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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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diesen Maßnahmen den Vorfall auf kleiner Flamme zu kochen und einer medialen Berichterstattung zu entkommen. Dies gelang 18 Monate, erst dann kam es zum endgültigen Showdown, den man nicht länger verheimlichen konnte, der Gerichtsverhandlung.
    Gegen zwei Elitepolizisten auf der Anklagebank fuhr die Staatsanwaltschaft fünf Zeugen auf: einen vorbestraften Drogensüchtigen und vier Polizisten. Vier Kollegen. Die Streifenwagenbesatzung am Tatort und das Observationsteam der Einsatzhundertschaft.
    Erst durch den Prozess erhielten die örtlichen Medien Kenntnis von dem Vorfall und berichteten ausführlich darüber. Aber der Behördenführung gelang es weiterhin, dem Verfahren die Brisanz zu nehmen. Es klappte, die Zugehörigkeit beider Angeklagten zum Spezialeinsatzkommando zu verheimlichen, wodurch eine bundesweite Presseberichterstattung verhindert werden konnte. Weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht gingen auf diesen Punkt näher ein. Ob dies aus Unkenntnis der Sachlage oder aus Rücksichtnahme auf die Polizeibehörde geschah, ist unklar.
    Die Brisanz dieser Gerichtsverhandlung war jedem innerhalb der Polizeiführung bewusst, und alle warteten gespannt auf die Vernehmung des Observationsteams. Doch zuerst äußerten sich die beiden SEK-Männer, die bei ihrer protokollierten Aussage blieben und diese bestätigten. Das Opfer erschien trotz Ladung zunächst nicht zum Gerichtstermin. Der sich mittlerweile in einem Methadonprogramm befindliche Ex-Junkie wurde deshalb auf Anweisung des Vorsitzenden von Polizisten dem Gericht zugeführt. Sein Zustand war desolat, erst seit Kurzem war die stationäre Behandlung einer Leberzirrhose in der Klinik beendet worden. Er benötigte schwere Medikamente und litt unter Konzentrationsschwierigkeiten. Das Gericht ordnete einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand an. Die Staranwälte schonten ihn nicht und versuchten, seine Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Doch Manfred hielt sich überraschend gut vor Gericht. Im Kern blieb er bei seiner Aussage, ohne sich in größere Widersprüche zu verwickeln.
    Die Verhandlung erforderte mehrere Gerichtstage, und anfangs nahmen einige Kollegen der SEK-Männer daran teil, um ihren Kameraden in dieser schweren Stunde beizustehen. Zur Begrüßung umarmten sich die Männer wie üblich. Dies missfiel offenbar dem prozessbegleitenden Journalisten der ARD-Fernsehanstalt des Bundeslandes, der diese freundschaftlichen und aufmunternden Gesten als »Verbrüderungsszenen vor Gericht« stigmatisierte. Daraufhin gab es weitere Vier-Augen-Gespräche in der Behörde, in denen unmissverständlich Druck aufgebaut und klargemacht wurde, dass die Polizisten keine weiteren Gerichtssitzungen mehr persönlich besuchen sollten – wohlgemerkt in ihrer Freizeit.
    Nicht nur die Männer des SEK-Kommandos waren außer sich, tief enttäuscht und verärgert über ihren Dienstherrn. Seit Jahren arbeiteten und trainierten sie zusammen, ohne Zögern riskierten sie jederzeit ihr Leben auf Befehl der Behörde, doch jetzt, da ihre Kameraden Beistand und Unterstützung dringend brauchten, sollten sie diese von einem Tag auf den anderen fallen lassen. Und das nur, weil die Polizeiführung um ihr öffentliches Image besorgt war. »Verlogene Schreibtischtäter« war noch einer der netteren Kommentare, die ihnen über die Lippen gingen. Das alles wegen einer Schlägerei, einer Schlägerei Samstagnacht mit einem mehrfach vorbestraften Drogensüchtigen. Was erwarteten die weltfremden und glatt gebügelten Vorgesetzten auch von ihren Männern? Sie bildeten sie zu Kämpfern, zu Kriegern aus und wunderten sich, wenn sich dieses antrainierte Verhalten auch auf ihr privates Konfliktverhalten auswirkte. Jeder Polizist wusste jetzt, wie sich die Behörde verhalten würde, falls einmal schwerwiegendere Probleme entstehen würden. Man würde allein im Regen stehen ohne jegliche amtliche Unterstützung, das war nun jedem bewusst und wirkte nicht gerade motivationsfördernd.
    High Noon im Gerichtssaal – am heutigen Verhandlungstag stand die Aussage des Observationsteams an. Die Aussagen der zwei Beamten der Einsatzhundertschaft, einer Frau und eines Mannes. Die protokollierten Aussagen ihrer schriftlichen Vernehmung waren eindeutig. Aber wie würden sie sich vor Gericht verhalten, Aug in Aug mit den zwei angeklagten Kollegen? Würden sie etwas Schärfe aus ihren Formulierungen nehmen und den Verteidigern so Interpretationsmöglichkeiten schaffen?
    Gerold wurde als Erster vernommen, er blieb im

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