Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln
meine?«
Banks nickte.
»Ich weiß nicht, warum, aber es war anders. Und er hat immer nur so verlegen geguckt und ist die ganze Zeit mit einem schuldbewussten Lächeln herumgeschlichen. Hauptsächlich ist er mir aber aus dem Weg gegangen.«
»In welcher Weise könnte er in die Sache verwickelt sein, Brenda?«, schaltete Susan sich ein.
Brenda schaute sie von der Seite an, als würde sie Susan das erste Mal sehen. »Woher soll ich das wissen?«, fragte sie. »Ich bin nicht der Detektiv, oder?« Sie sprach mit Susan schroffer als mit Banks. Von Frau zu Frau, dachte er, fühlte sich Brenda Scupham unwohl.
Banks lenkte die Aufmerksamkeit behutsam wieder von Susan ab. »Brenda, haben Sie denn überhaupt irgendeinen Beweis dafür, dass Les etwas mit Gemmas Verschwinden zu tun hat?«
»Nein. Es ist nur so ein Gefühl.«
»Okay. Das will ich nicht abtun. Was Sie uns über Mr Brown und Miss Peterson erzählt haben, das hat aber alles gestimmt, oder?«
»Ja. Genau so ist es passiert.«
Banks zeigte ihr die Zeitungsbilder von Chivers und der Blondine. »Erkennen Sie diese Leute?«
Sie warf einen kurzen Blick auf die Bilder. »Das könnte er sein. Das Haar hat zwar eine andere Farbe, aber sonst ist es gleich. Aber bei ihr weiß ich nicht so genau. Mit hochgesteckten Haaren sieht man immer gleich ganz anders aus. Aber er ... ich glaube ... ja ... das könnte er sein.«
Banks legte die Zeitung zur Seite. »Sie haben uns gesagt, dass Les nicht zu Hause war, als die beiden kamen.«
»Stimmt. Er war im Pub.«
»Wie hat er reagiert, als sie es ihm erzählt haben?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»War er geschockt, verärgert oder was?«
Brendas Augen füllten sich mit Tränen. »Er hat gesagt, ich wäre eine dumme Kuh, weil ich ihnen Gemma einfach mitgegeben hätte ... aber ...«
»Aber was?«
Sie rieb mit den Handrücken über ihre Augen. »Ich brauche eine Tasse Tee. Ohne eine Tasse Tee komme ich morgens einfach nicht in die Gänge. Wollen Sie auch welchen?«
»Gerne«, sagte Banks. Vielleicht war es gar keine schlechte Idee, ihr ein paar Minuten Zeit zu geben, um sich seine Frage durch den Kopf gehen zu lassen.
Während Brenda in die Küche ging, um Tee zu machen, warteten Banks und Susan schweigend. Draußen fuhr ein Wagen vorbei, ein Hund bellte und zwei lachende Kinder kickten eine Dose über die Straße. Der Wind pfiff durch die schlecht isolierten Fenster, der Luftzug bauschte die Gardinen auf. Banks betrachtete das Porträt von Elvis: ein wirklich lächerliches, einem aufgedunsenen und aufgedonnerten Idol gewidmetes Stück Kitsch.
Als Jugendlicher war er ein großer Elvis-Fan gewesen. Er hatte all die fürchterlichen Filme der sechziger Jahre gesehen, in denen Elvis meistens einen leicht pummeligen, am Strand herumhängenden Gammler spielte. Außerdem hatte er jede neue Single gekauft, die herausgekommen war. Aber irgendwie schien Elvis nach den Beatles, nach Bob Dylan, den Rolling Stones und allen anderen nicht mehr wichtig gewesen zu sein.
Trotzdem erinnerte er sich, wie er in der Nacht, als June Higgins wegen John Hill mit ihm Schluss gemacht hatte, immer wieder »They Remind Me Too Much of You« gehört hatte. Zu der Zeit hatte er gerade ein MesserschmittModell zusammengebaut, vielleicht waren deshalb die Klebstoffdämpfe schuld daran gewesen, dass seine Augen tränten. Schnüffeln hatte man damals noch nicht erfunden. Er war dreizehn gewesen; jetzt war Elvis tot, lebte aber in grellen Ölgemälden wie diesem weiter.
Der Wasserkessel pfiff. Als das Pfeifen stoppte, hörte Banks Brenda nach oben gehen. Kurze Zeit später kam sie mit der Teekanne und drei Bechern herein. Sie hatte die Gelegenheit genutzt, sich anzuziehen, schnell ihr Haar zu bürsten und sich ein bisschen zu schminken.
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte sie und schenkte den Tee ein. »Da ist Milch und Zucker, wenn Sie wollen.« Susan bediente sich mit einem Spritzer Milch und zwei Teelöffeln Zucker. Brenda und Banks tranken ihren Tee so, wie er war.
»Bei Les' Reaktion, als Sie ihm erzählt haben, was mit Gemma passiert ist.«
»Genau. Ich habe darüber nachgedacht, während der Tee gezogen ist«, sagte Brenda. »Zuerst hat er mir nicht geglaubt. Ich würde sagen, er war vor allem überrascht. Aber dann ... also, er hat sich von mir abgewendet und ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Aber es war so, als würde er
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