Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
Vom Netzwerk:
eine große Sache gestoßen, die erste seit Project Chanology, und der Zündfunke war eine unter Hackern nur allzu geläufige Provokation gewesen: Du DDoS-t mich, ich DDoS-e dich.
    Ungefähr um diese Zeit las Tflow, der stille Hacker, der später Sabu, Topiary und Kayla zusammenbringen sollte, den TorrentFreak-Artikel und stürzte sich in seine erste Anonymous-Operation. Später stellte sich heraus, dass die Person hinter dem Spitznamen Tflow in London wohnte und gerade erst sechzehn Jahre alt war. Im Netz sprach er nie über sein Alter oder seine Lebensumstände. »Ich dachte, es sei eine wichtige und gute Sache«, erinnert er sich. »Natürlich wurden DDoS-Angriffe danach langweilig.« Er meinte damit, dass er nach anderen Wegen suchte, wie die Anons die Arbeit von Anti-Piraterie-Organisationen stören konnten, als bloß ihre Webseiten lahmzulegen. Er loggte sich in #savethpb ein, um zu sehen, was die anderen so schrieben, und war angenehm überrascht. Manche von ihnen schienen technisch genauso versiert zu sein wie er selbst. Nachdem Tflow einige angesprochen und in einen separaten Chatroom eingeladen hatte, begann dieses kleinere Team mit der Suche nach Schwachstellen von Urheberrechtsschutzgruppen und fand eine auf der Webseite CopyrightAlliance.org.
    Etwa eine Woche nach der DDoS-Attacke gegen Aiplex unternahmen die Hacker von Tflows Gruppe die erste SQL-Injection in ihrer Kampagne, wahrscheinlich eine der ersten überhaupt unter dem Banner von Anonymous. Sie hackten sich in den Webserver von CopyrightAlliance.org und ersetzten die Seite durch die Botschaft vom 19. September: »Payback Is A Bitch« (etwa: »Rache ist süß«). Dieses Defacement einer Seite war schwieriger als eine DDoS-Attacke, weil man zunächst Root-Zugang zum Server gewinnen musste, wirkte aber viel stärker. Die Angreifer wandelten CopyrightAlliance.org anschließend in ein Archiv für raubkopierte Filme, Spiele und Songs um, darunter natürlich auch Never Gonna Give You Up von Rick Astley, und Classic Sudoku . Außerdem stahlen sie E-Mails im Umfang von 500 Megabyte von der Londoner Anwaltskanzlei ACS:Law, die sich auf Urheberrechtsfragen spezialisiert hatte, und stellten sie auf der übernommenen Seite ins Netz.
    Während der ganzen Zeit mussten Tflow und die anderen dabei ihre Unterstützer von einem Chatroom zum nächsten lotsen. Von September bis November 2010 half er dabei, etwa dreihundert regelmäßige Chatteilnehmer zwischen zehn verschiedenen IRC-Netzwerken hin- und herzuschicken, um die Verständigung aufrechtzuerhalten. »Wir nahmen immer das erstbeste IRC-Netzwerk, das sich anbot«, erzählte Tflow später. »Viele Möglichkeiten hatten wir ja nicht, es gibt kaum ein IRC-Netzwerk, das DDoS-Attacken zulässt.«
    Die Organisatoren legten dann einen abgeschlossenen Chatroom an, der sehr wichtig werden sollte: #command. Genau wie #marblecake diente er zum ungestörten Planen und Besprechen. Hier erstellte die Gruppe digitale Flyer, um Teilnehmer für diese neue, umfassendere Kampagne gegen das Urheberrecht zu gewinnen, bei der Anwaltskanzleien, Branchenorganisationen und sogar die Webseite von Kiss-Bassist Gene Simmons zu Zielen wurden. Bald sah es so aus, als richteten die Angriffe sich auch gegen »gute« Webseiten, zum Beispiel die des U. S. Copyright Office, der amerikanischen Urheberrechtsagentur, und die Unterstützung durch die Netzgemeinde, wie sie sich in den Blogs und auf Twitter gezeigt hatte, schwand wieder. Im November 2010 verloren die Anons dann selbst das Interesse; nur einige Dutzend kamen noch in den Chatroom der Operation Payback. Die Kampagne kam zum Stillstand.
    Jetzt hatten die Organisatoren etwas mehr Zeit, um an grundlegenden Verbesserungen zu arbeiten, und sie schufen die erste eigene Kommunikationsstruktur für Anonymous. Die auf Großbritannien, Kontinentaleuropa und die USA verteilten Anons, meistens junge Männer, verfügten über insgesamt zehn eigene Server – manche gekauft, andere nur gemietet –, auf denen sie ein Chatnetzwerk installierten, das Anonymous endlich ein Zuhause bot. Jetzt war es nicht mehr nötig, Hunderte Nutzer von einem Netzwerk ins andere zu lotsen, bevor sie hinausflogen. Das neue IRC-Netzwerk hieß AnonOps, und seine Dutzende Chatrooms waren nur für Anons gedacht; manche waren öffentlich zugänglich, andere abgeschlossen. Einer der Ersten, die hereinschauten, war Topiary.
    Topiary war inzwischen achtzehn Jahre alt und in seiner realen Identität als Jake von zu Hause

Weitere Kostenlose Bücher