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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Einflüsse. Auf dem ganzen Heimweg nagte etwas in seinem Hinterkopf, etwas, das mit dem Verhör von Sharp zusammenhing. Trevors Reaktion auf die Sache mit Alice Matlock bestätigte zweifellos den Verdacht, den er schon lange gefaßt hatte, aber das war nicht die Frage. Da war etwas anderes ... Wie auch immer, es war zwecklos, sich jetzt damit zu quälen. Es mußte warten bis morgen.
     
    * 4
     
    Jenny und Sandra saßen immer noch zusammen, als er die Tür öffnete. Sie tranken Kakao mit Scotch, und Sandra hatte Jenny einen ihrer abgelegten Morgenmäntel geliehen.
      «Ich dachte, ihr wärt längst im Bett», wunderte sich Banks und hängte seinen Mantel auf.
      «Uns war nicht nach Schlafen zumute», meinte Sandra. «Aber jetzt, wo du davon sprichst, fühl' ich mich tatsächlich etwas müde.»
      «Ich auch», bekannte Jenny.
      «Ihr Bett ist bereit», erklärte Sandra. «Hoffentlich ist es auch bequem genug.»
      «Ich glaube, ich schlafe gleich wie ein Stein», meinte Jenny lächelnd und stand auf. «Gute Nacht, ihr beiden, und vielen Dank.»
      Während sie die Treppe hochging, ließ sich Banks neben Sandra auf das Sofa fallen. Wieder hatte er diese seltsame Atmosphäre zwischen den beiden Frauen bemerkt, als ob sie einer anderen Welt angehörten, zu der er keinen Zutritt hatte. Doch er war zu müde, um diese Frage zu ergründen. Zehn Minuten später folgten sie Jenny nach oben und schlüpften unter die Decken.
      «Worüber habt ihr denn so lange gesprochen?» fragte er, nachdem sie dicht zusammengerückt waren.
      «Ach, über dies und das.»
      «Über mich?»
      «Ein wenig. Aber überwiegend darüber, was das für ein Gefühl war.»
      «Und? Was war es für ein Gefühl?»
      «Das würdest du nie verstehen.»
      «Du könntest ja einen Versuch machen und es mir beschreiben.»
      «Ich möchte das nicht noch mal alles durchgehen heute. Ein andermal, Alan.»
      «Vielleicht ist es ein ähnliches Gefühl wie bei vorgehaltener Pistole.»
      «Vielleicht. Weißt du was? Es ist sehr seltsam, ich hatte schreckliche Angst, und ich habe ihn gehaßt, diesen Kerl - aber danach hat er mir einfach nur leid getan. Er sah aus wie ein kleines Kind, als ich auf ihn eingeschlagen habe. Er lag auf den Knien und hatte das Messer schon fallen lassen, wie ein kleines Kind. Meine Gefühle waren ganz durcheinander in dem Moment. Ich war ängstlich und wütend und verletzt, und da hab ich auf ihn eingeschlagen. Ich wollte ihn töten, das hab ich wirklich gewollt, aber er war einfach ein Bild des Jammers. Wie ein Kind, das nach seiner Mutter schreit.»
      «Du hast genau das Richtige getan», versicherte Banks, nahm sie in den Arm und fühlte, wie ihre Tränen warm über seine Schulter rannen.
      «Ich weiß, aber deshalb hab ich auch vorhin gesagt, du würdest es nicht verstehen. Du kannst es einfach nicht. Es gibt eben Dinge, die Männer nie begreifen werden, nicht in Millionen Jahren.»
      Banks fühlte sich erneut ausgeschlossen, und es erbitterte ihn, daß Sandra wahrscheinlich sogar recht hatte. Er wollte alles verstehen und hatte immer geglaubt, über genügend Anteilnahme, Gefühl und Vorstellungskraft zu verfügen, um dazu imstande zu sein. Und nun mußte er hören, daß seine Mühen vergeblich waren, daß er nie ergründen würde, welches Band die beiden Frauen verknüpfte und ihn ausschloß, nur weil er ein Mann war. Weil er dem Geschlecht angehörte, das sie beide zu Opfern gemacht hatte, das Macht über Frauen ausübte, das sie erniedrigte und mißbrauchte. In gewisser Weise spielte es keine Rolle, wieviel Güte und Verständnis er selbst aufbrachte - er war schuldig aufgrund seiner Zugehörigkeit zur anderen Hälfte der Menschheit.
      Während er langsam in den Schlaf sank, schwand seine Erbitterung, und er fand, daß diese Unterschiede vielleicht doch nicht so bedeutend und vernichtend waren, wie er sie im Augenblick empfand. Er war einfach nur erschöpft, und die Ereignisse des Abends hatten auch in ihm ihre unverarbeiteten Reste hinterlassen. Alles in allem war es wohl nur die Erkenntnis, daß eine Kluft existierte, die schon immer bestanden hatte, auch vor diesem Mißbrauch an Sandra. Eine Kluft, die wohl unüberbrückbar war, aber das Glück der Gemeinsamkeit und ihre Nähe nie ernsthaft gefährdet hatte und es sicher auch in Zukunft nicht tun würde. Der menschliche Geist war weitaus robuster und anpassungsfähiger, als es in Augenblicken düsterer Stimmung erschien.

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