Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
sich hin: «... sicher, sie müssen natürlich sämtliche Aspekte überprüfen. Jeden Stein umkehren, von unten nach oben.»
«Laß die Platitüden», sagte Barker, «das tut ja weh.»
«Ich wüßte nicht, warum», schnaubte Barnes, «schließlich schreibst du doch selbst kaum was anderes.»
«Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man diese Klischees gebraucht, um die Wünsche des Publikums zu befriedigen und den Verlegern den Stoff zu geben, für den sie zahlen, oder ob man sie in intelligenter Gesellschaft vom Stapel läßt. Aber wie dem auch sei - du wirkst besorgt, Doc. Wessen Leiche hast du denn in deinem Keller vergraben?»
«Laß den Unsinn», sagte Barnes, «ich finde das alles gar nicht zum Lachen. Schließlich ist er wirklich tot, der arme Harry, und du weißt verdammt gut, wo ich gestern abend hin mußte. Mrs. Gaskells Kind ist schon eine Woche überfällig, und ich mache mir, offen gestanden, allmählich Sorgen.»
«Demnach kann sie dir also ein Alibi geben?»
«Natürlich kann sie das, falls es überhaupt dazu kommt. Aber was sollte ich eigentlich für einen Grund haben, dem guten Harry nach dem Leben zu trachten?»
«Oh, stille Wasser sind dunkel und tief», meinte Barker, die blumige Redeweise des Doktors nachahmend.
In diesem Augenblick betrat Teddy Hackett die Szene, von Kopf bis Fuß ganz der umtriebige Unternehmer. Er war stets mächtig herausgeputzt, trug wahlweise Hemden mit Monogramm oder Krokodilemblemen auf der Brusttasche, dazu eine protzige Goldkette und teure Designer-Jeans. Offensichtlich versuchte er, sich jünger zu machen, als er war, trotz schütter werdenden dunklen Haares und der stattlichen Wampe, die ihm über den Gürtel hing und die schwere, handgeschmiedete Silberschnalle mit dem Löwenkopf fast vollständig verdeckte.
Wenn Hackett nicht gerade Geld machte oder es mit seinen Kumpels vor Ort vertrank, pflegte er es in die Nachtklubs von Leeds, Darlington oder Manchester zu tragen und in jede einigermaßen attraktive junge Frau zu investieren, die ihm über den Weg lief. Das war allgemein bekannt. Ebenso wie die Tatsache, daß er recht wohlhabend war - mit einer Tankstelle und diversen Souvenirläden - und einen Blick hatte für Marktlücken. Er war der Typ des Unternehmers, der - wenn man ihm freie Hand ließ - ohne Bedenken das gesamte Tal aufgekauft und in einen gigantischen Rummelplatz verwandelt hätte.
«Mist, verdammter», schimpfte er, während er sich mit einem schäumenden Bier in der Hand auf seinem Stuhl niederließ. «Schöne Bescherung, was?»
Barnes nickte, und Barker drückte seine Zigarette aus.
«Irgendwas Näheres gehört?» erkundigte sich Hackett.
«Nicht mehr als die andern auch, würd ich sagen», meinte Barker. «Aber der Doc kann uns bestimmt weiterhelfen, nach der Autopsie.»
Barnes errötete vor Ärger. «Jetzt reicht's aber, Jack!» schnaubte er. «Das ist streng vertraulich. Außerdem ist Glendenning dafür zuständig, der Gerichtspathologe in Eastvale. Die können von Glück sagen, daß sie ihn haben. Guter Mann, einer der besten überhaupt, wie ich gehört habe.» Er warf einen Blick auf seine Uhr. «Würde mich nicht wundern, wenn er schon dabei wäre. Angeblich ist er mordsmäßig schnell.» Er stockte beschämt, als ihm seine unpassende Wortwahl bewußt wurde, und fuhr hastig fort: «Wie dem auch sei, ihr könnt sicher sein, daß bei der Sache nicht viel rauskommt.»
«Wie bei dem Tripper, den sich die kleine Joanie Lomax neulich eingefangen hat?»
«Jetzt gehst du aber wirklich zu weit, Jack. Ich weiß, du bist genauso betroffen wie wir. Warum kannst du das nicht einfach zugeben, statt dich aufzuführen wie eine Operettendiva, die auf ihre Premierenkritiken wartet?»
Barker rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her.
«Hat man hier schon jemanden vernommen?» fragte Hackett.
Seine Tischgenossen schüttelten den Kopf.
«Ich meine nur, weil ich diesen Kripomenschen gesehen habe. Ich bin sicher, daß ich ihn erkannt habe. Von diesem Foto in unserem Wurstblatt, letzten Herbst. Er steht da drüben an der Bar.»
Alle wandten den Kopf und sahen Banks am Tresen stehen, das Bein auf die Fußschiene gestützt und friedlich an seinem Bier nippend.
«Das ist er», bestätigte Barker. «Hab ihn heute morgen gesehen, als er bei Emma aus der Tür kam. Warum bist du denn so nervös, Teddy? Hast du was zu verbergen?»
«Nein, natürlich
Weitere Kostenlose Bücher