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Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln

Titel: Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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glauben.«
      »Was war Ihr Eindruck?«
      »Ich glaube, sie war einsam und fühlte sich nicht geliebt.«
      Dass sie in Bezug auf Gemma zum ersten Mal die Vergangenheitsform benutzt hatte, blieb Banks nicht verborgen. »Einsam? Hatte sie keine Freundinnen?«
      »Doch. Sie war ziemlich beliebt hier, obwohl sie still war. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Sie spielte gerne mit den anderen Mädchen. Manchmal wirkte sie richtig fröhlich. Sie war nur launisch. Sie konnte traurig und still sein, sodass man einfach nicht an sie herankam. Manchmal hielt das Tage an.«
      »Und Sie wissen nicht, weshalb?«
      »Ich kann es nur vermuten. Und Sie dürfen niemandem erzählen, was ich da sage. Ich glaube, es lag an ihrem Elternhaus.«
      »Was ist damit?«
      »Ich glaube, sie wurde vernachlässigt. Ich will damit nicht sagen, dass sie nicht gut ernährt oder angezogen war oder in irgendeiner Weise misshandelt wurde. Obwohl sie manchmal ein bisschen ... nun ja, schäbig aussah. Sie trug Tag für Tag dasselbe Kleid, dieselben Strümpfe, müssen Sie wissen. Und manchmal hätte ich sie einfach gerne hergenommen und in die Badewanne gesteckt. Nicht, dass sie gerochen hat. Sie war nur ein klein bisschen schmuddelig. Ich glaube, ihre Eltern haben sich nicht genug um sie gekümmert und sie nicht gefördert. In meinen Augen war das der Grund ihrer Einsamkeit. So was kommt häufig vor und man kann nicht viel dagegen tun. Rückhalt im Elternhaus ist unter Umständen wesentlich wichtiger für die Entwicklung eines Kindes als die Schule, aber wir können nicht gleichzeitig Lehrer und Eltern sein, nicht wahr? Und wir können den Eltern nicht vorschreiben, wie sie ihre Kinder erziehen sollen.«
      »Sie verwendeten eben das Wort >Misshandlung<«, sagte Banks. »Haben Sie mal Anzeichen körperlicher Misshandlung bemerkt?«
      »Aber nein. Ich könnte nicht ... ich meine, wenn ich etwas bemerkt hätte, hätte ich es angezeigt. Vor ungefähr einem Jahr hatten wir hier so einen Fall. Es war schrecklich, einfach schrecklich, zu was sich manche Eltern hinreißen lassen.«
      »Aber an Gemma haben Sie keine Anzeichen gesehen? Keine blauen Flecken, Schrammen oder Ähnliches?«
      »Nein. Das heißt - einmal schon. Das war vor ungefähr einer Woche, glaube ich. Es war ziemlich warm, so wie jetzt. Gemma trug ein kurzärmeliges Kleid und mir ist ein blauer Fleck auf ihrem Oberarm aufgefallen, auf dem linken, glaube ich. Ich habe sie natürlich danach gefragt, aber sie hat gesagt, es wäre beim Spielen passiert.«
      »Haben Sie ihr geglaubt?«
      »Ja. Ich hatte keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln.«
      »Also haben Sie es nicht gemeldet?«
      »Nein. Man will ja auch nicht gleich Panik machen. Und nach dieser Sache mit den Sozialarbeitern in Cleveland erst recht nicht. Vielleicht hätte ich doch etwas unternehmen sollen. Gott, wenn ich in irgendeiner Weise verantwortlich bin ... Aber wenn man jedes Mal, wenn ein Kind einen blauen Fleck hat, gleich die Behörden einschalten würde, dann hätte man für nichts anderes mehr Zeit, nicht wahr?«
      »Schon in Ordnung«, beruhigte Banks sie. »Niemand macht Ihnen Vorwürfe. Heutzutage ist man bei solchen Dingen ein bisschen empfindlich geworden. Ich habe mir als junger Kerl eine Menge blauer Flecken eingehandelt, glauben Sie mir, und meine Eltern hätten bestimmt ungemein entrüstet reagiert, wenn man sie beschuldigt hätte, mich zu misshandeln. Und ich bekam eine ordentliche Tracht Prügel, wenn ich es verdient hatte.«
      Peggy lächelte ihn über ihre Brille an. »Wie gesagt«, fuhr sie fort, »Gemmas Erklärung kam mir völlig plausibel vor. Wenn Kinder spielen, kann es ganz schön wild zugehen. Und sie können wesentlich mehr einstecken, als wir uns vorstellen können.«
      »War das das einzige Mal, dass Sie einen blauen Fleck an ihr entdeckt haben?«
      »Ja. Wenn es öfter vorgekommen wäre, hätte ich ganz bestimmt etwas unternommen. Wir haben die Pflicht, auf solche Dinge zu achten.«
      »Und sie schien niemals irgendwelche Schmerzen zu haben?«
      »Keine körperlichen Schmerzen, nein. Manchmal machte sie nur einen verschlossenen Eindruck, schien in ihrer eigenen Welt versunken zu sein. Aber Kinder schaffen sich ja oft ihre eigene Fantasiewelt. Sie können sehr vielschichtige Geschöpfe sein, Chief Inspector. Sie sind nicht alle gleich. Und nur weil ein Kind still ist, bedeutet das noch nicht, dass irgendetwas nicht mit ihm

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