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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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bereits ganz dicht vor ihr, so daß sie seinen fliegenden Atem spüren konnte. Sie wich zurück und befand sich unversehens zwischen dem Projektor und der Leinwand. Das Bild an der Wand verzog sich, die Konturen des Aktmodells schienen sich um ihren eigenen Körper zu wickeln wie eine aufgemalte zweite Haut und mit ihr zu verschmelzen, während sie wie versteinert dastand und einen fremden, gänzlich verwandelten Robin näher kommen sah.
     
    * 2
     
    Mick warf sich noch eine Handvoll seiner Pillen ein und trat wieder ans Fenster. Draußen war es dunkel geworden, und die Leuchtröhren der hohen, schlanken Straßenlaternen glühten in einem ersten schaurigen Rot, bevor sie langsam ihren gewohnten gelblichen Schimmer annahmen.
      Immer noch kein Zeichen von Trevor. Beunruhigt setzte Mick seine rastlose Wanderung durch das Zimmer fort. Der Effekt der ersten Ladung Amphetamine war inzwischen abgebaut, aber der zweite Schub begann allmählich seine Wirkung zu zeigen. Auf Stirn und Kopfhaut prickelte der Schweiß und juckte unter den kurzen Haarborsten. Sein Herz hämmerte wie ein Artilleriesperrfeuer, aber er fühlte sich gar nicht gut. Er war höchst beunruhigt. Wo, zum Teufel, steckte dieser Bastard von Trevor? Er hatte schon vor zwei Stunden hier sein wollen.
      Als das Licht der Laternen sich zu einem trüben Gelb verfärbte wie altes Papier, war Mick noch nervöser und zappeliger geworden. Er fühlte einen Anfall von Klaustrophobie, das Zimmer war plötzlich zu eng. Seine Muskeln schienen an den Kleidern zu zerren, und seine Hirnmasse fühlte sich an, als quille sie über den Rand seiner Schädeldecke. Irgendwas ging da draußen vor. Sie waren hinter ihm her. Er schaute erneut aus dem Fenster, diesmal etwas vorsichtiger, um nicht gesehen zu werden.
      Ein Mann mit einem Homburg auf dem Kopf führte seinen Jack Russell spazieren. Er wanderte schon seit Stunden mit diesem Köter straßauf, straßab, immer am Rand des Grüngürtels entlang, unter den Laternen, und Mick hatte das sichere Gefühl, daß er immer wieder verstohlen zu seinem Haus schaute. Ein bißchen weiter weg auf der Grünfläche, wo man die Lichter der vornehmen Hütten von der anderen Seite durch die im Wind tanzenden Blätter und Zweige blinken sah, stand ein junges Paar unter einem Baum. Das Mädchen hatte sich mit dem Rücken an den Stamm gelehnt, und der junge Mann stand davor, hatte den Arm über ihrem Kopf gegen den Baum gestützt und redete auf sie ein. Sicher sollten sie nach einem Liebespaar aussehen, dachte Mick, so war es jedenfalls geplant, aber ihm konnte man nichts vormachen. Er sah genau, wie das Mädchen ständig zur Seite guckte, an dem Knaben vorbei, statt sich ihm mit voller Aufmerksamkeit zu widmen. Wahrscheinlich sprach er gerade in einen Mini-Sender, den er vorn in seinem Revers versteckte, und verständigte sich über Funk mit dem Spaziergänger. Und die drei waren nicht die einzigen. Etwas tiefer im Unterholz verwandelten sich die hohen Schatten, die er eben noch für Baumstämme gehalten hatte, in menschliche Gestalten, und wenn er die Ohren spitzte, konnte er sogar hören, wie sie leise miteinander tuschelten.
      Er hielt sich die Ohren zu, zog sich ins Innere des Zimmers zurück und legte eine laute Rock-Platte auf, um die flüsternden Stimmen zu übertönen. Vergeblich - das Raunen hatte sich bereits in seinem Kopf festgesetzt, und selbst die Klänge der Musik waren plötzlich Teil eines finsteren Komplotts, einer Verschwörung, die seine Wachsamkeit einschläfern sollte. Das war es, was sie wollten, genau das. Er riß den Tonkopf herunter, fuhr krachend mit dem Saphir über die Platte und trat wieder ans Fenster. Er mußte auf der Hut sein, höchste Achtsamkeit war jetzt geboten.
      Draußen hatte sich nichts geändert. Der Mann mit dem Hund hatte kehrtgemacht und kam wieder zurück. Er hielt an einem Baum, lockerte die Hundeleine und blickte in den Himmel, während der Hund das Bein hob. Das Liebespärchen täuschte einen innigen Kuß vor.
      Vielleicht war doch noch Zeit, sich aus dem Staub zu machen, überlegte Mick, leckte seine Lippen und fuhr sich mit dem Handrükken über die feuchte Stirn. Er mußte sich bereit machen. Wahrscheinlich wußten die da draußen noch gar nicht, daß er schon zu Hause war. Wenn er sich davonmachte, mußte er allerdings für eine Weile seinen Beobachtungsposten am Fenster verlassen, und diese Vorstellung war unerträglich. Aber es mußte sein, schließlich konnte er nicht

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