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Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Najibullah. Vielleicht können wir ihn mit Zement statt mit Lehm bauen.« Baba-jan hob lächelnd die Hände, als könnte er schon die Betonsteine unter seinen Fingern fühlen. Seine Worte und sein Lachen hallten in der stillen Abenddämmerung von den Mauern wider. »Was meinst du, Najibullah? Steine, wie die Amerikaner sie für die Mauern ihrer Basis benutzen. Für uns ist nichts gut genug.«
    Sie verließen das Grundstück und Malehkah versperrte die Tür hinter ihnen. Doch ich konnte Baba, der mit meinem großen Bruder zur Arbeit ging, immer noch hören. Der arme Najib – er war der älteste Sohn und Babas Liebling, aber im Beisein unseres energischen Vaters kam er kaum zu Wort.
    Die Mondsichel hing im Osten über den Bergen. Ich lehnte mich seufzend gegen das Kuppeldach unseres Hauses und betrachtete sie. Einen solchen Tag hatte ich noch nie erlebt. Erst war Malehkah ärgerlich, dann wütend auf mich gewesen, und dazwischen hatte ich alles Mögliche empfunden. Bei der Erinnerung an Anwars gemeine Beschimpfungen, die Khalid wiederholt hatte, ballte ich die Fäuste.
    Obwohl ich den Mond schon so oft gesehen hatte, schien er heute Abend auf etwas Neues herabzulächeln. Dabei handelte es sich nicht nur um die Hoffnung meines Vaters, mit der Arbeit für die Amerikaner ein Vermögen machen zu können. Nein, es war noch mehr, aber ich konnte es nicht erklären. Während meine Augenlider schwer wurden und mein Atem immer langsamer und regelmäßiger ging, erinnerte ich mich an das Gefühl uralter Macht, Hoffnung und Weisheit, das in MeenasWorten gelegen hatte. Ich dachte an ihr Versprechen, mich zu unterrichten. Und an den langsamen, rhythmischen Klang der Gedichte der alten Muallem.

Während der nächsten Woche hatte ich so viel zu tun, dass ich Meena nicht besuchen konnte. Ich konnte nur manchmal heimlich den kleinen Zettel hervorkramen, auf dem sie alle Schriftzeichen notiert hatte. Zur Übung schrieb ich die Zeichen in den Sand und sprach sie halblaut vor mich hin. Mada-jan hatte mir damals schon die meisten beigebracht und ich war sehr froh über meine raschen Fortschritte. Trotzdem brauchte ich mehr Zeit zum Schreiben. Wenn ich nur nicht so viele Pflichten im Haushalt gehabt hätte!
    Zeynab und ich hatten schon genug zu tun, aber Baba wollte Gäste einladen und das brachte zusätzliche Aufgaben mit sich.
    Als ich im Garten meinen Brüdern auswich, schwappte Wasser aus dem schweren Eimer. »Könnt ihr nicht aus dem Weg gehen, Jungs?«, fragte ich genervt.
    Habib sammelte seine kleinen Plastiksoldaten ein und machte Platz – im Gegensatz zu Khalid. Obwohl ich ihn erst letzte Woche von der Mauer der Zitadelle gerettet hatte, genoss er es nach wie vor, den ›erwachsenen Jungen‹ zu spielen.
    »Würdest du bitte woanders hingehen, damit deine Schwester die Pflanzen bewässern kann?« Zeynab, die den zweiten Eimer schleppte, lächelte ihn an.
    Daraufhin nahm er seine Spielzeuge und lief zur andere Seite des Gartens. Natürlich. Ich hätte es ahnen müssen. Khalid hörte noch auf Mädchen. Nur nicht auf mich.
    Ich zeigte nicht, wie sehr mich das verletzte. »Tashakor, Zeynab«, sagte ich und goss das Wasser in einen flachen Bewässerungsgraben, der die durstigen Auberginen, Zwiebeln und Möhren versorgte.
    Zeynab zuckte mit den Schultern. »Siehst du? Man muss bei dem kleinen Bacha nur den richtigen Ton treffen.«
    Wir kehrten zum Brunnen zurück und ich holte den an einem Seil befestigten Bottich ein. Im Sommer musste der Garten sowohl morgens als auch abends gut bewässert werden, was jedes Mal sehr lange dauerte.
    »Stell deine Männer auf diesen Hügel, Habib. Das ist deine Basis.« Khalid zeigte auf eine kleine Mulde im Dreck, die er mit einem niedrigen Erdwall umgeben hatte. Er hatte die gleichen Plastiksoldaten wie Habib, nur dass seine nicht grün, sondern braun waren. Seiner Meinung nach war es das Braun der amerikanischen Uniformen.
    Habib sah zu mir, als wollte er meine Zustimmung einholen. Dann stolperte er um den Granatapfelstrauch zu Khalid.
    Ich füllte Zeynabs Eimer, dann ließ ich den leeren Bottich wieder in den tiefen Brunnen fallen.
    Zeynab bat mich mit einem Wink, still zu sein. Sie sah den Jungen lächelnd zu. Vielleicht träumte sie wieder einmal von ihren zukünftigen eigenen Söhnen. Sie malte sich immer aus, wie süß sie sein würden. Ich konnte nur hoffen, dass die Kinder, die sie irgendwann einmalhatte, netter als Khalid wären. Seit Baba und Najib vor ein paar Tagen mit Spielzeugsoldaten

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