Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

können Sie etwas dazu sagen? Sind Shirleys Websites nicht gerade alle lahmgelegt?« Shirley lachte überrascht auf. »Ja, in diesem Moment«, antwortete Topiary, »ist, äh, GodHatesFags.com ist down, YourPastorIsAWhore.com ist down.« Er zählte noch ein paar weitere Seiten mit schneidigen Namen auf und erklärte mit Bedauern in der Stimme, dass dies nicht wirklich der Verdienst von Anonymous war, sondern von Jester.
    »Blablabla«, fiel ihm Phelps-Roper ins Wort. »Ihr seid doch alle nur ein Sauhaufen von Kriminellen und Verbrechern … Und ihr werdet ALLE vernichtet werden.«
    »Anonymous«, ergriff David wieder das Wort. »Werdet ihr auf diese Reaktion hin Maßnahmen ergreifen?« »Au ja, bitte«, spottete Phelps-Roper. »Na ja …«, begann Topiary. »Warten Sie mal, Shirley«, sagte Pakman. »Wir haben sehr anständig auf den Brief mit den ›wehleidigen Feiglingen‹ reagiert«, stellte Topiary fest. »Wir haben gesagt, wir wollten keinen Krieg mit euch.« Phelps-Ropers Augen weiteten sich. »Haben Sie gerade Kriminelle und Verbrecher als … ›ANSTÄNDIG‹ bezeichnet?«
    Topiary zögerte und entschied sich dann, das Thema zu wechseln. »Sie sagen, das Internet sei nur erfunden worden, damit die Westboro Baptist Church ihre Botschaft verbreiten kann?«, fragte er. »Ganz genau«, antwortete sie. »Wie kommt es dann, dass Gott Kontaktbörsen für Schwule im Internet zulässt?« »Pff, blöde Frage.« Phelps-Roper lachte. »So etwas nennt man eine Bewährungsprobe.« »Lande ich in der Hölle?« Phelps-Roper sah plötzlich besorgt aus. »Na ja, Kleiner, ich kenne ja nur Ihre Stimme, weil Sie schließlich« – sie zog ihre Augenbrauen hoch – »von Anonymous, also anonym sind … und … Sie klingen wie jemand, auf den die Hölle wartet. Mehr sage ich dazu nicht.« »Tja, ich habe in meinem Leben über neuntausend Sünden begangen«, meinte Topiary. »Daher …« »OH! Und Sie haben mitgezählt? Wie, führen Sie etwa eine Strichliste?« »Ja, über neuntausend Sünden. Ich zähle mit.«
    Pakman lächelte vor sich hin. Topiary warf einen Blick auf seinen Laptop, und in den folgenden 30 Sekunden las er im AnonOps-IRC mit, wo eine Handvoll Leute die Sendung über einen Livestream auf Pakmans Seite verfolgten. Sie lachten. Pakman schien darauf zu warten, dass Phelps-Roper richtig in Fahrt kam, und verkündete, dass niemand die Westboro-Seite hacken konnte, bevor er Topiary für den Hack wieder ins Gespräch brachte.
    Phelps-Roper erklärte gerade, dass Stolz auf seine Sünden und »Reue nicht zusammenpassen … Natürlich landen Sie in der Hölle!« »Hmmm«, seufzte Topiary. »Internet ist eine ernste Angelegenheit.« »Lassen Sie uns auf die zentrale Frage zurückkommen«, sagte Pakman. »Gibt es einen nächsten Schritt? Wird Anonymous den Beweis antreten, dass die Webseiten der Westboro Baptist Church verwundbar sind? Womit können wir in nächster Zeit rechnen, Anonymous?«
    Wenn überhaupt, dann musste die Sache jetzt über die Bühne gehen. Phelps-Roper versuchte wieder, das Gespräch an sich zu reißen, aber Topiary ließ sich nicht beirren. »Genau genommen«, begann er und leckte sich die Lippen, »arbeite ich in diesem Moment daran.« Topiary drehte sich wieder zu seinem Laptop um, betrat durch einen Klick auf einen Tab in seinem IRC-Fenster den privaten Raum #over9000 und tippte rasch das Signal, gogogo, ein. Tflow saß bereits mit Topiarys HTML-Datei in den Startlöchern. Phelps-Ropers Sarkasmus kannte keine Grenzen mehr. »Er arbeitet IN DIESEM MOMENT daran! O ja!«, rief sie. Dann verdüsterte sich ihr Gesichtsausdruck. »He, jetzt hört mal zu, Mädels …« »Warten Sie, Anonymous hat noch etwas zu sagen, Shirley«, unterbrach Pakman. »Nein, nein«, meinte Shirley. »Nein, ich habe etwas Interessantes. Ich habe eine Überraschung für Sie, Shirley«, sagte Topiary. »Gleich«, warf sie ein. »Jetzt habe erst ich noch etwas zu sagen!«
    Es wurde still. »Wisst ihr, was ihr erreicht habt? Ihr habt Menschen auf der ganzen Welt auf uns aufmerksam gemacht. Wir verbreiten nur eine Botschaft … eine RIESIGE weltweite Explosion von Gottes Wort.« Die anderen schwiegen weiter. Ohne den Live-Hackerangriff war die Sendung vorbei, und Pakman musste die Aufmerksamkeit wieder auf Topiary lenken. »Anonymous, sprechen Sie weiter.« »Ich wollte nur sagen, dass ich, während Shirley hier ihre Predigt gehalten hat, Nägel mit Köpfen gemacht habe. Ich schlage vor, Sie sehen mal bei Downloads Punkt Westboro