Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
Eine Ansprache!«, rief Hatchley.
Verlegen warf Richmond seiner Verlobten Rachel neben ihm einen Blick zu, stand dann auf und räusperte sich. »Vielen Dank«, sagte er. »Ich danke Ihnen allen vielmals. Und einen besonderen Dank für die CD-ROM. Sie wissen, dass ich kein großer Redner bin, aber ich möchte Ihnen sagen, dass es eine Freude war, mit Ihnen allen zusammenzuarbeiten. Mir ist klar, dass Sie mich wahrscheinlich für einen Verräter halten, wenn ich nun in den Süden gehe ...« Hier unterbrach ein Chor von Buhs seine Rede. »Aber sobald ich den Haufen da unten auf Vordermann gebracht habe«, fuhr er fort, »werde ich zurückkommen, und bis dahin sollten Sie alle lieber dafür sorgen, dass Sie ein Diskettenlaufwerk von einem Loch im Boden unterscheiden können.«
Er setzte sich wieder hin und die Leute kamen zu ihm, klopften ihm auf die Schulter und verabschiedeten sich. Alle jubelten, als sich Susan Gay vorbeugte und ihm einen scheuen Kuss auf die Wange gab. Und als Richmond sie unbeholfen in den Arm nahm, wurde sie rot.
Die Feier fand am Samstagabend im Hinterzimmer des Queen's Arms statt. Banks lehnte mit einem Pint Theakston's an der polierten Theke, Sandra auf der einen Seite neben ihm, Gristhorpe auf der anderen. Jemand hatte Ballons an die Decke gehängt, und Cyril hatte zu diesem Anlass die alte Jukebox angeschlossen, aus der gerade Gerry and the Pacemakers mit Ferry Across the Mersey ertönten.
Banks wusste, dass er jetzt, wo der Rothwell-Fall zu Ende war, eigentlich zufriedener sein sollte, aber es quälten ihn immer noch Zweifel, die er nicht los wurde. Als würde es ihn an einer Stelle jucken, die er mit der Hand nicht erreichen konnte, um sie zu kratzen. Jameson hatte Rothwell getötet. Gut. Nun war auch Jameson tot. Nach alter Sitte war Gerechtigkeit verübt worden. Auge um Auge. Also sollte er den Fall vergessen.
Konnte er aber nicht. Die zwei Männer, die Pamela Jeffreys zusammengeschlagen hatten, waren noch nicht gefasst worden. Mit Jamesons Komplizen liefen also noch drei Männer frei herum. Damit lag die Erfolgsquote nur bei fünfundzwanzig Prozent, und das war ganz und gar nicht zufrieden stellend.
Aber nicht nur das quälte ihn. Irgendwie sah das alles nach einer abgekarteten Sache aus. Eine abgekartete Sache, die es Martin Churchill ermöglichen würde, eines Nachts mit einem neuen Gesicht und einem sauberen, gewaltigen Bankkonto ins Land zu schlüpfen und sich unbehelligt in Cornwall zur Ruhe zu setzen, wo er die Geheimnisse der Machthaber bis ins Grab hüten würde. Und vielleicht dauerte es bis dahin gar nicht mehr lange. Aber es würde Banks auch nicht überraschen, wenn jemand vom MI6 oder sonst einer Organisation eines Nachts in Cornwall auftauchte und sowohl Churchill als auch seine Versicherung einen scheußlichen Unfall haben würden.
Susan kam von Richmonds Tisch herüber und deutete an, dass sie gerne mit ihm sprechen würde. Banks entschuldigte sich bei Sandra und ging mit Susan in eine ruhige Ecke.
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie von den Feierlichkeiten weghole, Sir«, sagte Susan, »aber ich hatte noch keine Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen, seit Sie zurück sind. Es gibt da ein paar Dinge, die Sie bestimmt interessieren werden.«
»Ich höre.«
Susan erzählte ihm von ihrem Gespräch mit Tom Rothwell nach der Beerdigung, von seiner Homosexualität und davon, dass er seinen Vater mit einer anderen Frau gesehen hatte, als er ihm nach Leeds gefolgt war. »Mittwochabend kam der Zeichner ins Revier, Sir, und am Donnerstag haben wir ein Phantombild in die Zeitungen gesetzt, während Sie im Süden waren.«
»Und? Glück gehabt?«
»Ja und nein.«
»Na los, machen Sie es nicht so spannend.«
»Wir haben herausgefunden, wer die Frau ist. Sie heißt Julia Marshall und wohnt in Adel. Das liegt im Norden von Leeds. Sie ist Lehrerin. Wir haben ein paar Anrufe von Kollegen erhalten. Anscheinend war sie ein ruhiger Mensch, scheu und zurückgezogen.«
»War?«
»Tja, das sollte ich eigentlich nicht sagen, Sir, aber Tatsache ist, dass sie verschwunden ist. Mehr wissen wir bisher nicht. Ich denke nur, dass wir sie finden und mit ihren Freunden sprechen sollten. Ich weiß nicht genau, warum. Es ist nur so ein Gefühl. Sie könnte etwas wissen.«
»Ich glaube, Sie haben Recht«, sagte Banks. »Das ist eine offene Frage, die auch ich geklärt wissen will. Für meinen Geschmack sind in diesem Fall zu
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