Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
miterlebt?«
»Nein, Sir. In fünfzehn Minuten war alles vorbei.«
»Kommen Sie, wir gehen lieber rein und helfen den Kollegen.«
Im Revier herrschte Chaos. Jeder verfügbare Quadratzentimeter war von verhafteten Demonstranten besetzt worden, manche bluteten aus geringfügigen Schnittverletzungen und die meisten beschwerten sich lautstark über die Brutalität der Polizei. Als sich Banks und Richmond zum Treppenhaus durchboxten, rief eine vertraute Stimme hinter ihnen her.
»Craig!«, sagte Banks, als der junge Polizist zu ihnen aufgeschlossen hatte. »Was ist passiert?«
»Nicht viel, Sir«, schrie Craig über den Lärm hinweg. Sein rechtes Auge war dunkel und angeschwollen, aus einem Riss in der Lippe tropfte Blut. »Ich bin noch mal davongekommen.«
»Sie sollten im Krankenhaus sein.«
»Es ist wirklich nicht der Rede wert, Sir. Susan Gay wurde ins Krankenhaus gebracht.«
»Was hatte sie da draußen zu suchen?«
»Die Männer von der Schutzpolizei brauchten Hilfe, Sir. Wir sind einfach rausgegangen. Wir konnten nicht wissen, dass es so enden würde ...«
»Ist sie schwer verletzt?«
»Wohl nur eine Gehirnerschütterung, Sir. Sie wurde niedergeschlagen, und irgendein Arschloch hat ihr gegen den Kopf getreten. Das Krankenhaus hat gerade angerufen. Ein Dr. Partridge möchte Sie sprechen.«
Hinter ihnen brach ein Handgemenge aus. Jemand prallte gegen Richmonds Kreuz. Er fiel nach vorn und stieß Banks und Craig gegen die Wand.
Banks rappelte sich auf. »Kann mal jemand diese verdammten Leute zur Ruhe bringen!«, schrie er in den Raum. Dann wendete er sich wieder an Craig. »Ich werde mit dem Doktor sprechen. Aber rufen Sie den Superintendenten an, wenn es geht. Erzählen Sie ihm, was passiert ist, und bitten Sie ihn herzukommen. Sergeant Hatchley auch. Und dann gehen Sie ins Krankenhaus. Wenn Sie Susan einen Krankenbesuch abstatten, können Sie gleich mal Ihr Auge untersuchen lassen.«
»In Ordnung, Sir.« Craig kämpfte sich zurück durch die Menge, und Banks und Richmond gingen hoch in die Büros der Kriminalpolizei.
Zuerst griff Banks in seine Schreibtischschublade, wo er eine Zigarettenschachtel für Notfälle aufbewahrte, dann wählte er die Nummer des Allgemeinen Krankenhauses von Eastvale.
Der Doktor wurde ausgerufen und kam eine Minute später ans Telefon.
»Gibt es schwere Verletzungen?«, fragte Banks.
»Hauptsächlich handelt es sich nur um Schnitte und Schwellungen. Ein paar leichte Kopfwunden. Alles in allem würde ich sagen, es sieht schlimmer aus, als es ist. Aber deshalb habe ich nicht...«
»Was ist mit Constable Gay?«
»Mit wem?«
»Susan Gay. Die Polizistin.«
»Ach so, ja. Ihr geht es gut. Sie hat eine Gehirnerschütterung. Wir werden sie zur Beobachtung über Nacht hierbehalten, und nach ein paar Tagen wird sie wieder auf den Beinen sein. Hören Sie, ich verstehe Ihre Sorge, Detective Chief Inspector, aber ich wollte mit Ihnen über etwas anderes sprechen.«
»Um was geht es denn?« Für einen Augenblick spürte Banks den eisigen Schauer einer irrationalen Angst. Sandra? Die Kinder? Das Ergebnis seiner letzten Röntgenuntersuchung der Lunge?
»Es hat einen Todesfall gegeben.«
»Bei der Demonstration?«
»Ja.«
»Fahren Sie fort.«
»Tja, es handelt sich eher um Mord, schätze ich.«
»Schätzen Sie?«
»Ich meine, es sieht danach aus. Ich bin kein Pathologe. Ich bin nicht qualifiziert...«
»Wer ist das Opfer?«
»Ein Polizist. Constable Edwin Gill.«
Banks runzelte die Stirn. »Den Namen kenne ich nicht. Woher kommt er?«
»Einer der anderen sagte, er wäre aus Scarborough abgezogen worden.«
»Wie ist er gestorben?«
»Tja, das ist genau der Punkt. Nach dem, was da los war, würde man eine Schädelfraktur erwarten oder eine Platzwunde.«
»Aber?«
»Er wurde erstochen. Als er zu uns kam, war er noch am Leben. Leider haben wir nicht ... Zuerst war keine Wunde zu sehen. Wir dachten, er sei einfach wie die anderen niedergeschlagen worden. Er starb, bevor wir etwas tun konnten. Innere Blutungen.«
Banks legte eine Hand auf den Hörer und drehte seine Augen zur Decke. »Scheiße!«
»Hallo, Chief Inspector? Sind Sie noch da?«
»Ja. Entschuldigen Sie, Doktor. Danke, dass Sie so schnell angerufen haben. Ich werde noch mehr Polizeiwachen runterschicken. Niemand darf gehen, egal wie leicht die
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