Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
ziemlich durcheinander, das ist wahr», erklärte Banks, «aber Mrs. Stanton, die Nachbarin, ist bei ihr und kümmert sich um sie.»
«Meinen Sie, ich sollte nach ihr sehen?»
«Das steht Ihnen selbstverständlich frei, Mr. Ramsden, aber ich würde sagen, daß man sie für heute vielleicht besser in Ruhe läßt. Außerdem ist sie vorläufig wohl in guten Händen.»
Ramsden nickte. «Natürlich, selbstverständlich...»
«Was ist mit Ihnen? Kommen Sie zurecht?»
«Ja, ich denke schon. Es war nur der Schock eben... Immerhin war ich seit über zehn Jahren mit ihm befreundet.»
«Könnten wir uns möglicherweise später noch einmal unterhalten? Über ein paar Hintergründe und solche Dinge?»
«Sicher, das läßt sich machen. Und wann?»
«So bald wie möglich. Wie wär's mit Dienstag vormittag? Bis dahin wissen wir vielleicht schon etwas mehr.»
«Ich werde im Verlag sein, Fisher & Faulkner. Im Moment ist nicht so schrecklich viel zu tun. Wenn Sie also im Büro vorbeikommen wollen...»
«Ja, das läßt sich machen.»
Banks ließ sich noch den Weg zum Verlagsgebäude beschreiben, dann verließ er Ramsden und machte sich auf die Heimfahrt nach Eastvale, diesmal über die kürzeste Strecke. Auf der Dienststelle erfuhr er, daß ihn Superintendent Gristhorpe bei sich zu Hause zum Tee erwartete. Nach einem kurzen Telefonat mit Sandra, die mit gewohnter Gelassenheit auf sein Ausbleiben reagierte, überprüfte er die eingegangenen Meldungen und stellte fest, daß sich während seines Besuchs bei Ramsden nichts Wichtiges getan hatte. Anschließend machte er sich zum zweiten Mal an diesem Tag auf den Weg nach Helmthorpe. Da es erst drei Uhr war und ihn Gristhorpe nicht vor fünf erwartete, blieb ihm reichlich Zeit, sich zu informieren, wie die Beamten vor Ort mit der Arbeit vorankamen.
Die Polizeiwache von Helmthorpe bestand aus einem umgebauten Cottage in einer schmalen, mit Kopfstein gepflasterten Straße, die vom östlichen Ende der High Street abzweigte und zum Fluß hinunterführte. Weaver fotokopierte gerade einen weiteren Satz von Aufrufen zur Information und erklärte, daß sich drei der Constables immer noch bei der Haus-zu-Haus-Befragung an der Hill Road aufhielten, während ein vierter dazu abgestellt sei, sich auf dem Campingplatz umzuhören.
Banks ahnte schon, daß ihnen dieser Campingplatz noch einiges Kopfzerbrechen bereiten würde. Immerhin galt es herauszufinden, wer am Samstag dort übernachtet hatte, aber da die meisten Camper inzwischen längst weitergezogen waren, war es wohl nachgerade illusorisch, hier auf brauchbare oder gar verläßliche Informationen zu hoffen.
Auch mit der Presse würde man sich noch zu befassen haben. Wie Hatchley bereits zutreffend vorausgesagt hatte, lauerten neben Reg Summers, dem Vertreter des lokalen Wochenblatts, bereits zwei weitere Reporter vor den Türen des Reviers und stürzten sich mit gezogenem Notizblock auf jeden, der hier ein- oder ausging. Banks legte zwar Wert auf gute Beziehungen zu den Vertretern der Presse, sah sich aber in diesem frühen Stadium der Ermittlungen außerstande, ihnen verwertbare Informationen zu geben. Um sie dennoch nicht zu verprellen und sie bei Laune zu halten - was sich vielleicht später noch als nützlich erwies zeigte er sich äußerst liebenswürdig, gab aber nur das Allernotwendigste preis.
Um zwanzig vor fünf überließ er Weaver seinen Pflichten und machte sich auf den Weg zur Gristhorpe. Auf der Fahrt beschloß er, am Abend ins Bridge zu gehen und Steadmans Zechgenossen unter die Lupe zu nehmen. Möglich, daß die Herren ein wenig ergiebiger waren als die bisherigen Zeugen.
* KAPITEL 3
* I
Um fünf Minuten vor fünf bog Banks in die Einfahrt, ließ den Wagen in der tiefen Fahrrinne stehen und legte die restlichen Meter zu dem breiten, geduckt daliegenden Steinbau zu Fuß zurück. Gristhorpe wohnte auf einem abgelegenen Bauernhof am Nordhang des Tals, oberhalb des Dörfchens Lyndgarth und auf halber Strecke zwischen Eastvale und Helmthorpe. Der Hof wurde nicht mehr bewirtschaftet, doch der Superintendent hatte einige Hektar Land für den Gemüseanbau behalten. Seit dem Tod von Mrs. Gristhorpe, fünf Jahre zuvor, lebte er allein und hatte eine Frau aus dem Dorf angestellt, die jeden Morgen nach oben kam, um nach ihm «zu sehen».
Das Gebäude war für Banks' Geschmack ein wenig zu streng und nüchtern, allerdings geradezu ideal an die
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