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Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den Hof strömten. Schließlich schnippte Malehkah mit den Fingern. »Der Schleier. Es ist gleich soweit.«
    Ich half ihr, den Schleier sorgsam über Zeynabs Kopf zu legen. Mit dem wunderschönen grünen Kleid, dem weichen, weißen Schleier und dem zur Krone aufgestecktenHaar glich meine Schwester einem strahlenden Stern. An ihrem Kleidsaum glitzerten die Plättchen.
    »Du bist unglaublich schön«, sagte ich.
    »Du auch«, wimmerte sie unter Tränen.
    »Ich liebe …«
    »Nein! Was soll das? Keine Tränen! Du ruinierst dein Make-up und bekommst ganz rote Augen.« Malehkah zog Zeynabs weißes Hochzeitstuch hervor, hob den Schleier und tupfte ihre Augen behutsam ab. »Du bist kein Kind mehr, Zeynab. Du darfst nicht heulen. Die Leute werden denken, dass du nicht heiraten willst. Sie werden dich für undankbar halten. Stell dir vor, wie sie über deinen Vater reden werden, wenn du in Tränen aufgelöst hinausgehst. Du trägt Verantwortung.«
    »Aber, Mada, ich …«
    Die Frau meines Vaters gab Zeynab eine Ohrfeige.
    Wir verstummten und blickten Malehkah entsetzt an. Sie stand mit weit aufgerissenen Augen da, als würde sie sich auf eine Trotzreaktion gefasst machen. Dann seufzte sie, zog Zeynabs Schleier nach unten und kehrte zum Vorhang zurück. »Vergesst nicht, was ich euch gesagt habe.«
    Wir schwiegen. Malehkah mochte die Tränen meiner Schwester mit harter Hand zum Versiegen gebracht haben, aber sie hatte zugleich auch jedes bisschen Freude erstickt. Sie war fast so grausam wie Anwar. In dem Moment drehte sie sich um und ließ einen Blick über uns beide gleiten. »Er kommt. Seid bereit.«
    Zeynab blickte zu Boden. Sie durfte ihren Mann nicht ansehen. Vor allem durfte sie ihm nicht in die Augen schauen. Sie seufzte.
    »Pst. Still!«, zischte Malehkah.
    Ich spähte wieder durch den Vorhang. Tahir stand endlich vor dem Springbrunnen. Er war glatt rasiert und die grauen Strähnen im dunklen Haar verliehen ihm etwas Stattliches. Die feinen Falten auf der Stirn und in den Augenwinkeln zeugten von Weisheit und erinnerten mich an Baba-jan. Er trug einen hübschen, neuen, bestickten Salwar Kamiz und mehrere goldene Ringe. Außerdem war er sehr groß.
    »Oh, Zeynab«, rief ich. »Er ist großartig. Er wirkt so stark und selbstsicher.«
    Malehkah nickte, dann öffnete sie die Tür. »Es geht los«, murmelte sie und schob Zeynab nach draußen.
    Die Musik auf dem Hof wurde getragener und ernster. Tahir sah lächelnd zu Boden.
    Zeynab und ich hatten oft von ihrem Hochzeitstag geträumt, aber wir hatten uns nie ausgemalt, dass ihr Mann so viel älter sein würde – vielleicht sogar älter als Baba-jan. Aber so war es nun einmal. Baba war auch viel älter als Malehkah. Außerdem liebte er uns und war der festen Überzeugung, den besten aller Ehemänner für Zeynab gefunden zu haben. Tahir war stark und allseits geachtet. Und wenn er den Segen eines solchen Reichtums genoss, musste er ein guter Muslim sein.
    »Sei eine brave Frau«, flüsterte mir Malehkah ins Ohr und reichte mir einen in ein Tuch gehüllten Koran. »Enttäusche deinen Vater nicht.« Dann ging sie nach draußen und setzte sich auf einen Teppich. Ich hielt das heilige Buch über den Kopf meiner Schwester, während ich ihr langsam zum Springbrunnen folgte.
    Sobald Zeynab neben Tahir stand, wetteiferten die beiden spielerisch darum, wessen Fuß vor dem des anderen stand. Angeblich hatte die Person, deren Fuß amEnde vorn war, in der Ehe die Hosen an. Zeynab verlor erwartungsgemäß und unter den Frauen erhob sich kicherndes Gemurmel.
    Dann mussten sie sich auf ihren Thron setzen, bei dem es sich um das kleine rote Sofa handelte, das Hajji Abdullah am Vorabend für Zeynab gebracht hatte. Nun ging es darum, welcher Ehepartner als letzter Platz nahm, denn auch dies entschied darüber, wer in der Ehe das Kommando führte. Zeynab und ich hatten gelacht, als Malehkah uns all diese Hochzeitsbräuche geschildert hatte, denn wir fanden sie niedlich. So war es jetzt auch und ich lächelte hinter meinem Tschador, während sich Tahir und Zeynab gegenüberstanden und darauf warteten, dass sich der jeweils andere setzte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und wollte mich ratsuchend nach Malehkah umschauen, aber dann fiel mir ein, dass sie das missbilligen würde. Schließlich ging Gulzoma nach vorn. Sie runzelte amüsiert die Stirn und stemmte die Hände in die breiten Hüften. Dann lächelte sie mich und alle anderen Frauen an, legte Tahir und Zeynab je eine Hand auf die

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