Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
»Q und Justin Bieber«. Er fügte hinzu: »Barr hat unser Over-9000-Proxy-Feld durchbrochen und ist in unser absolut nicht-öffentliches und geheimes IRC-Rebellenlager eingedrungen. Dort überwand er mit Entschlossenheit unser Feuerlabyrinth, sammelte unterwegs alle Goldringe ein, öffnete mit 50 Silberschlüsseln eine Schatzkiste und fand darin das legendäre ›Hacker-auf-Steroiden‹-Passwort.« Es war ein wörtliches Zitat von Topiary aus dem IRC, und Topiary fühlte sich durch das Zitat geschmeichelt.
Am Tag nach dem Angriff veröffentlichte Brown eine formellere »Pressemitteilung« auf Daily Kos unter der Überschrift »Anon pwnt HBGary Federal«. Die meisten Pressemitteilungen von Anonymous wurden auf AnonNews.net gepostet, aber was machte das schon? Was jedoch viele Anons verärgerte, war die Tatsache, dass Brown die Pressemitteilung unter seinem eigenen Namen veröffentlicht hatte, und sie nannten ihn einen Namefag. Topiary hatte damit aber kein Problem, im Gegenteil, er mochte Brown von Anfang an. Nach dem Angriff gratulierte Topiary Brown zu seinem Spaßpost. Brown konnte es kaum erwarten, die E-Mails von HBGary zu lesen, die zu der Zeit noch stückchenweise auf Torrent-Seiten veröffentlicht wurden. »Ich brauche noch mehr von diesen E-Mails. Ich bin da etwas auf der Spur«, erzählte Brown ihm.
Es stellte sich heraus, dass Brown die Recherche liebte. Er hatte den ersten Teil von Barrs 23.000 E-Mails heruntergeladen und sie nach Hinweisen auf einen größeren Korruptionsfall durchsucht, der mit der Verleumdungskampagne von HBGary gegen WikiLeaks begann und beim US-Militär endete. Nach mehreren Wochen Suche hängte er sich ans Telefon und rief William Wansley an, den Vizepräsidenten eines Militärdienstleisters namens Booz Allen Hamilton, dessen Name in Barrs E-Mails auftauchte. »Hi, ist dort Mr. Wansley?« »Ja«, antwortete eine leise Stimme. »Hi, Wansley. Ich bin, äh, Barrett Brown. Ich bin eine Art, äh, inoffizieller Sprecher von Anonymous?«, sagte Brown und bemühte sich, nicht nervös zu klingen. »Der Grund für meinen Anruf sind einige E-Mails, die wir gerade sichten. Darunter befinden sich auch Schriftwechsel zwischen Ihnen und Aaron Barr von HBGary. Mich würde nun interessieren, an welchem Projekt genau Sie beide in Bezug auf Anonymous gearbeitet haben?« Es gab eine lange Pause. »Oh«, sagte Wansley schließlich. »Wenn Sie sich bitte an unsere Presseabteilung wenden würden, dort kann man Ihnen bestimmt Auskunft geben.« »Nun, ich glaube nicht, dass man mir dort genauso gut Auskunft geben kann wie Sie«, bellte Brown zunehmend selbstsicher, »schließlich haben Sie diesen Schriftwechsel geführt. Meiner Erfahrung nach sind Presseabteilungen nicht so gut darin, äh, Sie wissen schon, äh, wenn man wirklich Informationen will.« Es gab eine weitere lange Pause, in der Wansley versuchte, das soeben Gehörte zu verarbeiten. Dann donnerte in Houston ein Flugzeug über Browns Haus. »Äh, im Moment zum Beispiel habe ich gerade eine E-Mail vor mir«, schrie Brown gegen den Flugzeuglärm an. »Darin steht, dass es ein Treffen gab in den Räumen von Booz Allen, ab halb elf, Moment, irgendwann Ende Januar, zwischen Ihnen und Aaron Barr. Aaron Barr stellte, wie Sie natürlich wissen, Nachforschungen über Anonymous an und versuchte, unsere Anführer auszugraben. Er wollte eine Liste mit meinem Namen darauf an das FBI verkaufen, mit den Namen von vielen Leuten, die gar nichts mit Anonymous zu tun haben. Seine Vorgehensweise war ein bisschen nachlässig, könnte man sagen … Äh, und ich nehme an, dass Sie derzeit wahrscheinlich nicht mehr …« »Die … die Organisation ist mir bekannt«, unterbrach Wansley. Er klang erschöpft. »Zunächst einmal äußern wir uns nicht zu unseren Kunden, wir sichern allen unseren Kunden Vertraulichkeit zu.« »Okay.« »Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir mit HBGary keine Geschäftsbeziehungen mehr haben.« Brown zögerte. »Dann bestanden keine Geschäftsbeziehungen zwischen Ihnen? Sie haben das Thema nur so besprochen?«, fragte er. »Ich kann keine Aussage darüber treffen, was man mich gebeten hat zu tun. Aber es bestanden nie geschäftliche Beziehungen zwischen HBGary und uns.« »Aber es gab früher Geschäftsbeziehungen mit der Firma, oder?«, bohrte Brown nach. »Niemals.« »Aber Sie haben sich mit ihm doch nicht nur getroffen, um über das Wetter zu reden, sondern über Anonymous.« »Ich habe keine Beziehung, und ich kann keinen Kommentar dazu
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