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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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sah, wäre seine Tarnung aufgeflogen. Er hatte keinen Stimmverzerrer benutzt oder seinen Akzent verändert, weil er wollte, dass es echt wirkte. Er war sich nicht sicher, ob der Auftritt ein blöder Fehler oder seine bisher mutigste Aktion gewesen war.
    Pakman hörte nach der Show nichts mehr von Anonymous. Aber er wurde mit Reaktionen von Zuschauern überschwemmt. Einige freuten sich darüber, dass jemand gegen die Westboro Baptist Church vorgegangen war, andere wiesen darauf hin, dass Anonymous gerade ein Verbrechen begangen hatte – unabhängig davon, wen es getroffen hatte. Pakman sah das eher locker. »In meinen Augen war das Ganze eine Parodie auf höchstem Niveau«, meinte er.
    »Im Rückblick auf meine Zeit mit Anonymous und LulzSec gibt es einiges, an dem ich im Nachhinein lieber nicht beteiligt gewesen wäre«, meinte Topiary später. »Aber der Schlag gegen die Westboro Baptist Church, na ja … ist ›stolz‹ das richtige Wort? Ehre. Es war mir eine Ehre, daran beteiligt gewesen zu sein.«
    Anscheinend hatten Westboro und Anonymous einiges gemeinsam. Einer der Hauptgründe dafür, dass Westboro so lange überleben und sich halten konnte, war die Isolation der Gemeinde. Die Mitglieder definierten ihre Gruppe als »wir gegen den Rest der Welt«. Das Ziel ihrer Störaktionen bei Begräbnissen war nicht, ein paar Seelen zu retten oder Gottes Wort zu verkünden. Sie wollten damit bei anderen Wut und Hass auslösen – um sich dadurch ganz egoistisch in ihrer Selbstgerechtigkeit zu bestätigen. Diese Kultur des Hasses konnte nur jemand wirklich verstehen, der lange Zeit ein Teil von ihr gewesen war. Man musste sie tief in sich aufnehmen und gleichzeitig die eigene bösartige Trollhaftigkeit ausblenden. Die Beweggründe waren bei Anonymous oft nicht anders. Chanology und Operation Payback hatten die dunkle Seite von Anonymous als Gruppe zum Vorschein gebracht, aber der Live-Angriff auf Westboro zeigte, in welche Richtung sich Anonymous als Nächstes entwickeln würde: schneller und extremer.
    Kayla hatte ihren Racheangriff gegen Gawker durchgeführt; Sabu hatte sich als tunesischer Revolutionär betätigt; Topiary hatte erlebt, wie aufregend ein Live-Auftritt sein konnte. Anonymous mochte als Bewegung in der Lage sein, die Welt zu verändern, aber sie erfüllte wie alles andere auch einen reinen Selbstzweck. Anonymous gab seinen Anhängern etwas zu tun und das Gefühl der Nützlichkeit, und, was natürlich niemand zugeben wollte: Die Anhänger hatten hier die Gelegenheit, ihre Triebe so auszuleben, dass sie gerechtfertigt und sogar notwendig erschienen. Gawker und HBGary hatten gezeigt, dass die Zerstörungskraft von Anonymous am größten war, wenn es sich um eine Racheaktion handelte und die Aktionen von einer Kerngruppe geleitet wurden. Aber mit einem Spaßvogel und Sprecher wie Topiary entstand eine Gruppe mit noch größerem Potenzial: Sabu mit seiner Leidenschaft, Kayla mit ihren Fähigkeiten und Topiary mit seinem Redetalen.

Kapitel 13: Verschwörung (verbindet)
    Wenige Tage nach dem Live-Hack gegen Westboro wurde Topiary immer beunruhigter darüber, dass inzwischen über 1 Million Menschen seine Stimme gehört hatten. Er versuchte, sich von diesen Gedanken abzulenken, indem er sich die E-Mails von Aaron Barr noch einmal vornahm. Er starrte fasziniert auf den Bildschirm seines Dell-Laptops und stieß alle paar Stunden auf eine Textzeile, die in noch tiefere Tiefen des Kaninchenbaus zu weisen schien und auf eine düstere und schmutzige Verschwörung hindeutete.
    Gegen Ende Februar, als Jennifer Emick gerade ihre eigenen Theorien über Anonymous aufstellte, stieß Topiary auf Theorien, die über die Welt von Anonymous hinausreichten und mit dem US-Militär zu tun hatten. Sabu und Kayla hatten kein wirkliches Interesse mehr an dem Thema oder den E-Mails, aber Topiary blieb schon allein wegen der schieren Möglichkeiten bei der Sache, und das war größtenteils das Verdienst von Barrett Brown, einem neunundzwanzigjährigen Journalisten aus Texas, der mit Leidenschaft daran arbeitete, Korruption in der Regierung aufzudecken.
    Topiary hatte am Tag vor dem Angriff auf HBGary das erste Mal von Brown gehört. Der Journalist hatte an jenem Samstag eine gefälschte Erklärung von Anonymous auf dem linkspolitischen Blog Daily Kos veröffentlicht. Der Titel des skurrilen Artikels lautete »Anonymous räumt Niederlage ein«. Brown behauptete darin, Barr habe herausgefunden, die wahren Anführer von Anonymous seien

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