Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
wollte Köpfe rollen sehen.»
«Ein reizender Job, den Sie da haben.»
«Ich weiß. Und dazu noch ein ziemlich schmutziger ...»
«... aber einer muß ihn ja tun. Wo wir gerade von schmutzigen Geschäften reden», fuhr Jenny fort, «ich habe da ein paar Fälle für sie ausgegraben ...»
«Ich bin ganz Ohr.»
«Haben Sie schon mal was gehört von Charles Floyd oder Patrick Byrne?»
Banks schüttelte den Kopf. «Ich fürchte, ich kenne mich nicht besonders gut aus in der Geschichte der großen Kriminalfälle. Erzählen Sie.»
«Patrick Byrne ermordete 1959 ein junges Mädchen, in einer Jugendherberge in Birmingham. Er arbeitete auf einer Baustelle direkt nebenan und war eines Nachmittags von seinem Vorarbeiter nach unten in die Baubude geschickt worden, weil er betrunken vom Mittagessen zurückgekommen war. Von dort aus hatte er schon häufiger den Mädchen in der Jugendherberge beim Ausziehen zugesehen, aber bei dieser Gelegenheit spazierte er einfach hinein in das Gebäude und erwürgte eines der Mädchen. Dann zog er ihr die Kleider aus, vergewaltigte sie und trennte ihr anschließend mit einem normalen Tischmesser den Kopf ab. Außerdem machte er den Versuch, eine ihrer Brüste zu verspeisen. Mit etwas Zucker.»
«Klingt nicht sehr ermunternd, Ihre Geschichte.»
«In der Tat. Offenbar hatte Byrne schon mit siebzehn Jahren sadistische Phantasien gehabt, in denen er sich unter anderem vorstellte, die Frauen mit einer Kreissäge in zwei Hälften zu teilen. Wie er sagte, wollte er die Frauen dafür bestrafen, daß sie ihn durch ihren Sex in nervöse Spannungen versetzten. Vor dieser Tat hatte er sich damit begnügt, die Mädchen beim Ausziehen zu beobachten, aber der Alkohol und die Aufregung über die Rüge des Vorarbeiters hatten ihn in einen Zustand versetzt, der ihn Dinge tun ließ, zu denen er nie zuvor fähig gewesen war. Tatsächlich hatte er auch eine Notiz hinterlassen, auf der zu lesen stand: «Ich habe nie geglaubt, daß so etwas wirklich passieren würde. >»
«Ist der andere Fall ähnlich herzerfrischend?»
«Ja, aber es ist immerhin trostreich, daß er sich vor langer Zeit abspielte - nämlich in den vierziger Jahren -, und zwar in Texas. Charles Floyd pflegte die Damen zunächst beim Ausziehen zu beobachten, dann wartete er eine Weile, bis sie eingeschlafen waren, ehe er sie tötete und vergewaltigte - in exakt dieser Reihenfolge. Eine der Frauen hatte die Angewohnheit, nie ihre Vorhänge zu schließen, wenn sie sich auszog. Er beobachtete sie über mehrere Nächte, bis er eines Abends, nachdem sie eingeschlafen war, bei ihr einstieg, sie erschlug, ihren Kopf in ein Laken wickelte und sie vergewaltigte, um dann den Rest der Nacht mit der Leiche im Bett zu verbringen. Außer ihr tötete er noch verschiedene andere Frauen, und als man ihn schließlich faßte, gab er an, zu Anfang nur ein Voyeur gewesen zu sein und erst später gemordet und vergewaltigt zu haben, zu einem Zeitpunkt, als die sexuelle Erregung zu übermächtig geworden war.»
«Diese Frau, die ihre Vorhänge nicht zugezogen hat - war das nicht geradezu eine Einladung für ihn?» meinte Banks.
Jenny warf ihm einen eisigen Blick zu. «Dieses Thema haben wir doch wohl durch.»
«Richtig, und ich habe gesagt, daß die Frauen sich besser etwas vorsichtiger verhalten sollten, um die Männer nicht zu provozieren.»
«Und ich habe gesagt, daß es unser gutes Recht ist, uns so anzuziehen, wie wir wollen, und hinzugehen, wo es uns, verdammt noch mal, beliebt!»
«Wir sind uns also einig, daß wir uns uneinig sind.»
«Sieht so aus. Aber damit wir uns nicht mißverstehen - ich breche keineswegs eine Lanze für Frauen, die sich vor offenen Vorhängen ausziehen, das ist zweifellos ziemlich töricht. Was ich sagen will, ist lediglich, daß Floyd in erster Linie einen Gewalt- und weniger einen Sexualakt verübt hat und daß diese Dinge immer wieder passieren werden, solange die Männer nicht lernen, Frauen als Menschen und nicht als Sexualobjekte anzusehen.»
«So schön das auch klingt - ich glaube nicht, daß die Lösung so einfach ist», meinte Banks. «Zweifellos handelt es sich hier um Gewaltakte, aber überall in der Natur hat die Gewalt eine starke sexuelle Komponente. Meiner Meinung nach spricht einiges dafür, daß der Anstieg der Sexualverbrechen mit einem Anstieg der äußeren Anreize einhergeht - also mit der Kleidermode, mit Pornographie, Werbung, Film,
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