Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Schweiz Kenntnis erlangt hatte und um eine Rückmeldung bat. Das führte in der Regel auf Anraten der jeweiligen Steuerberater rasch zu Selbstanzeigen und erleichterte am Ende die Lösung der einzelnen Sachverhalte.
Ganz besonders unangenehm wurde es für all jene Bankkunden, die aufgrund der Datenpanne und den daraus resultierenden Ermittlungen eingestehen mussten, dass sie nicht nur Kapitalerträge unversteuert ließen, sondern auf den verschleierten Auslandskonten auch noch Schwarzgeld vor dem Finanzamt verbargen. Denn naturgemäß fanden wir nicht nur bereits versteuerte Gelder in Luxemburg, Gibraltar oder der Schweiz, sondern konnten mehrheitlich auch noch Hinterziehungen im Rahmen einer manipulierten Steuererklärung nachweisen. Ein Tsunami, den auch die Bank, die meinte, mit dem Erpresser Spielchen treiben zu können, nicht vorhergesehen hatte.
Am Ende stand auch die Frage im Raum, was mit all den Transfers passieren würde, die wir nicht klären konnten. Es stand fest, dass sich die Bank in unzähligen Fällen der Beihilfe schuldig gemacht hatte und man davon ausgehen konnte, dass sie aufgrund fehlender Kooperation die bis dahin nicht entschlüsselten knapp 20 Prozent aller Transfers über das Pipeline-Konto ebenfalls zu verantworten hatte. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Vorstandsebene gab sich die Staatsanwaltschaft mit einer Nachzahlung der Bank in Höhe von knapp 70 Millionen Mark zufrieden.
Das Nachspiel
In der Folgezeit wurden weitere Bankhäuser im gesamten Bundesgebiet durchsucht. Die Steuerfahndung Münster nahm sich die Chefetage und die Transfers der DG-Bank vor, unsere Düsseldorfer Kollegen gingen noch einmal in die Dresdner Bank. Merrill Lynch, Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken, Helaba, WestLB, Südwest LB, Trinkaus & Burckhardt, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co. – selbst die Deutsche Bank musste sich im Zusammenhang mit Hinterziehungen aus Auslandstransfers Durchsuchungen gefallen lassen.
Noch am 2. Januar 1997 meinte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Karl-Heinz Wessel, laut einer Meldung der Süddeutschen Zeitung, es sei unerträglich, dass seit 1994 Kreditinstitute flächendeckend durchsucht sowie Tausende von Kunden und Bankangestellten dem Verdacht der Kriminalität ausgesetzt würden. Hilmar Kopper, Chef der Deutschen Bank und Vorstandsmitglied des BdB – berühmt geworden durch seinen Ausspruch, bei einer Schadenssumme in Höhe von 50 Millionen Mark handle es sich nur um Peanuts – wollte sogar Parallelen zu den Methoden bei der Verfolgung von RAF-Terroristen erkannt haben und erklärte, die Rasterfahndung, in die seinerzeit auch Banken einbezogen waren, habe damals dazu gedient, Mördern auf die Spur zu kommen. Dieses Verfahren sei damals als rechtswidrig betrachtet worden. Heute jedoch werde gegen unschuldige Kunden das gleiche System angewandt.
Eine bemerkenswerte Sicht der Dinge, die den Bundesvorsitzenden der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, dazu veranlasste, dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, einen Brief zu schreiben. Darin heißt es:
»... Es ist unerträglich, wenn Sie die mühevolle Kleinarbeit meiner Kolleginnen und Kollegen in Steuerfahndungsstellen derart diffamieren. Sie wissen, dass Rasterfahndungen ganz etwas anderes sind. Es ist vielfach offenbar aus dem Blickfeld geraten, dass Steuerhinterziehung eine Straftat ist (§ 370 AO), die mit bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Wer dabei mithilft, Steuern zu hinterziehen, begeht ebenfalls eine Straftat, nämlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§ 27 Strafgesetzbuch in Verbindung mit § 370 AO) ...
Wenn die Meldung stimmen sollte, dokumentiert sie eine außerordentliche Überheblichkeit unserer Rechtsordnung gegenüber.
Ich will nicht glauben, dass Spitzenrepräsentanten bewusst die Rechtsordnung ignorieren und das Recht nur reklamieren, wenn es ihnen angenehm ist ...«
Der Chef der Deutschen Bank offenbarte in der Tat eine bemerkenswerte Rechtsauffassung, was die deutschen Gerichte jedoch nicht davon abhalten konnte, hohe Geldstrafen gegen Bankvorstände und leitende Angestellte wegen Beihilfe zu verhängen. Und was vor allem die Steuerfahndungsstelle Frankfurt nicht daran hindern konnte, am 15. Juni 1998 bundesweit mit rund 300 Ermittlern und sieben Staatsanwälten die Zentralen der Deutschen Bank AG in Frankfurt und Eschborn sowie Filialen in Frankfurt, Freiburg, Kassel und
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