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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Gattin alle wussten. Hätte diese Szene im Drehbuch gestanden, wäre es wohl mit der Affäre der beiden endlich vorbei gewesen, derart wütend wurde der arme Kerl angefahren: »Erst kannst du deinen Text nicht und dann noch so was!«
    Sie warf einen vernichtenden Blick zurück, dann kam sie auf Tanja Möck zugelaufen. »Du musst dafür sorgen, dass diese Hose morgen wieder sauber ist. Ich lege sie in die Maske! Okay?«
    Sie wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern war schon verschwunden, während der Schuldige noch an seiner eigenen Hose herumrieb.
    Tanja Möck war nicht anzusehen, ob sie den Auftrag überhaupt zur Kenntnis genommen hatte. Mamma Carlotta hätte ihn am liebsten wiederholt, um sicherzustellen, dass die Schauspielerin am nächsten Tag mit einer sauberen Hose vor die Kamera treten konnte. Aber sie kam nicht dazu. Von der Theke löste sich ein Mann, der schnurstracks auf Tanja Möck zukam. Er hätte ihr Bruder sein können. Genauso dick war er und ebenso unvorteilhaft gekleidet, sein Haar war noch schütterer als Tanjas, seine Nase ähnlich breit und großporig wie ihre. Während Tanja Möck ihre unattraktive Erscheinung hinter Gleichgültigkeit versteckte, trug der Mann, der auf sie zutrat, alles, was ihn hässlich machte, erstaunlich selbstbewusst zu Markte.
    Â»Hast du eine Location gefunden?«, fragte er.
    Tanja schüttelte den Kopf. »Aber eine Italienerin«, antwortete sie und deutete auf Mamma Carlotta.
    Die setzte ihr schönstes Lächeln auf, weil ihr schwante, dass sie einen wichtigen Mann vor sich hatte, der auf die kleine Sprechrolle, die ihr in Aussicht gestellt worden war, großen Einfluss haben konnte. Dass sie mit ihm nur ungern Bekanntschaft schloss, stand fest, aber dass sich Freundlichkeit bei ihm ebenso auszahlen konnte wie beim Eierlieferanten ihres Dorfes, war ebenso gewiss. Der überließ den Dorfbewohnern, die ihm freundlich begegneten, nämlich die frischen Eier, während die bärbeißige Lehrerwitwe und der Polizist, der hinter den Parksündern her war, sich mit den Eiern begnügen mussten, die Signor Adelchi zufällig hinter einem Busch entdeckt hatte, ohne zu wissen, wann die Hühner sie dort gelegt hatten.
    Der Eierlieferant war genauso unsympathisch wie dieser Mann, der seinen Bauch vorschob wie ein bedeutendes Persönlichkeitsmerkmal und über Mamma Carlotta einfach hinwegsah. Trotzdem hätte sie sich überwunden, ihm die Hand zu reichen, und ihn mit vielen schönen Worten begrüßt, wenn er nur ein wenig Interesse daran bekundet hätte.
    Â»Eine Sylterin hätte es auch getan«, sagte er zu Tanja, »wenn sie den italienischen Akzent hinkriegt.«
    Â»Das muss eine Italienerin aber gar nicht erst üben«, verteidigte sich Tanja und schob Mamma Carlotta zu einem Stuhl, der an dem einzig freien Tisch stand. »Und die Sache mit der Location ist eigentlich gar nicht meine Aufgabe als Assistentin der Geschäftsführung.«
    Â»Steht das so in deinem Vertrag?«, fragte der Mann grinsend und zeigte dabei seine nikotinverfärbten Zähne. »Assistentin der Geschäftsführung? Hätte auch Mädchen für alles drinstehen können. Also sieh zu, dass du eine Location findest. Wir haben keinen Platz für eine weitere Kulisse, Zeit fürs Bauen auch nicht und Geld fürs Material erst recht nicht.«
    Mit einer weiteren Anmerkung Tanjas zu diesem Thema schien er nicht zu rechnen, und in dem Moment, als eine sehr hübsche und sehr junge Schauspielerin an ihm vorbeiging, hatte er Tanja und auch Mamma Carlotta schon vergessen. »Wie geht’s meinem Küken? Sind die ersten Szenen im Kasten?«
    Â»Alles bestens, Harry! Hast du was anderes erwartet?«
    Die junge Frau warf selbstbewusst die langen blonden Haare zurück und ging zur Theke. Ihre Bewegungen zeigten, dass sie damit rechnete, von begehrlichen Blicken verfolgt zu werden.
    Tanja Möck setzte sich neben Mamma Carlotta. »Harry Jumperz, unser Chefautor«, raunte sie ihr zu. »Vor dem ist keine sicher. Jedenfalls nicht, wenn sie jung und hübsch ist.«
    Mamma Carlotta sah staunend zwischen Tanja Möck und dem Chefautor hin und her. »Obwohl er selbst so fett und hässlich ist?«, fragte sie zurück und gab sich keine besondere Mühe, leise zu sprechen. Wenn ein Mann sich so verhielt wie dieser Harry Jumperz, dann war sie nicht einmal sicher, ob sie

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