Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
monoton.
Zunächst fanden Brown und Topiary das, was sie hörten, überaus aufregend. OpLeakS, selbst ein überzeugter Unterstützer von Anonymous, erzählte, ihn habe ein Ex-Angestellter der Bank of America kontaktiert, der sieben Jahre für die Bank gearbeitet und dort angefangen hatte, als die Bank die Balboa-Versicherung übernommen hatte. OpLeakS und der Ex-Banker hatten mehrere Tage lang E-Mails ausgetauscht. Jedes Mal, wenn OpLeakS eine Frage zur Bank of America stellte, bekam er als Antwort immer schärfere Beschwerden darüber, wie der Kreditgeber faule Darlehen kaschiert hatte, und über die Günstlingswirtschaft der Manager. Das seien alles Hinweise auf schmutzige Praktiken bei der Darlehensvergabe, erzählte er Brown und den anderen über Skype, Dinge, die die Bank of America zu Fall bringen konnten. »Warum schickst du die E-Mails nicht rüber, damit wir einen Blick darauf werfen können?«, bot Topiary an. Er ging davon aus, dass nach der Sache mit WikiLeaks alles, was über die Bank of America durchsickerte, auf Interesse stoßen würde. Er fügte noch hinzu, man könne die E-Mails von OpLeakS auf der neuen AnonLeaks-Website bereitstellen.
OpLeakS war an beiden Optionen nicht interessiert, aber er schickte der Gruppe eine Handvoll E-Mails zur Stützung seiner Aussagen. Brown war enttäuscht. Es hatte sich so angehört, als könnten die Behauptungen des Ex-Mitarbeiters die Bank of America bloßstellen, aber OpLeakS hatte nichts zu bieten, das eine internationale Bank zu Fall bringen konnte. Erst kurz zuvor hatte es Gerüchte gegeben, WikiLeaks sei im Besitz von explosivem Material über die Bank of America. Da konnten OpLeakS Behauptungen schnell zu Verwirrung und zu der Vermutung führen, es gäbe da einen Zusammenhang. Anonymous und WikiLeaks waren inzwischen eng miteinander verbunden durch die DDoS-Angriffe im Rahmen von Payback und die Verwendung des Namens AnonLeaks. Aber natürlich hatten die Daten von OpLeakS nicht das Geringste mit WikiLeaks zu tun, und sie hatten auch nicht wirklich das Potenzial, der Bank zu schaden.
Überraschenderweise griffen die Medien diese Tweets auf und nahmen sie ernst. »Anonymous, eine Hackergruppe, die mit WikiLeaks sympathisiert, plant die Veröffentlichung einiger E-Mails, die sie von der Bank of America beschafft haben«, berichtete Reuters am Sonntag, dem 13. März. Blogs wie Gawker und Huffington Post griffen die Meldung auf. OpLeakS war durch einen glücklichen Zufall auf genau die Story gestoßen, auf die alle warteten. Im Dezember 2010 veröffentlichte die Zeitschrift Forbes eine Titelgeschichte, in der Julian Assange ankündigte, er werde eine große Menge geheimer Daten der Bank of America veröffentlichen, die der Bank sehr schaden konnten. Aaron Barr hatte auf diese Drohung hin den Finanzjuristen Hunton & William vorgeschlagen, WikiLeaks in Verruf zu bringen. Das Problem war nur, dass keiner wusste, wann die Daten tatsächlich veröffentlicht werden würden. Daher waren die Erwartungen sehr hoch, als Anonymous, also die Gruppe, die bereits HBGary, PayPal, Visa und MasterCard angegriffen hatte, anscheinend auf eigene Faust gegen die Bank of America losschlagen wollte. Zu hoch.
Am Montagmorgen postete OpLeakS wie angekündigt die E-Mails, die er mit dem Ex-Mitarbeiter der Bank of America ausgetauscht hatte, auf einer Nebenseite seines eigenen Wordpress-Blogs, bankofamericasuck.com, unter dem Titel »Schwarzer Montag: Ex-Mitarbeiter der Bank of America hat Beweise für Hypothekenbetrug Teil I«. (Es gab nie einen zweiten Teil.)
»Mein Name ist OperationLeakS«, begann der Post, »lest jede Zeile und jeden Screenshot.« Es folgten Screenshots der E-Mails, die zwischen OperationLeakS und dem Ex-Banker ausgetauscht worden waren. Darin tauchten Fragen auf wie: »Können Sie beweisen, dass Sie für die Bank of America arbeiten?«, »Ist es wie in einer Sekte?«, »Warum wollen Sie bei BoA unbedingt Köpfe rollen sehen?«, »Als Sie gefeuert wurden, haben Sie Ihre Sachen, Bilder etc. mitgenommen?« Diese letzte Frage wurde gefolgt von einem Foto, das der Ex-Mitarbeiter mitgeschickt hatte: eine halbtote Pflanze, etwas Erde und eine kleine amerikanische Flagge in einem Karton.
Der Andrang auf www.bankofamericasuck.com war so groß, dass viele Leute bei dem Versuch, die Seite aufzurufen, eine Fehlermeldung bekamen oder die Seite nur sehr langsam geladen wurde. Halah Touryalai, die für Forbes von der Wall Street berichtete, sah sich die E-Mails als eine der
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