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Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche

Titel: Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
Autoren: Peter Robinson
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sie auch schon zur Tür hinaus. Ratlos staunend blieben die anderen zurück und überlegten, ob sie wohl die Wahrheit gesagt oder einfach nur versucht hatte, sich ein bißchen aufzuspielen.
     
    * III
     
    Von Helmthorpe aus ist York über zwei Strecken zu erreichen. Die erste windet sich bergauf durch Gratly, führt dann in einer Art Vogelfluglinie quer durch die Dales, um schließlich wenige Meilen vor der Stadt in die Hauptverkehrsstraße einzumünden. Die zweite Strecke ist weiter, dafür aber auch schneller. Sie führt zunächst über die Hauptstraße zurück nach Eastvale und von dort über die belebte York Road weiter in Richtung Südost. In Anbetracht des freundlichen Wetters und der Tatsache, daß für den Besuch bei Ramsden keine besondere Eile geboten war, entschied sich Banks für die erste Strecke.
      Nachdem er die angefangene Kassette wieder in den Rekorder geschoben hatte, fuhr er zu den Klängen von «Oh, Sweet Woods» den Hügel hinan, bog hinter dem Haus der Steadmans nach links ab und folgte der Straße, die sich langsam an den Hängen des Tals hochschraubte. In einem winzigen Dorf namens Mortsett hielt er einen Augenblick an, öffnete das Fenster und bewunderte ein malerisches Cottage mit einem Postschild über dem Eingang und einer Reklametafel für Wall's Ice Cream vor der Tür. Alles war still, bis auf die Insekten, die leise summend durch die warme Luft schwirrten. Ein seltsam unwirkliches Bild, wie von einem England aus den Tagen vor dem Ersten Weltkrieg.
      Nach Relton, an der Einmündung der Fortford Road, schien er die Zivilisation endgültig hinter sich gelassen zu haben. Im Nu war das Grün der Hänge in die dunkleren Tönungen einer heidekrautbestandenen Moorlandschaft übergegangen, die sich über eine Strecke von etwa zwei Meilen hinzog, bis sie sich langsam wieder im angrenzenden Tal verlor. Es war wie ein gemächliches Gleiten über eine sehr sanft geschwungene Achterbahn, nur gelegentlich unterbrochen von vereinzelten Schafen, die verloren über das schmale, kaum von der Landschaft unterscheidbare Asphaltband dahintrotteten. Auch ein paar Wanderer waren zu sehen. Sie traten zur Seite auf die holprige Grasnarbe, lächelten und winkten Banks zu, als er an ihnen vorbeifuhr.
      Der Verkehr auf der Hauptstraße mit ihrem dichten Strom von Lastern und Lieferwagen traf ihn wie ein Schock. Etwa eine Meile vor den Stadträndern Yorks erreichte er die Abzweigung, die ihm Mrs. Steadman beschrieben hatte, einen schmalen Fahrweg mit einer einsamen, leuchtendroten Telefonzelle an der Ecke. Er bog links ab, stieß nach etwa einer Viertelmeile auf den umgebauten Bauernhof, schwenkte in die unbefestigte Auffahrt ein und hielt vor einer offensichtlich neu errichteten Garage.
      Schon beim ersten Klingeln war Ramsden an der Tür, öffnete sie einen Spaltbreit und fragte Banks nach seinem Namen. Nachdem er dessen Ausweis gesehen hatte, schob er die Sicherheitskette zurück und bat den Inspector herein.
      «Man kann gar nicht vorsichtig genug sein», entschuldigte er sich. «Vor allem, wenn man so abgelegen wohnt.»
      Ramsden war ein großer blasser Mann mit dem leicht melancholischen Aussehen eines romantischen Poeten. Er hatte hellbraunes Haar, das er sich mit einer fahrigen Bewegung permanent aus der Stirn strich, auch wenn dazu kein Anlaß bestand. Jeans und Sweatshirt flatterten an ihm herum, als sei beides eine Nummer zu groß.
      «Entschuldigen Sie bitte die Unordnung», bat er, als er Banks in ein vollgestopftes Wohnzimmer führte und ihm einen Sessel neben dem riesigen, leeren Kamin anbot. «Sie sehen ja, ich renoviere. Ich war gerade fertig mit dem Vorstrich.» Ein Teil des Bodens war mit einer durchsichtigen Plastikplane bedeckt, auf der eine Trittleiter stand, zusammen mit einem Eimer blaßblauer Farbe, Rolle, Abtropfgitter, Pinseln und Terpentin. «Es geht doch wohl nicht wieder um diese Frau, oder?» erkundigte er sich.
      «Welche Frau?»
      «Vor ein paar Monaten haben irgendwelche Einbrecher ganz in der Nähe eine alte Frau umgebracht, und die Polizei hat ständig hier herumgeschnüffelt. »
      «Damit hab ich nichts zu tun, Sir, das ist Sache der hiesigen Behörden. Ich bin von der Mordkommission in Eastvale.»
      Ramsden runzelte die Stirn. «Wenn das so ist, dann verstehe ich nicht ganz... Verzeihen Sie, ich will nicht unhöflich sein, aber...»
      «Tut mir leid, Sir», antwortete Banks und griff nach dem WhiskySoda, den ihm Ramsden unaufgefordert
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