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Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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erste Träne fiel, senkte ich den Kopf.
    »Seht euch den armen Schatz an. Sie kann mit ihrem Mund kaum sprechen. Die Operation ist ausgefallen, aber sie ist meinem Mann so dankbar, dass sie weint. Oooh!« Gulzoma klatschte in die Hände, und als ich aufsah, winkte sie mich zu sich. »Komm her und setz dich neben deine Gulzoma-jan.«
    Ich verabscheute zwar die Vorstellung, neben ihr zu sitzen, und schämte mich weiter für mein dummes Gerede, war aber klug genug, ihr zu gehorchen. Ich standauf, ging um die Frauen herum und hockte mich neben sie. Sie schob einen schweren, feuchten Arm auf meine Schultern und zog mich zu sich heran.
    »Du süßer, kleiner Engel.« Sie sah zu Malehkah. »Mein Mann ist von Natur aus so gutherzig, dass er gar nicht merkt, wenn er jemandem hilft.« Gulzoma wandte sich an eine Frau, deren Namen ich vergessen hatte. »Hast du nicht dein Tamburin mitgebracht?« Die Frau nickte. »Dann spiel etwas! Ich fühle mich dieser Familie schon jetzt so nahe, dass wir unbedingt tanzen müssen. Manchmal kann man einfach nicht anders, obwohl man nach dem köstlichen Essen fast platzt.« Während die anderen zu singen, zu lachen und schließlich auch zu tanzen begannen, zog sie mich gegen ihren üppig parfümierten Körper.
    Ich schaute zu Malehkah, die mir anerkennend zunickte. Dann konzentrierte sie sich auf die Musik und klatschte zum Takt des Tamburins in die Hände. Sie schien sich nicht über meine Worte zu ärgern. Ich atmete erleichtert auf. Aber das Beste war, dass die Feier meiner Schwester so vor öder Langeweile bewahrt wurde.
    Ich sah den Frauen beim Tanzen zu. Sie bewegten sich, wie ich es noch nie erlebt hatte. Sie lachten und schüttelten sich, ja, sie kniffen einander und schlugen sich gegenseitig auf intime Stellen. Gulzoma tanzte nicht, bewegte den Oberkörper aber zum Rhythmus der Musik und stimmte manchmal in die Lieder ein. Sie ließ mich nicht gehen. Im kleinen Zimmer war es sehr heiß, denn es war voller Frauen, mitten im Sommer, und ich saß auch noch dicht neben Gulzoma.
    Während weitergefeiert wurde, bahnte sich eine Frau nach der anderen durch das Getümmel einen Weg zumSofa und setzte sich neben Zeynab. Ich konnte nicht hören, was sie sagten, wusste aber, dass sie ihr gute Ratschläge für die Ehe gaben. Diese Ratschläge waren sicher der Grund dafür, dass Malehkah auf einem dicken Make-up bestanden hatte – so konnte man nicht sehen, wenn Zeynab errötete.
    Sobald ein Lied zu Ende war, wurde ein neues angestimmt. Gulzoma schüttelte mich. »Oh, Zulaikha! Du musst für uns tanzen!«
    Ich sah sie erstaunt an. »Ich weiß nicht, wie das geht. Ich habe noch nie …«
    »Ach, du kleines Dummerchen!«, sagte Gulzoma lachend. »Das mussten wir alle irgendwann lernen.«
    Malehkah hustete und nickte in Richtung des freien Platzes vor Zeynab. Ich hatte den ganzen Abend zugesehen, wie gut die Frauen tanzten. Jede schien die richtigen Bewegungen für das jeweilige Lied zu kennen. Die Musik erklang weiter und einige Frauen jubelten. Anfangs glaubte ich, sie würden mich verspotten, aber ihr Lächeln wirkte aufrichtig. Ich reckte einen Arm zur Seite und hob ihn über den Kopf, wobei ich den anderen Arm im Bogen über mein Gesicht zog. Mein Fuß begann wie von selbst, sich zu bewegen, und ich stellte ihn senkrecht. Ich bewegte mich hin und her, die Hände über dem Kopf, und ließ einen Fuß senkrecht stehen.
    Ich wusste nicht, ob ich es richtig machte, aber in der Hitze ergriffen Gesang und Klatschen Besitz von mir. Musik und Tanz besaßen eine ähnliche Macht wie Meenas Gedichte, deren Rhythmus aus der Vergangenheit nach mir rief. Vor der Hochzeit meiner Mada-jan war getanzt worden. Sie hatte bestimmt auch getanzt, bevor die Taliban die Musik verboten hatten.
    Dann endete das Lied und obwohl Zeynab eigentlich keine Gefühle zeigen durfte, sah ich einen glücklichen Schimmer in ihren Augen.
    Nach ein paar weiteren Liedern wurde draußen vor dem Hof lange gehupt. Gulzoma runzelte die Stirn und stemmte die Hände in die Hüften. »Das sind bestimmt die Männer. Sie wollen uns abholen.«
    »Ja, die Männer verderben einem todsicher jeden Spaß«, sagte Jamila.
    Gulzoma stand auf und wie auf ein Zeichen erhoben sich auch alle anderen Frauen. Sie strahlte Malehkah an. »Tashakor. Es war ein wunderbarer Abend.« Andere Frauen stimmten zu und machten Komplimente, aber Gulzoma schien sie gar nicht wahrzunehmen. »Zulaikha, du arme Kleine.« Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände. Ich riss mich

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