Inshallah - Worte im Sand - Roman
für mich sucht. Denk an Najib. Er ist neunzehn. Also Kopf hoch. Wir beide sind noch ein paar Jahre zusammen.«
Aber Zeynab sollte sich irren. Und auch ich hatte nicht mit dem gerechnet, was bald darauf geschah. Trotzdem dachte ich auf dem Rückweg zum Brunnen darüber nach: Wenn Najibs Braut nicht nett war, wäre ich nach Zeynabs Auszug allein; und wenn sich Najibs Frau mit Malehkah anfreundete, hätte ich außer Habib niemanden mehr zum Reden. Und Habib sprach kaum ein Wort.
»Du bist meine einzige Schwester, Zulaikha. Wir werden einander auch nach meiner Heirat oft besuchen. Und bevor du dich versiehst, wirst du auch einen Mann haben und …«
Ich versuchte zu lächeln, aber mit meiner Hasenscharte ging das natürlich nicht. »Ich bin nicht so schön wie du. Welchen Brautpreis würde Baba schon für mich bekommen? Vielleicht einen Afghani.«
Zeynab ließ den vollen Bottich wieder in den Brunnen sausen und drückte mich fest an sich. »Das ist nicht wahr, Zulaikha. Du musst mir glauben. Ich bete täglich für dein Glück. Du wirst eines Tages dem perfekten Mann begegnen, der dich lieben und für dich sorgen wird. Du wirst rundum glücklich sein. Alles wird gut werden.«
Die Jungen hatten ihren Streit beigelegt und kehrten in den Garten zurück, um ihren Krieg fortzusetzen.
Zeynab und ich arbeiteten schweigend weiter. Warum sollte ich mit ihr diskutieren? Wenn ich wirklich für immer unter Malehkahs Fuchtel stehen würde, sollte ich besser lernen, so zu tun, als wäre es mir egal.
»Zulaikha!« Das war Malehkahs vertrauter Ruf.
»Was will sie denn nun schon wieder?« Zeynab sah zum Haus.
»Zulaikha! Komm sofort rein!« Malehkah stürmte aus der Hintertür und winkte mir zu. Dann eilte sie wieder hinein.
Zeynab blickte mich an, während Khalid und Habib beschlossen, ihre Schlacht mit einer Waffenruhe zu unterbrechen.
»Zulaikha! Wenn du nicht sofort kommst, werde ich dir eine Tracht Prügel verabreichen!«, schrie Malehkah nun. Sie war zwar immer gemein zu mir, schlug mich aber fast nie.
»Zeynab.« Meine Stimme bebte und meine Beine zitterten.
Meine Schwester drückte meine Hand. »Ich komme mit.«
Sobald ich im Haus war, packte Malehkah mich bei den Schultern. »Schnell«, sagte sie, zog mich so dicht zu sich heran, wie es ihr dicker Bauch erlaubte, und schrubbte mein Gesicht mit einem feuchten Lappen. »Khalid! Nimm Habib und hilf Najibullah, das Auto in Gang zu bringen«, befahl sie meinem kleinen Bruder, der mir ins Haus gefolgt war.
»Aber Mada, was …«
»Raus!«, schrie Malehkah so laut, dass ich zusammenzuckte. Habibs Unterlippe begann zu beben – immer ein Zeichen für kurz bevorstehende Tränen. Khalid packte Habibs Handgelenk und zerrte ihn aus der Haustür.
Malehkah wusch mein Gesicht, bis es schmerzte. Ich schob die Unterlippe über die oberen Zähne, damit sich der Lappen nicht darin verfing.
»Magst du uns nicht sagen, Mada …«, begann Zeynab.
»Kümmere dich um ihre Haare.« Malehkah drückte meiner Schwester eine Bürste in die Hand.
Zeynab verkniff sich weitere Fragen und bürstete meine Haare. Das hatte etwas Tröstliches, aber die Frau meines Vaters verdarb natürlich wieder alles. »Nein, nein. Nicht so.« Malehkah entriss Zeynab die Bürste. »Hol ihr Festkleid aus der Truhe.« An mich gewandt fügte sie hinzu: »Ich kann nur hoffen, dass es noch passt.« Dann bürstete sie meine Haare mit heftigen, gnadenlosen Bewegungen. Wenn die Bürste in verfilzten Strähnen steckenblieb, riss sie kurzerhand ganze Haarbüschel aus.
Das war so schmerzhaft, dass mir Tränen in die brennenden Augen traten. »Du tust mir weh, Mada.«
»Ist sie fertig?«, fragte Najib durch die Haustür.
»Nein. Verschwinde, damit sie sich umziehen kann«, befahl Malehkah. »Und nach der Arbeit am Auto solltest du dich besser waschen.«
»Keine Zeit. Es will nicht anspringen.« Najib wischte seine ölverschmierten Hände am Salwar Kamiz ab. »Wir müssen zu Fuß gehen. Beeilt euch!« Damit huschte er wieder nach draußen.
»Hier.« Zeynab hob mein rosa Kleid mit dem spitzenbesetzten Saum an. Ich trug es nur einmal im Jahr, wenn wir das Ende des Ramadans feierten.
»Gut.« Malehkah öffnete den Reißverschluss des grünen Kleides, das ich bisher getragen hatte, und zerrte es herunter. »Die Arme aus den Ärmeln, Zulaikha!« Sie riss es mir vom Körper und warf es in eine Ecke. Dann griff sie nach dem rosa Kleid. »Hilf mir dabei, es ihr anzuziehen, Zeynab.«
»Ich kann mich selbst anziehen«,
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