Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
stehen?»
«Nein, natürlich nicht.» Banks wollte ihr das Verfahren eben mit Hilfe seines Bierkrugs demonstrieren, als er einen Schatten über dem Tisch bemerkte und ein höfliches Hüsteln vernahm. Sein Urheber war Fred Rowe, der wachhabende Sergeant.
«Pardon, daß ich Sie stören muß, Sir», sagte Rowe leise und zog sich einen Stuhl heran, «aber es hat etwas Ärger gegeben.»
«Erzählen Sie», meinte Banks auffordernd und stellte sein Bier ab.
«Eine alte Dame, Sir. Sie wurde tot aufgefunden.»
«Todesursache ? »
«Läßt sich noch nicht sagen, Sir, sieht aber verdächtig aus. Der Freund, der ihren Tod gemeldet hat, meint, man hätte die Wohnung ausgeraubt.»
«Okay, vielen Dank, Fred. Ich werde mir das gleich ansehen. Wie ist die Adresse?»
«Gallows View, Nummer zwei. Das ist unten bei...»
«Danke, ich weiß Bescheid. Holen Sie Sergeant Hatchley, er muß im Oak sein. Und schicken Sie Dr. Glendenning zum Tatort, und versuchen Sie, möglichst viele Jungs von der Spurensicherung aufzutreiben. Am besten benachrichtigen Sie auch gleich Detective Constable Richmond. Ist der Superintendent informiert?»
«Ja, Sir.»
«Gut, dann sagen Sie ihm, ich wäre unterwegs.»
Der Sergeant machte sich auf den Rückweg zum Revier, und auch Banks schickte sich zum Gehen an. Während er sich noch bei Jenny entschuldigte, fiel ihm plötzlich ein, daß Sandra heute abend den Cortina genommen hatte.
«Verdammt!» schimpfte er. «Jetzt muß ich doch noch rüber und mir einen Wagen besorgen.»
«Kann ich Sie nicht fahren?» erbot sich Jenny. «Ich weiß, wo Gallows View ist.»
«Würden Sie das tun?»
«Aber ja. Sie sind wahrscheinlich ohnehin über dem Limit, aber ich habe nur die Mini-Rationen getrunken.»
«Sie müssen aber im Wagen warten, weil Sie sich nicht am Tatort aufhalten dürfen.»
«Verstanden.»
«Okay, dann woll'n wir mal.»
«Ja, Sir», salutierte Jenny.
** 4
* 1
Der Regen hatte erst seit einer Stunde aufgehört, und die Luft war noch feucht und kühl. Trevor schlug den Kragen seiner Jacke hoch und hielt ihn eng um seinen Hals, während er über den Grüngürtel stapfte und über Micks Worte nachdachte. Hinter den georgianischen Doppelhäusern schwenkte er auf die alte Brücke aus dem vierzehnten Jahrhundert und spuckte kräftig in das Wasser, das sich in Kaskaden über die Terrassen des Flußbetts ergoß. Dann schlenderte er durch die Ufergärten und bog schließlich in die Straße, die sich in zahlreichen Windungen vom Castle Hill hinabschlängelte zum Marktplatz.
Manchmal machte ihm Mick regelrecht angst. Nicht wegen seines martialischen Aussehens, sondern wegen seiner Dummheit. Klar, daß Lenny keine höheren Prozente abgeben würde, aus dem einfachen Grund, weil Mick zu feige war, ihn zu fragen. Er, Trevor, war's nicht. Er hatte keine Angst vor diesem Lenny, ob mit oder ohne Kanone. War ihm wirklich total egal, das Schießeisen; er hatte sowieso den Eindruck, daß es für Mick nur ein blödes Spielzeug war, mit dem er angeben konnte.
Es mußten die Pillen sein, ganz bestimmt. Die Pillen und die angeborene Blödheit. Wenn man Mick nur ansah, konnte einem schlecht werden. Immer total verschwitzt und dann die blöden Sprüche. Und die Hopserei, von einem Bein aufs andere, als ob er pissen müßte - ein Bild des Jammers. Er selbst hatte die Dinger noch nicht probiert, aber er wollte es schon mal versuchen, irgendwann. Schließlich war er ja nicht wie Mick; ihm würden die Pillen bestimmt nichts anhaben.
Mit dem Sex hatte er's auch noch nicht probiert. Mick gab immer mächtig an, angeblich hatte er's mit so 'nem Flittchen getrieben, an der Mauer im Tunnel, aber das konnte ihn, Trevor, nicht beeindrukken. Selbst wenn's stimmte - er war beileibe nicht interessiert an solchen Vergnügungen. Er würde das alles auch haben - Drogen, Sex, was auch immer -, alles zu seiner Zeit, und zwar auf die feine Art. Und er würde schon wissen, wann die Zeit reif war.
Dieser neue Plan, der war allerdings nicht übel. Alte Leute hatten heutzutage sowieso keine Wertsachen mehr. Trugen wahrscheinlich den ganzen alten Plunder ins Pfandhaus, damit sie die Andenken nicht ganz vergaßen. Trevor mußte lachen bei dieser Vorstellung. Beim ersten Mal hatte es noch Spaß gemacht, war immerhin eine Abwechslung gewesen im Vergleich zu dem Kleinkram, blöden Touristen in die Taschen zu fassen - Euer Ehren, ich
Weitere Kostenlose Bücher