Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
kleinen Ritt nach York?»
* 5
Unterdessen saß Trevor völlig niedergeschmettert im Untersuchungszimmer, bewacht von einem gelangweilt dreinschauenden, rotwangigen Constable, der kaum älter war als er selbst. Ein weiterer Beamter von ähnlichem Alter und Erscheinungsbild (so ähnlich, daß die Anwohner in ihrem Revier sie die «Zwillings-Bobbies» getauft hatten) stand draußen am Empfang und wartete auf den KripoBonzen aus Eastvale.
Nach der leicht schmerzenden und äußerst demütigenden Untersuchung hatte man Trevor gebeten, noch auf das Testergebnis zu warten. Er war nervös und hatte Angst, aber nicht vor der Polizei; sich um zwei Probleme gleichzeitig zu sorgen überforderte sein jugendliches Gemüt. Insofern war er äußerst überrascht, als plötzlich Constable Parker in der Tür erschien, dicht gefolgt von Dr. Willis.
«Tut mir leid», meinte Dr. Willis leicht verlegen, nahm seine Brille ab und polierte die Gläser an seinem weißen Kittel. «Da liegt sicher nur ein kleines Mißverständnis vor, das sich bestimmt leicht klären läßt, nicht wahr?» Unter den Augen des Polizisten zog er eine Spritze auf und verabreichte Trevor die erste der für seine Behandlung erforderlichen Injektionen. Danach blieb nichts weiter zu tun, als zu warten und sich innerlich auf das nächste Problem einzustellen.
Es war schon gegen sechs Uhr, als Banks und Hatchley die Klinik erreichten - sie hatten nicht mit dem abendlichen Verkehrschaos im Labyrinth von Yorks Einbahnstraßen gerechnet. Constable Spinks führte sie zu dem Untersuchungszimmer, wo Trevor wartete und eine höhnische Grimasse zog, als er Banks eintreten sah.
«Hallo, Trevor», grüßte Banks. «Wie ich sehe, ist Ihnen eine Zahnfüllung abhanden gekommen seit unserer letzten Begegnung.»
Wortlos erhob sich Trevor von seinem Stuhl und folgte den beiden Beamten mit mürrischer Miene zu ihrem Wagen. Die Rückfahrt durch die Dunkelheit in das heimatliche Eastvale verlief schweigend.
Das Gesetz schrieb vor, daß ein Heranwachsender nur in Gegenwart seiner Eltern einer Straftat bezichtigt werden durfte, und da es wahrscheinlich zu einer Anklage kommen würde, mußte sich Banks als erstes mit Graham Sharp in Verbindung setzen, nachdem das Trio auf der Polizeistation Eastvale angekommen war.
Niemand sprach mit Trevor, bis sein Vater gekommen war.
Banks telefonierte gerade mit Sandra, um ihr mitzuteilen, daß es wieder einmal spät werden würde, als Graham Sharp von PC Gay in das ohnehin schon überfüllte Büro geführt wurde.
Nachdem Trevor und sein Vater vor Banks Schreibtisch Platz genommen hatten und Sergeant Hatchley am Fenster mit seinem Notizblock bereit stand, konnte die Vernehmung beginnen. Banks rückte die Akten auf seinem Tisch zurecht, sortierte die Schreibstifte vor seinem Platz und schaute Trevor an.
«Was haben Sie in dieser Klinik gemacht?» begann er.
«Was glauben Sie wohl?» meinte Trevor sarkastisch.
«Nun, Sie haben sich wohl kaum Ihre Zahnfüllung erneuern lassen, das ist mal sicher.»
«Was soll das alles?» protestierte Graham Sharp. «Welche Klinik? Wovon reden Sie überhaupt?»
«Mr. Sharp», erklärte Banks geduldig, «nach dem Gesetz müssen Sie anwesend sein, wenn die Möglichkeit einer Strafanklage gegen Ihren Sohn besteht - aber ich bin hier derjenige, der die Fragen stellt. Ist das klar?»
«Ich habe das Recht, meinen Sohn zu schützen.»
«Das haben Sie. Und es steht ganz in Ihrem Belieben, ihm den Rat zu geben, meine Fragen nicht zu beantworten, wenn Sie das für nötig halten. Einstweilen aber sollten Sie sich vor Augen halten, daß man ihm noch gar nichts zur Last gelegt hat.»
Graham Sharp lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück, leicht verärgert und verwirrt.
«Warum sind Sie nicht in die Klinik von Eastvale gegangen?» wandte sich Banks wieder an Trevor.
«Wußte gar nicht, daß es hier auch eine gibt.»
«Und wie haben Sie von der in York erfahren?»
«Durch einen Mitschüler.»
«Bei wem haben Sie sich den Tripper geholt?»
«Einen Moment mal!» meldete sich Sharp erneut. «Das geht wirklich zu weit! Welcher Tripper? Wer soll hier geschlechtskrank sein?»
«Ihr Sohn, Mr. Sharp. Er hat Gonorrhöe. Ist das richtig, mein Junge?»
Trevor antwortete nicht.
«Es macht keinen Sinn, das zu leugnen», drängte Banks. «Der Arzt hat schließlich die Tests gemacht. Wir brauchen ihn nur anzurufen
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