Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
Vom Netzwerk:
WikiLeaks.
    Während Jake sich unter seinem neuen Namen Topiary in den Chatrooms von AnonOps umsah, machte ein legendärer ehemaliger australischer Hacker namens Julian Assange sich bereit, der amerikanischen Regierung einen schweren Schlag zu versetzen. Zuvor hatte Bradley Manning, Gefreiter der US-Armee, angeblich mit Assange Kontakt aufgenommen und dessen Whistleblower-Seite WikiLeaks 250.000 interne Nachrichten, sogenannte »cables« (eigentlich »Telegramme«) übergeben, die zwischen amerikanischen Botschaften und dem State Department gewechselt worden waren. Diese diplomatischen Nachrichten enthüllten politische Manöver der US-Regierung und vertrauliche Einschätzungen der Lage in anderen Ländern. Durch die Veröffentlichung der Dokumente würde Assange die amerikanische Außenpolitik auf peinliche Weise bloßstellen. Der WikiLeaks-Gründer hatte bereits Abmachungen mit fünf großen Zeitungen geschlossen, unter anderem der New York Times und dem britischen Guardian , und am 28. November 2010 begannen sie mit der Veröffentlichung der Dokumente.
    Fast unmittelbar wurde Assange weltweit gleichzeitig zum Ausgestoßenen und zum Helden. Bisher war WikiLeaks mäßig bekannt für seine Veröffentlichungen von zugespielten Dateien gewesen, die zum Beispiel Behördenkorruption in Kenia oder den verdächtigen Tod irakischer Journalisten enthüllten. Aber vertrauliche Informationen der US-Regierung öffentlich zu machen, brachte WikiLeaks Feindschaften ganz neuer Intensität ein. Im amerikanischen Fernsehen forderten Kommentatoren, Assange müsse ausgewiesen, des Verrats angeklagt oder sogar umgebracht werden. Die ehemalige Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, meinte, man müsse ihn mit derselben Dringlichkeit bekämpfen wie die Taliban, und Bob Beckel, Kommentator bei Fox News, forderte während einer Live-Sendung, jemand solle »den Schweinehund einfach abknallen«. Außenministerin Hillary Clinton erklärte, die Enthüllungen gefährdeten die nationale Sicherheit, und das Personal des State Department durfte die WikiLeaks-Webseite nicht aufsuchen.
    Die Webseite wurde auch direkt angegriffen. Ein ehemaliger Soldat und Hacker mit dem Spitznamen The Jester ließ sie mit einem DDoS-Angriff für mehr als vierundzwanzig Stunden zusammenbrechen. Jester war ein selbst ernannter Patriot, der zuvor bereits islamistische Webseiten angegriffen hatte; später wurde er zum erklärten Feind von Anonymous. Jetzt behauptete er über Twitter, er attackiere WikiLeaks, »weil die versuchen, das Leben unserer Soldaten in Gefahr zu bringen«.
    Um im Internet präsent zu bleiben, zog WikiLeaks auf die Server von Amazon um, wo die Seite aber nicht bleiben durfte, weil Amazon behauptete, sie habe die Geschäftsbedingungen hinsichtlich des Urheberrechts verletzt. Es folgte eine Zurückweisung nach der anderen: Auch die Hostserver-Vermietung EveryDNS beendete den Vertrag mit WikiLeaks. Am 3. Dezember gab der Internetbezahldienst PayPal bekannt, dass er keine Spenden mehr an WikiLeaks weiterleiten werde. Im offiziellen PayPal-Blog hieß es dazu, man habe »den Account von WikiLeaks wegen einer Verletzung der Nutzungsbedingungen permanent gesperrt«. MasterCard und Visa schlossen sich der Sperre kurz darauf an.
    Wahrscheinlich konnten die Verantwortlichen in diesen Unternehmen sich einfach nicht vorstellen, dass ein Haufen Internet-User, die bisher lediglich für Telefonstreiche gegen Restaurantfilialen, die Bloßstellung von Pädophilen und Proteste gegen die Scientology-Sekte bekannt waren, sich plötzlich zusammenschließen und ihre Server angreifen würde.
    Die Organisatoren von AnonOps unterhielten sich in ihrem abgeschlossenen Chatroom #command über die WikiLeaks-Kontroverse. Sie waren nicht nur wütend auf PayPal, sondern sahen auch eine Möglichkeit, Anonymous wieder zusammenzubringen. Das Urheberrecht interessierte die Anons nicht mehr besonders, aber das hier konnte die gerechte Sache sein, die alle wieder zu den Fahnen strömen ließ. Die Urheberrechtsanwälte waren schon böse Buben gewesen, aber wie PayPal mit WikiLeaks umging, war noch viel schlimmer. Hier griff jemand den freien Informationsfluss in einer Welt an, in der uneingeschränkt jener Slogan von Technikaktivisten galt, der behauptete, »Information will frei sein« (auch wenn es sich um geheime diplomatische Nachrichten handelt). Die Verfolgung von WikiLekas sollte die Anonymous-Mitglieder aufbringen und scharenweise in ihr Netzwerk treiben. Das war großartige

Weitere Kostenlose Bücher