Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
Seite. Harriet war eine lebhafte, intelligente Frau mit dem Aussehen eines pfiffigen Kobolds und betrieb eine rollende Leihbücherei, mit der sie die entlegensten Dörfer der Dales besuchte. Ihr Mann David war stellvertretender Filialleiter einer Bank in Eastvale und - um die Wahrheit zu sagen - ein ziemlicher Langweiler. Jedenfalls für Banks.
Offensichtlich hatte der Langweiler gerade eine Bemerkung gemacht, auf die er etwas mehr als ein stummes Nicken erwartete. Banks hatte allerdings nicht hingehört, da er eben einen Camper beobachtet hatte, einen jungen Mann mit frischem Teint, der mit seinen knapp achtzehn Jahren schon den standfesten Trinker hervorkehrte, um die kleine Freundin zu beeindrucken.
«Wie bitte?» fragte Banks nach und wölbte die Hand vors Ohr, als sei er schwerhörig.
«Ich sagte, daß Sie vermutlich selbst bestens Bescheid wissen über Computer, da Sie ja bei der Force sind», wiederholte David. «Aber ich fürchte, ich langweile Sie.»
«Nein, durchaus nicht», log Banks, drückte den Tabak in seiner Pfeife fest und zündete sie an, als habe er Sandras mißbilligendes Sitrnrunzeln nicht bemerkt. «Keineswegs, aber es stimmt schon, mir sind natürlich auch ein paar Begriffe aus der Computersprache zu Ohren gekommen», lächelte er und dachte dabei eher an die altmodische Redensart von der , die eine ziemlich seltsame Auffassung von seinem Beruf verriet. Welche sollte das sein? Die von Recht und Gesetz vermutlich. Nach dem Motto «May the force be with you». Die Macht des Guten gegen das Böse? Eine Phrase, steif und trocken und kaum geeignet, diesem Job gerecht zu werden.
Während er David auseinandersetzte, wie wenig er zu diesem Thema beizutragen hatte, beobachtete er, wie Penny Cartwright und Jack Barker das Lokal betraten, sich nach vorn zu dem Podest durchkämpften und auf den Stühlen Platz nahmen, die man dort reserviert hatte. Kurze Zeit darauf erschien ein sichtlich aufgeregter, pickliger junger Mann auf der Bühne, klopfte gegen die Mikrofone, sprach in jedes das Wort «Test» mehrmals hintereinander und begrüßte schließlich die Gäste zur großen Folknacht im Dog and Gun. Nach und nach verstummten die Gespräche, bis man nur noch das leise Brummen des Verstärkers hörte und das Klingeln der Kasse, in die der Barkeeper die verkauften Getränke eintippte. Das Mikrofon gab ein schrilles Pfeifen von sich, als der junge Mann zu dicht herantrat. Er zog eine Grimasse und wich hastig ein wenig zurück, um schließlich das Programm bekanntzugeben. Banks konnte die Namen der einzelnen Gruppen nicht verstehen, hatte aber immerhin mitbekommen, daß Penny zwei Sets von jeweils fünfundvierzig Minuten bestreiten würde, den ersten um halb neun und den zweiten gegen halb elf.
Nach diversen weiteren Ankündigungen und Erklärungen erklomm schließlich ein Duo das Podest. Der junge Mann hatte nur eine Gitarre in der Hand, während das Mädchen ein ganzes Sortiment von bizarren alten Zupfinstrumenten bei sich trug und auf dem Boden verteilte. Als erstes versuchten sie sich an einem Song von Bob Dylan und schafften es immerhin, wie Banks fand, das fehlende Talent durch besondere Begeisterung wettzumachen. Nach dem Applaus machte der junge Mann ein paar Witze, entschuldigte sich, daß er seine Noten vergessen und noch nicht genügend Zeit gefunden habe, seine Technik zu verbessern, und hatte das Publikum im Nu dazu gebracht, daß es mehr von ihm hören wollte und bereit war, die kleinen Mängel zu übersehen.
Das Mädchen hatte unterdessen geschwiegen und sich darauf konzentriert, ein Instrument zu stimmen, das für Banks wie eine Mandoline aussah und mit dem sie nun, äußerst gekonnt, ein Medley aus alten englischen Tänzen intonierte. Das Publikum zeigte sich überwiegend aufmerksam und respektvoll, und alles war ruhig, bis auf die obligaten gelegentlichen Unterbrechungen, wenn der Kellner vorbeikam und neue Bestellungen aufnahm, und einen entrüsteten Zwischenruf, um den betrunkenen jungen Camper zur Ordnung zu rufen.
Banks und David hatten jeder eine Runde bestellt, Bitter für die Herren und Lager mit Schuß für die Damen. Banks war entschlossen, seinen Bierkonsum unter Kontrolle zu halten, schließlich war es nicht besonders sinnvoll, sich auch nur andeutungsweise alkoholisiert zu zeigen, in einem Dorf, wo man in einer Mordsache zu ermitteln hatte. Zwei Pints für anderthalb Stunden waren ein ganz ordentlicher Schnitt, wie er fand,
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