce Markreiter sagen kann.«
Mamma Carlotta begab sich vorsichtig auf den Rückzug. Hier stimmte etwas nicht! Von wem sprach Sandra Zielcke? Von einem der Bösen Hühner? Heidi, Beate oder Kristin?
»Ich lasse nicht zu, dass die mir alles kaputt macht.«
Nun bewegte Sandra Zielcke sich in ihre Richtung. Mamma Carlotta zog es vor, auf jede Regung zu verzichten, um kein Geräusch zu verursachen. So tief wie möglich drückte sie sich ins Gebüsch und hoffte, dass nichts von ihr zu sehen war, wenn Sandras Blick sich in ihre Richtung verirren sollte.
»Ich habe alles gut eingefädelt. Die beiden Bullen lassen sich um den Finger wickeln. Die glauben mir jedes Wort.«
Zum Glück drehte Sandra ihr nun den Rücken zu, sodass Mamma Carlotta aufatmen konnte. Allerdings musste sie jetzt die Ohren spitzen, um die folgenden Sätze zu verstehen.
»Ich lasse nicht zu, dass er mir wieder weggenommen wird. Nicht gerade jetzt!«
Sie lauschte eine Weile in den Hörer, ihr Rücken war gebeugt wie unter einer groÃen Anspannung.
»Nicht nur deswegen! Es geht auch um meine Karriere!«
Mit sehr kleinen und sehr langsamen Schritten bewegte sich Sandra Zielcke von Mamma Carlotta weg. Das Letzte, was sie verstehen konnte, war: »Diese Frau wird für ihn in den Knast gehen! Das kriege ich hin! Notfalls muss ich deutlicher werden.«
Kurz darauf konnte Mamma Carlotta beobachten, wie Sandra ihr Handy in die Tasche steckte und zu dem Zirkuswagen ging, an dem das Schild mit der Aufschrift »Maske« hing. Mamma Carlotta streckte den Kopf weiter aus dem Gebüsch und sah sich um. Jetzt hatte sie freie Bahn!
Mit wenigen Schritten war sie an der Ecke der Leichtbauhalle angekommen. Wenn sie jetzt auffiel, würde niemand annehmen, dass sie sich auf das Gelände geschlichen hatte. Da sie hier bereits bekannt war, würde jeder glauben, dass sie ganz offiziell eingelassen worden war.
Das Licht über der Tür, die in die Kulissen führte, war erloschen, zurzeit gab es keinen Innendreh. Der gröÃte Teil des Teams hatte sich bereits zum Hochkamp aufgemacht. Hoffentlich war Tove von der plötzlichen Anberaumung der Dreharbeiten in Käptens Kajüte nicht derart überrascht worden, dass er den ersten Kameramann schon vor die Tür gesetzt hatte, ehe ihm erklärt werden konnte, dass eine unerwartet einsetzende Wetterlage häufig zum schnellen Umdisponieren führte. Durch besondere Flexibilität hatte Tove sich noch nie ausgezeichnet, sie wurde aber auch nur selten von ihm erwartet. Carlotta konnte nur hoffen, dass das Geld, das ihm winkte, zu einer kooperativen Haltung geführt hatte. Und dass er einen Vertrag unterschrieben hatte, war ihm hoffentlich auch nicht entfallen.
Im Vorraum der Toilette traf sie auf Kristin, die sich so nah an den Spiegel herangeschoben hatte, als traute sie den Botoxspritzen ihres Schönheitschirurgen nicht mehr. Erstaunt blickte sie auf die Hose, die Mamma Carlotta in Händen hielt. »Was hast du damit vor?«
In Windeseile berichtete Mamma Carlotta, worum es ging, befeuchtete währenddessen die Flecken auf Bussos Hose und rieb so lange daran herum, bis sie nicht mehr zu sehen waren.
Kristin schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Was für ein Glück, dass du das verhindert hast, Carlotta! Nicht auszudenken, wenn der Penner mit Harrys Hose beim Dreh erschienen wäre! Bin ich froh, dass du zum Club der Bösen Hühner gehörst!«
Den letzten Satz überhörte Mamma Carlotta, die sich mittlerweile nichts sehnlicher
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