Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
zu hörte Banks durch das Lachen und die Diskussionen, wie über den Rothwell-Fall gesprochen wurde. »Hast du von diesem schrecklichen Mord bei Relton gehört?«, »Von dem Kerl, den sie draußen in den Dales erschossen haben? Soviel ich weiß, wurde ihm regelrecht der Kopf von den Schultern geblasen.« Mittlerweile hatte natürlich schon jeder die Möglichkeit gehabt, die Yorkshire Evening Post zu lesen, und die Menschen schmückten die spärlichen Einzelheiten, die in der Zeitung standen, genüsslich aus. Gerüchte und Fantasiegeschichten gingen um. Gristhorpe hatte den Medien bisher noch nicht erzählt, dass Rothwell wie in einem Bandenkrieg exekutiert worden war und dass es sich bei der Tatwaffe um eine Schrotflinte handelte.
Bisher konnte die Presse nur Folgendes berichten: »GESCHÄFTSMANN ERMORDET ... Nicht mehr als einen Kilometer oberhalb des friedlichen Dorfes Fortford ist in den frühen Morgenstunden ein unbescholtener Steuerberater in seiner Garage erschossen worden ...« Darauf folgten die Bitte um Informationen zu »zwei schwarz gekleideten Männern« sowie ein Foto von Keith Rothwell, auf dem er mit lichtem blondem Haar, das zurückgekämmt war und leichte Geheimratsecken offenbarte, seiner hohen Stirn, den etwas femininen Lippen und der Brille mit Drahtgestell tatsächlich wie ein unbescholtener Steuerberater aussah. Die Brille, so wusste Banks, war, in tausend Teile zerborsten, gemeinsam mit den Trümmern von Rothwells Schädel gefunden worden.
Banks winkte Gristhorpe und Richmond, die sich durch die Menge zu ihrem Tisch drängelten. Bevor er sich hinsetzte, ging Richmond los, um eine Runde Drinks zu holen und das Essen zu bestellen.
»Wenigstens müssen wir uns hier keine Sorgen machen, dass irgendjemand etwas von unseren streng vertraulichen Informationen aufschnappt«, sagte Gristhorpe, während er Platz nahm und mit seinem Stuhl über den ausgetretenen Steinboden nach vorn rutschte. »Ich kann kaum meine eigenen Worte verstehen.«
Als Richmond mit den Getränken auf einem Tablett zurückkam, sagte Gristhorpe: »Also, Phil, nun erzählen Sie uns mal, was Sie herausgefunden haben.«
Über dem Tisch steckten sie die Köpfe zusammen. Richmond trank einen Schluck seines St. Clements. »Einige Dokumente sind entweder verschlüsselt oder mit Passworten belegt worden«, sagte er. »Bei manchen handelt es sich um komplette Verzeichnisse, eines ist nur eine Datei in einem Verzeichnis. Er hat es >BRIEF< genannt.«
»Können Sie die Datei öffnen?«, fragte Gristhorpe.
»Das ist nicht so einfach, Sir, nein. Nur wenn man das Passwort eingibt. Glauben Sie mir, ich habe jeden Trick ausprobiert, aber es kommt nichts als Kauderwelsch dabei raus.«
»Na gut.« Gristhorpe hustete und wedelte mit einer übertriebenen Geste den Rauch von Banks Zigarette weg. »Nehmen wir an, er hatte spezielle Gründe, diese Dokumente geheim zu halten. Das bedeutet, sie interessieren uns erst recht brennend. Sie sagten, der Zugriff sei nicht leicht, aber gibt es denn einen Weg?«
Richmond räusperte sich. »Nun, es gibt einen. Eigentlich gibt es sogar zwei Möglichkeiten.«
»Raus damit, machen Sie es nicht so spannend.«
»Wir könnten einen Experten holen. Ich meine, einen echten Experten, jemand, der Programme schreibt.«
»Aha, und die zweite Möglichkeit?«
»Also, aus nahe liegenden Gründen ist sie recht unbekannt, aber ich habe einmal ein Seminar besucht, wo mir der Dozent etwas erzählt hat, was mir sehr merkwürdig vorkam.«
»Was?«
»Da gibt es so eine Firma, die verkauft Bypassprogramme, mit denen man verschiedene Softwaresicherheitssysteme umgehen kann.«
»Das ist wahrscheinlich die billigere und schnellere Lösung, oder?«, fragte Gristhorpe. »Können Sie so ein Programm besorgen?«
»Ja, Sir. Aber es ist nicht billig. Es ist sogar ziemlich teuer.«
»Wie viel?«
»Ungefähr hundert Pfund.«
Gristhorpe pfiff durch die Zähne. »Wir haben kaum eine andere Wahl, oder?«, meinte er dann. »Na los, bestellen Sie eins.«
»Habe ich schon getan, Sir.«
»Und?«
»Die Firma sitzt in Akron, Ohio, aber sie haben mir gesagt, dass es einen Großhändler in Taunton, Devon, gibt, der welche auf Lager hat. Es könnte aber eine Weile dauern, bis es hier ist.«
»Dann sagen Sie den Typen, sie sollen es per Kurier schicken. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. Der Polizeipräsident wird sowieso aus allen
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