Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
Umständen auf einer dieser akademischen Versammlungen blicken lassen. Das wird langweilig, man bleibt lieber zu Hause, wo man sich gehen lassen kann, und mit den Jahren achtet man dann auch immer weniger auf sein Aussehen, Sie verstehen?»
Banks zog es vor, sich nicht dazu zu äußern, da er nicht ganz sicher war, ob Darnley seine eigene Frau meinte oder von Emma Steadman sprach.
Das Gespräch wandte sich wieder allgemeineren Themen zu und wurde vorwiegend von Darnley bestritten, während Banks allmählich bewußt wurde, daß er hier wohl an der falschen Adresse war und keine besonderen Erkenntnisse mehr erwarten konnte.
Als Banks ging, hatte er das Bild eines jungverheirateten Paares im Kopf - ähnlich dem, das Sandra und er einmal dargestellt haben mochten - und das eines Ehemanns, der im Begriff stand, eine steile akademische Karriere zu machen. Da waren die langen Sommer in Gratly, im Haus der Ramsdens; da war der Sohn Michael, jung und ehrgeizig und verliebt in Penny; da war das weite, blühende Tal, nichts als Frieden und Unschuld und die Aussicht auf eine wunderbare, glänzende Zukunft für alle.
Für Steadman schienen sich die Dinge tatsächlich immer besser und besser entwickelt zu haben; für Emma hatten sie den Rückzug aus der Öde des akademischen Lebens in die häusliche Langeweile gebracht; für Penny einen jähen Aufstieg in die wilde und aufregende Welt des Showbusiness, der sie einsam und zynisch gemacht hatte, losgelöst von ihren Wurzeln; und für Ramsden die stetige Entwicklung zum Publizisten und die Rückkehr in die geliebte nordische Heimat. Eine regelrechte Idylle, das Ganze, aber nun hatte es einen Toten gegeben. Was war falsch gelaufen ? Und warum?
Eine Stunde später war er der Lösung dieser Fragen nicht näher gekommen, aber sein Geist fühlte sich freier und leichter - trotz der dunklen Wolken während er durch die reizvolle Landschaft der Dales fuhr und Benjamin Brittens Variationen alter englischer Volkslieder mitsang.
* VI
Man hatte sich beim Griechen versammelt, schlürfte Cola und sprach über Jungs, unter den wachsamen, lüsternen Blicken des Wirts. Hazel Kirk hatte am Abend zuvor ihr erstes Date gehabt, mit Terry Preston, dem Sohn des Lebensmittelhändlers, und wußte höchst anregende Geschichten zu erzählen von den fleißigen Händen des jungen Mannes und von ihren Versuchen, ihn wenigstens von den intimsten Körperteilen fernzuhalten. Einmal war ihr das nicht so ganz gelungen, und sie errötete leicht, als sie ihren Freundinnen schilderte, welche überraschenden Gefühle sich dabei eingestellt hatten.
Sally Lumb, die normalerweise recht lebhaftes - wenn auch eher gönnerhaftes - Interesse an solchen Gesprächen zeigte, schien heute nicht ganz bei der Sache zu sein, was die anderen wohl bemerkten, Hazel allerdings wenig beeindruckte. Sie hatte keineswegs vor, sich um ihre erregendsten Erfahrungen bringen zu lassen, nur weil Madam zu schmollen beliebte.
Anne Downes, die wahrscheinlich das meiste Gespür hatte für die Stimmungen anderer - und zweifellos das geringste Interesse an Jungs und deren rätselhaften Gelüsten -, wartete gelassen, bis Kathy Chalmers ihr albernes Kichern abgestellt hatte, und versuchte, das Thema zu wechseln.
«Wißt ihr eigentlich, daß sie ihn immer noch nicht gefaßt haben?» meldete sie und rückte ihre Brille zurecht.
«Wen?» erkundigte sich Hazel barsch, deutlich verärgert, daß man sie von anderen, weit wichtigeren Dingen ablenkte.
«Den Mörder natürlich, wen denn sonst? Den Kerl, der Mr. Steadman gekillt hat.»
«Woher willst du wissen, daß es ein Kerl war?» meinte Hazel, die diese Frage aus zahllosen Fernsehsendungen kannte.
«Liegt doch wohl auf der Hand, oder?» fauchte Anne. «Müßte schon 'ne verdammt starke Frau sein, um ihm den Schlag zu verpassen und ihn dann über das ganze Feld zu schleppen, bis rauf zum Crow Star.»
«Dann war's bestimmt Mrs. Butterworth», warf Kathy ein. Alles lachte beim Gedanken an die riesenhafte, rotgesichtige Metzgersfrau, die ihren schmächtigen, eingeschüchterten Ehemann wie ein Turm überragte.
«Laß die Albernheiten», meinte Anne, die sich immerhin ein Lächeln gestattet hatte. «Welchen Grund sollte sie denn gehabt haben? Außerdem hätte sie wahrscheinlich einen Herzanfall bekommen, bei der Anstrengung.»
«Jimmy Collins hat mir erzählt, daß die Polizei Penny Cartwright vernommen hat, und den Major»,
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