Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
deutlich zu verstehen, dass die Rempelei der Beginn eines heißblütigen Angriffs werden konnte.
    Â»Sie hören sofort auf, meine Enkelin zu belästigen! Sie ist nicht Ihr Küken! Capito?«
    Mamma Carlotta war außer sich! Und wenn sie außer sich war, hatte sogar Signor Tomanesco Angst vor ihr, der im Nachbardorf einen Schlachthof leitete und nicht davor zurückschreckte, mit eigener Muskelkraft einen Hammel zu schlachten, wenn die entsprechende Maschinerie ausgefallen war. Seit er sich einmal unterstanden hatte, Carlottas Jüngsten in die Kunst einzuweisen, den schlachtreifen Gänsen kurz vor Martini den Hals umzudrehen, machte er um das Haus der Familie Capella einen großen Bogen. Damals war Mamma Carlotta ebenfalls außer sich gewesen, und Signor Tomanesco hatte für einen Augenblick befürchten müssen, dass es ihm so ergehen könnte wie seinen Gänsen.
    Mamma Carlottas Stimme wurde immer lauter, während sie auf den Chefautor einredete, ihre Gesten immer überschäumender, ihre Sorge, sich um ihre Rolle zu reden, war weg, und es kam ihr überhaupt nicht in den Sinn, dass Carolin sich womöglich lieber vom Chefautor berühren ließ, als sich damit abzufinden, »Minna von Barnhelm« vergeblich auswendig gelernt zu haben.
    Â»Ãˆ inaudito! Unglaublich! Unerhört!«
    In der Kantine waren die Gespräche verstummt. Ungläubig wurde Mamma Carlotta angesehen.
    Â»Wissen Sie eigentlich, dass mein Schwiegersohn Polizeibeamter ist? Dem werde ich erzählen, dass Sie versucht haben, seine Tochter zu belästigen. Dann können Sie sich auf was gefasst machen!«
    Harry Jumperz war instinktiv einige Schritte zurückgetreten, nun merkte er, dass er auf dem besten Weg war, sein Gesicht zu verlieren, wenn er sich von dieser rasenden Großmutter einschüchtern ließ. Er trat auf Mamma Carlotta zu, bis sein Bauch sie beinahe berührte. »Verschwinden Sie!«, sagte er so laut, dass es in der ganzen Kantine zu hören war. »Raus! Die beiden Gören nehmen Sie gleich mit! Und seien Sie froh, wenn Sie ohne Beleidigungsklage davonkommen!«
    Dass der Chefautor aus der Kantine lief, ohne auf eine Entgegnung zu warten, ließ den Schluss zu, dass er sich der weiteren Konfrontation lieber entziehen wollte. Und dass er sich so hoch aufrichtete wie möglich und die Tür so laut zuschlug, dass die Wände der Leichtbauhalle erzitterten, machte seinen Abgang nicht beeindruckender, ganz im Gegenteil! Dass er sich einer italienischen Großmutter nicht gewachsen fühlte, war jedermann aufgegangen.
    Â»Das war schweinegeil, Nonna!«, sagte Felix in die plötzlich einsetzende Stille hinein, während Carolin mit den Tränen kämpfte.
    Damit löste sich im ganzen Raum die Anspannung. Aus der Sorge, der Chefautor könne seinen schlechten Abgang für Sanktionen nutzen, unter denen auch völlig Unbeteiligte zu leiden haben würden, wurde im Nu Heiterkeit. Gelächter flog über die Tische, und schließlich brandete sogar Beifall auf. Die drei Schauspielerinnen, die es auf eine verbale Konfrontation mit Harry Jumperz hatten ankommen lassen, klatschten begeistert in die Hände. »Großartig! Das hat er verdient!«
    Die Einzige, die sich dieser Meinung nicht anschloss, war Carolin. Felix schien eher bereit, auf seine Turnschuhe zu verzichten, als seine Schwester angrapschen zu lassen, Carolin dagegen hatte ihr Wertesystem völlig umgekrempelt. Dass ein Chefautor, wenn er ihre schönen großen Augen bewunderte, unlautere Absichten verfolgen könnte, wollte sie unbedingt für ausgeschlossen halten.
    Â»Du hast ihn beleidigt«, fuhr sie ihre Großmutter an. »Du bist schuld, wenn ich jetzt doch nicht Komparsin sein kann! Wie kannst du mir das antun?«
    Â»Aber, Carolina …«
    Â»Du bist so gemein! Wie soll ich Schauspielerin werden, wenn du mir gleich mein erstes Engagement kaputt machst?«
    Â»Mia cara, es war doch ganz anders. Ohne mich hättest du die Komparsenrolle nie bekommen!«
    Â»Und warum legst du dich dann mit dem Chefautor an?«
    Â»Weil er dich …« Dummerweise fiel ihr das deutsche Wort für die Ungeheuerlichkeit, die der Chefautor nach Mamma Carlottas Meinung im Schilde führte, nicht gleich ein.
    Â»Hat er nicht!«
    Â»Wollte er aber!«
    Â»Woher willst du das wissen?«
    Â»Weil ich Lebenserfahrung habe!«
    Carolin stieß ein Lachen aus, das

Weitere Kostenlose Bücher