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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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Langstreckenrakete –, aber die Software war umsonst und für jeden Internetnutzer leicht erhältlich. Seit dem Anlaufen der Chanology-Kampagne begann die LOIC dem Gigaloader in der Beliebtheit den Rang abzulaufen. Woher dieses Programm eigentlich stammt, ist nicht genau bekannt, aber man vermutet, dass es von einem damals achtzehnjährigen Programmierer aus Oslo mit dem Spitznamen Praetox entwickelt wurde, zu dessen Hobbys außer Softwareprogrammierung laut seiner Webseite auch »Waldlauf« zählte.
    Praetox war ein begeisterter Softwareentwickler; unter anderem schrieb er Cheats für das Online-Rollenspiel Tibia und ein Programm, das die übereinanderliegenden Fenster auf dem Desktop durchscheinend machte. Außerdem war er in der Chan-Kultur zu Hause und benutzte das Cartoonbild eines Schilds »Der Pool ist geschlossen« für seinen YouTube-Account. Der Name LOIC ist von einer imaginären Waffe aus dem Videospiel Command and Conquer übernommen. Von allen seinen Schöpfungen sollte diese Praetox’ Vermächtnis werden.
    Ursprünglich scheint er die LOIC als Open-Source-Projekt geschrieben zu haben; jeder Nutzer konnte also den Quellcode verbessern. Ein Programmierer mit dem Spitznamen NewEraCracker brachte einige Veränderungen ein, damit die LOIC auch sinnlose Anfragen oder »Pakete« an einen Server schicken konnte, womit sie ihre heutige Form hatte. Damals waren Pakete die Grundlage des Internets. Besuchte man eine Webseite oder versendete man eine E-Mail, so verschickte man eine Reihe von Paketen. Sie umfassten gewöhnlich 1.000 bis 1.500 Bytes und entsprachen etwa einem adressierten Briefumschlag in der gewöhnlichen Post. »Paketschnüffeln« bedeutete, dass man versuchte, aus der »Beschriftung« des Pakets auf seinen Inhalt zu schließen. Die Daten, die es enthielt, konnten verschlüsselt sein, aber das Paket selbst nannte immer Absender und Empfänger.
    Eine DDoS-Attacke kann man etwa mit der Absendung Tausender von Reklamebriefen an jemanden vergleichen, der gezwungen ist, sie alle zu öffnen und zu lesen. Eine mögliche Abwehrstrategie ist das »Filtern«, vergleichbar etwa einer Anweisung an den Pförtner, Post eines bestimmten Absenders nicht anzunehmen. Aber DDoS-Schutz kostet Geld, und es ist schwierig, die LOIC-Pakete herauszufiltern, weil sie von vielen verschiedenen Absendern stammen. Wenn sich genug Nutzer zusammenfanden und das Programm gleichzeitig gegen dieselbe Webseite einsetzten, konnten sie diese mit unerwünschten Anfragen so überladen, dass sie offline gehen musste. Die Wirkung ähnelte also einem Botnet, aber anstelle infizierter Rechner von Unwissenden waren hier Freiwillige am Werk.
    Ein großer Unterschied lag in der Effektivität. Die Auswirkungen eines LOIC-Angriffs waren viel unberechenbarer als die eines traditionellen Botnets, weil hier auch Beliebtheit und menschliches Versagen eine Rolle spielten. Vielleicht brauchte man 4.000 Nutzer, um eine große Firmenwebseite lahmzulegen, ungefähr so, wie man auch 4.000 Pistolenschützen bräuchte, um ein Haus zum Einsturz zu bringen. Für die selbst gemachte kleine Webseite eines einzelnen Internet-Users genügen bereits einige Hundert. Der Vorteil der LOIC war, dass man sie umsonst und leicht bekam – von einer Torrent-Webseite oder aus dem /rs/-Forum von 4chan selbst.
    Einer der mehreren Hundert Menschen, die sich die LOIC für eine der ersten spontanen Scientology-Aktionen herunterluden, war ein College-Student der Iowa State University namens Brian Mettenbrink – achtzehn Jahre alt, zerzaustes braunes Haar, Bartträger. Im Januar 2008 saß er eines Tages in seinem Wohnheimzimmer am Rechner, als er auf seiner Lieblingswebseite 7chan einen Post über den Scientology-Raid entdeckte. Die Scientologen waren ihm gleichgültig, aber die Welt der IT-Sicherheit interessierte ihn, und er glaubte, dass er viel über die andere Seite seines Geschäfts lernen könne, wenn er selbst an einem Angriff teilnahm. Außerdem waren schließlich so viele Leute dabei, dass ihn niemand erwischen würde.
    Mettenbrink, seit seinem fünfzehnten Lebensjahr ein regelmäßiger Gast auf 4chan, holte sich also im /rs/-Forum dieser Seite die LOIC-Software. Das dauerte nur einige Sekunden, und in Gestalt einer Readme-Datei war auch eine Bedienungsanleitung dabei. Das Programm vermittelte den Eindruck, als werde der Nutzer zum Teil einer Rebellenarmee. Als Mettenbrink das LOIC-Programm öffnete, erschien ein Fenster im Star-Wars -Design mit dunkel- und

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