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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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Einfluss auf den Straßenverkaufspreis des Stoffes, mehr nicht. Den Nachschub von Drogen und die Verfügbarkeit auf Dauer zu unterbindens gelingt keiner Polizeidienststelle der Welt.
    Außerdem hat die Prohibition von Alkohol in den Vereinigten Staaten in den 1920er- und 1930er-Jahren den Aufstieg der organisierten Kriminalität, nicht zuletzt der amerikanischen Cosa Nostra, erst entscheidend ermöglicht. Diese baute mithilfe des erwirtschafteten Schwarzgeldes ein Imperium auf, dessen gewachsene Strukturen jeglichen Verfolgungsdruck überstanden.
    Ist es in Deutschland vielleicht bereits zu spät, gewachsene Strukturen der organisierten Kriminalität auf Dauer zu zerstören?
    Solche Reflexionen verscheuchen Polizisten gern aus ihren Köpfen. Denn wer will sich schon eingestehen, dass sein täglicher Kampf gegen Windmühlen nichts, aber auch gar nichts an den Zuständen seiner Stadt oder seines Landes ändert. Wenn Männern oder ganzen Gruppierungen Straftaten in diesem Bereich nachgewiesen werden und diese für die nächsten Jahre hinter schwedische Gardinen wandern, dann stehen nachrückende Gruppen und Clans schon bereit. Wirklich ändern würde sich nichts, wahrscheinlich gäbe es nur einen Verteilungskampf konkurrierender Banden. Das Geld würde einfach in andere Taschen fließen.
    Aufgrund dieser Überlegungen leisteten sich Christian und einige Polizisten den patriotischen Luxus, dieses Geld eher deutschen Rockern zu gönnen, als es bei mafiösen Banden im Ausland versickern zu sehen. Diese Einstellung war aber nicht so stark ausgeprägt, dass es Auswirkungen auf ihre Arbeit, ihre Aufträge gehabt hätte. Dazu waren sie dann doch zu sehr Polizeibeamte.
    Ob durch ihre polizeilichen Tätigkeiten kriminelle Höllenengel ins Gefängnis wanderten, war zwar bereits entschieden, doch davon ahnte die feuchtfröhliche Männerrunde noch nichts.
    Die Affinität Christians und seiner Freunde zu dem Hannoveraner Charter der Hells Angels beruhte größtenteils auf eigenen Erfahrungen. In den 90er-Jahren waren sie gelegentlich im Hannoveraner Rotlichtviertel unterwegs gewesen, bei Junggesellenabschieden, Geburtstagsfeiern oder Männerwochenenden. Was junge Polizisten im Rudel halt so unternehmen.
    Am Anfang herrschte im Steintorviertel noch ein verrufener und gefürchteter Albanerclan. Es gab Schießereien, und auch so manches Messer saß viel zu locker in der Hand. Man sah auf der Straße Prostituierte, die eine Backpfeife einstecken mussten, und einige traf es deutlich schlimmer. Entweder arbeiteten sie nicht an dem ihnen zugewiesenen Platz, oder das verdiente Geld erreichte noch nicht das eingeforderte Tagespensum. In den 90er-Jahren setzte sich dann Frank H. mit seinem damaligen Rockerclub, den Bones MC, gegen die albanische Konkurrenz durch. Er verdrängte den Clan und befriedete Schritt für Schritt die Rotlichtmeile.
    Der Übertritt von annähernd 250 Bones-Rockern – dem damals bedrohlichsten Motorradclub Deutschlands – im November 1999 zum globalen Hells-Angels-Netzwerk soll maßgeblich durch Frank H. und das bereits existierende Stuttgarter Hells Angels Charter eingefädelt worden sein. Mit der weltweit größten und gefürchtetsten Rockergang im Rücken zementierte er seine Führungs- und Machtposition in Hannover und darüber hinaus.
    Von all dem Treiben hinter den Kulissen bekamen Christian und seine Jungs nicht viel mit. Sie registrierten allerdings die sichtbaren Veränderungen. Die düster dreinblickenden fremdländischen Gestalten verschwanden nach und nach an den Türen der Etablissements, und aus den dunklen Hinterzimmern drang kein babylonisches Sprachwirrwahr mehr, die neuen Herren sprachen Deutsch. Die Bars, Tabledance-Läden, Discotheken und Bordelle wurden renoviert und professioneller gemanagt. Krawalle, Messerstechereien und Schlägereien verschwanden fast vollständig von der Straße.
    Christian war nicht realitätsfremd, natürlich wusste er, dass im Hintergrund noch gewalttätige Auseinandersetzungen erfolgten und die Prostituierten genauso viel abdrücken mussten wie vorher. Aber auf den ersten Blick herrschte Ordnung. Aus dem einstigen zwielichtigen Rotlichtviertel war schrittweise eine Partymeile geworden, die mittlerweile wie ihr Vorbild, die Hamburger Reeperbahn, zu einem regelrechten Publikumsmagneten geworden war.
    Auch Hannoveraner Polizisten bestätigten den positiven Wandel des Polizeibezirks Hannover-Mitte, des Steintorviertels, was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass

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