Inshallah - Worte im Sand - Roman
eine gläserne Doppeltür in ein herrliches Zimmer mit einem Teppich auf dem Fußboden, einem weichen Sofa, zwei Stühlen und einem kleinen Tisch aus glänzendem Holz, auf dem eine Obstschaleund ein paar Wasserflaschen standen. »Hier wartet ihr, bis sich Zeynab und Tahir beim Springbrunnen treffen. Ich muss nachsehen, ob die Diener das Essen fertig haben. Die Gäste treffen bald ein. Halb An Daral wird hier sein.« Sie lachte. »Unsere Familie ist groß, aber mein Mann war nicht zu bremsen. Er hat sogar den Gouverneur der Provinz Farah eingeladen.« Sie trat dicht neben Malehkah und sagte so leise, als wäre es ein großes Geheimnis: »Ich hoffe, dass er nicht kommt. Wie ich gestern schon sagte …«
»Gulzoma!« In einem anderen Teil des Hauses erklang eine strenge Stimme.
Gulzoma richtete sich sofort auf. Sie wurde ernst und erklärte: »Mein Mann.« Dann glitt sie aus dem Zimmer.
Zeynab atmete auf. »Gut, dass sie weg ist.«
Wir kicherten, aber Malehkah warf uns einen warnenden Blick zu. »Dies ist das Haus eures Gastgebers, und ihr werdet jeden achten, der hier wohnt.«
»Bale, Mada«, sagten wir wie aus einem Mund.
Dann klärte Malehkah uns über die Zeremonie der Arusi auf, wie sie es schon während der Vorbereitungen auf die Nikah getan hatte. »Macht eurem Vater keine Schande«, ermahnte sie uns und schob ihr Gesicht ganz dicht zu mir heran. Die Krähenfüße um ihre Augen wurden zu tiefen Falten, als sie mich grimmig ansah. »Vergiss nicht deine Stellung, Zulaikha. Vergiss nicht deine Pflichten.«
»Bale, Mada.«
Zeynab drehte den Kopf zur Seite. »Warum bist du so verärgert, Mada? Warum kannst du dich nicht freuen? Heute ist ein glücklicher Tag.«
Malehkah schnaubte. »Dein großer Tag.« Dann wurdeihre Miene milder und ihre Augen wurden feucht. »Oh, Zeynab«, murmelte sie.
Meine Schwester sah Malehkah verblüfft an, ihr Mund stand offen. »Was ist denn, Mada?«
Malehkah schüttelte den Kopf und lächelte gezwungen. »Nichts.« Sie wischte sich über die Augen. »Gar nichts. Sorgen wir dafür, dass es ein richtig schöner Tag wird.«
Das schien Zeynab zufriedenzustellen. »Tashakor, Mada.«
Malehkah nickte nur.
Als die erste Kapelle eintraf und auf dem immer volleren Hof zu spielen begann, wurde ich das Gefühl nicht los, dass Malehkah noch mehr hatte sagen wollen – dass ihr aufgesetztes Lächeln Zeynab zu leicht besänftigt hatte. Ich beobachtete die Frau meines Vaters, während sie eine Banane aß. Trotz ihrer Worte schien sie entschlossen zu sein, Zeynab den lange erträumten Hochzeitstag zu verderben. Ich ballte die Fäuste. Ich würde mich noch mehr anstrengen müssen, damit Zeynab einen richtig schönen Tag hatte.
Stimmen und Gelächter weckten meine Neugier und ich sah durch den Türvorhang auf die Veranda. Im Hof drängten sich Dutzende Frauen. Die Männer hielten sich irgendwo im Haus auf. Kinder liefen hin und her und bedienten die Frauen. Ich betastete meine Hasenscharte. Meine Hand war feucht. Ich zwang mich, an Zeynab zu denken, um die Angst zu verdrängen, die mich bei dem Gedanken erfüllte, zwischen all diesen Menschen zu sein.
Immerhin war alles so schön wie von Zeynab erträumt. Das Essen wurde von Dienern aufgetragen. Es war ganzähnlich wie am Abend zuvor, nur dass im Haus der Abdullahs alles ein paar Nummern größer war. Gebratenes Huhn, Rindfleisch, Hammelfleisch und Ziegenfleisch. Reis mit Rosinen und Karotten in riesigen Schüsseln. In Butter geröstete Kartoffeln. Radieschen, Gewürzgurken und Paprika. Schalen voller Nüsse. Schüsseln voller Süßigkeiten. Orangen, Äpfel, Bananen und Granatäpfel. Man hatte alles aufgefahren, was An Daral an Essbarem zu bieten hatte, außerdem gab es manches vom Basar in Farah.
Drei Frauen holten ihre Instrumente heraus und setzten sich neben dem Springbrunnen auf einen Teppich. Eine stellte ihre Trommeln hin, die Tabla. Eine andere wärmte ihr Akkordeon mit ein paar Griffen auf und die dritte stimmte ihre Rubab, indem sie an den Saiten zupfte und die Holzknöpfe oben am Hals verstellte. Ich drehte mich zu Malehkah und Zeynab um. »Eine Frauenkapelle!« Nicht einmal in unseren kühnsten Träumen wären wir darauf gekommen, dass es auf Zeynabs Hochzeit eine extra Kapelle für die Feier der Frauen geben könnte.
»Es dauert nicht mehr lange«, sagte Malehkah. »Tahir kommt bald. Halt dich genau an das, was ich gesagt habe.«
»Bale, Mada.« Zeynabs Stimme bebte.
Wir warteten und warteten, während immer mehr Frauen auf
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