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Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche

Titel: Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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schon seit langem überfällig», bekannte Banks, der wenig Lust verspürte, diese Diskussion zu vertiefen, zumal er eine Menge auszusetzen hatte an der Art, wie die Regierung darauf hinarbeitete, die Polizei zu einer kleinen Privatarmee aufzurüsten, sie zu einer gutbezahlten Schlägertruppe zu machen, die man nach Belieben gegen alle Unterprivilegierten einsetzen und bei Unbotmäßigkeiten jederzeit entlassen konnte. Ein Bulle mit sozialen oder zumindest humanistischen Neigungen war vermutlich ein ziemlich harter Brocken für einen Mann wie Darnley, überlegte Banks. Außerdem war er ja eigentlich kein Bulle, sondern ein Detektiv, ein Kriminalbeamter, den man fürs Denken bezahlte und nicht dafür, die entfesselten Volksmassen im Zaum zu halten und dem aufgebrachten Pöbel eins über die Rübe zu geben.
      «Ich bin einfach nur neidisch», erklärte Darnley. «Wir Akademiker haben schließlich auch unseren Stolz, und ich wäre froh, wenn für uns ein größeres Stück von dem Kuchen abfiele. Harry war ein fabelhafter Dozent, der es immer geschafft hat, seine Studenten mitzureißen und zu begeistern. Das ist gar nicht so leicht heutzutage, wo man ständig gegen das Fernsehen, gegen Videospiele und Gott weiß was noch ankämpfen muß. Unterbrechen Sie mich, wenn Sie das Gefühl haben, daß ich ihn zu sehr in den Himmel hebe - aber es ist einfach wahr. Er war besessen von der Forschung, von der eigentlichen wissenschaftlichen Arbeit, zu besessen sogar, und das war auch der Grund, warum er seinen Job aufgegeben hat. Mit einemmal war genügend Geld da, um das zu tun, was er für richtig hielt - und genau das hat er getan. Jeder andere hätte wahrscheinlich den ganzen Krempel hingeschmissen, sich nach Südfrankreich abgesetzt und ein Leben in Saus und Braus geführt, aber für Harry kam das nicht in Frage. Er war ein Mann mit Berufung.»
      In diesem Moment trat ein kleiner dicklicher Mann an den Tisch. Sein Schädel war kahl bis auf ein paar dünne graue Haarbüschel oberhalb der Ohren, und die tiefen Furchen zwischen seinen breiten Brauen, zusammen mit dem schmalen, verkniffenen Mund, gaben ihm das Aussehen eines kleinkarierten Griesgrams. Die Stimme klang kultiviert, aber so leise, daß sich Banks fragte, wie man mit dieser Tonlage einen ganzen Hörsaal füllen mochte. Ansonsten erwies sich der Neuzugang als eher schweigsam, begnügte sich damit, ebenfalls ein Roastbeefsandwich und ein Stout zu bestellen und stumm dazusitzen, während die beiden andern ihr Gespräch fortsetzten.
      «Ich denke, ich habe jetzt eine recht klare Vorstellung von Mr. Steadman, soweit es seinen Beruf betrifft», meinte Banks. «Offenbar sind sich alle darüber einig, daß er für seine Arbeit die richtige Begabung hatte, die innere Berufung und vielleicht sogar die nötige Besessenheit.»
      Talbot gab einen skeptischen Laut von sich und begann zu sprechen, mit einer Stimme, die von einer Erziehung in Cambridge zeugte, von den Nöten, sich im Hörsaal verständlich zu machen, und der Neigung zu dem einen oder anderen Gläschen Sherry am Nachmittag. «Nun, eh, Chief Inspector, eine Besessenheit müssen wir doch wohl ihrem Wesen nach als etwas Ungesundes definieren, meinen Sie nicht auch? Es geht mir hier nicht um irgendwelche semantischen Wortklaubereien, aber Sie werden doch wohl zugeben müssen, daß dieser Begriff eindeutig einen Beiklang von Unnormalität, von geistiger Verwirrung hat - und Harold Steadman war mit Sicherheit nicht im entferntesten geistesverwirrt. Insofern also auch keineswegs besessen», stellte er fest, während seiner gesamten Ansprache heftig die Stirn runzelnd, als bereite ihm schon allein der Gebrauch des Wortes größtes Unbehagen.
      «Tut mir leid, Professor Talbot», entschuldigte sich Banks, «ich habe nichts Derartiges andeuten wollen. Nein, es gibt in der Tat einen erheblichen Unterschied zwischen Berufung und Besessenheit, aber ich habe eigentlich nur wissen wollen, ob sich Steadman auch für andere Dinge Zeit genommen hat. Für Sozialkontakte etwa. War er gesellig, ging er zu Partys, hat er gelegentlich ein Gläschen getrunken?»
      Talbot starrte verbissen in sein Glas, als suche er angelegentlich nach einer wissenschaftlich exakten Definition des Begriffs «Besessenheit» und könne die Deutung solcher Banalitäten wie «Sozialkontakte» getrost den niederen Chargen überlassen.
      «Weißt du, was, Godfrey», meinte Darnley liebenswürdig und offensichtlich völlig blind für die

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