Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
hören löste ein dunkles Schuldgefühl in ihr aus, und als sie das Revier betrat, zog sie kurz in Erwägung, einen Beamten der Schutzpolizei zu bitten, hinauszugehen und ihn wegzujagen. Gegen so etwas müsste es ein Gesetz geben, dachte sie. Störung der Ruhe einer überarbeiteten Beamtin der Kriminalpolizei?
Doch ihre Nächstenliebe setzte sich durch und sie marschierte hoch in ihr Büro. Es ging nach hinten zum Parkplatz hinaus, so musste sie seine Worte nicht mehr hören.
Zuerst holte sie die blauen Karteikarten hervor, die sie gerne für ihre Notizen verwendete, und heftete sie an die Pinnwand über ihrem Schreibtisch. Es handelte sich um die gleiche Pinnwand, an der Sergeant Hatchley seine Nacktfotos von Seite-Drei-Mädchen mit ihrem ausdruckslosen Lächeln und ihren gewaltigen Brüsten geheftet hatte. Jetzt wurde Hatchley jeden Moment zurückerwartet. Welch ein Gedanke.
Nachdem sie einen weiteren Termin mit Laurence Pratt vereinbart hatte, genoss sie den Luxus des leeren Büros, streckte sich wie eine Katze und fühlte sich, als säße sie in einem tiefen, warmen Schaumbad. Draußen vor dem Fenster konnte sie die Männer des Wartungspersonals auf dem großen Parkplatz sehen, die mit aufgerollten Hemdsärmeln die Streifenwagen wuschen. Die Sonne glänzte auf ihren Ringen und Armbanduhren und auf dem funkelnden Chrom, das sie polierten. Auf den hellen Windschutzscheiben breiteten sich Regenbogen aus öligem Geflimmer aus.
Ein Mann fiel ihr besonders auf: Er war muskulös, aber nicht zu sehr, eine blonde Locke fiel ihm übers Auge und wippte auf und ab, während er die Kühlerhaube mit langsamen, kräftigen Bewegungen polierte. Das Telefon unterbrach ihre Fantasien. Sie nahm den Hörer ab. »Hallo. Kriminalpolizei Eastvale. Kann ich Ihnen helfen?«
»Mit wem spreche ich?«
»Mit Detective Constable Susan Gay.«
»Ist der Superintendent im Hause?«
»Leider nicht.«
»Und Chief Inspector Banks?«
»Nicht in seinem Büro. Kann ich Ihnen helfen? Worum geht es denn?«
»Das müssen Sie dann wohl. Mein Name ist Mary Rothwell. Ich habe gerade einen Anruf von meinem Sohn Tom erhalten.«
»Tatsächlich? Wo ist er?«
»Er ist immer noch in Florida. In einem Hotel in Lido Key, wo auch immer das sein mag. Offenbar erscheinen die britischen Zeitungen dort drüben mit ein paar Tagen Verspätung und er hat gerade erst von dem Mord an seinem Vater gelesen. Es ist acht Uhr morgens dort. Wie auch immer, er sagte, er wird morgen früh so gegen sieben Uhr in Manchester ankommen. Ich werde ihn vom Flughafen abholen.«
»Das sind gute Neuigkeiten, Mrs. Rothwell«, sagte Susan. »Sie wissen doch, dass wir gerne mit ihm sprechen würden?«
»Ja. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, warum. Werden Sie die Nachricht an den Chief Inspector weiterleiten?«
»Ja.«
»Gut. Übrigens, ich habe die Beerdigung für Mittwoch vereinbart. Das geht doch immer noch in Ordnung, oder?«
»Natürlich.«
»Sehr gut.«
»Sonst noch etwas, Mrs. Rothwell?«
»Nein.«
»Dann auf Wiedersehen. Wir werden uns melden.«
Susan legte auf und starrte für einen Moment ins Leere. Was für eine merkwürdige Frau diese Mary Rothwell doch war. Herrisch, angespannt und sehr nüchtern. Im Privatleben wahrscheinlich eine echte Tyrannin. Aber war sie eine Mörderin?
Auch wenn das Betrugsdezernat lange beschäftigt sein würde, bis sie genau herausgefunden hätten, was Rothwell besaß, und bis sie das legale von dem illegalen Geld getrennt hätten - es war mit Sicherheit ein Vermögen. Geld, für das es sich lohnte zu morden. Das Problem war, dass Susan sich zwar vorstellen konnte, dass Mary Rothwell kaltblütig genug war, ihren Mann ermorden zu lassen, dass sie aber nicht glauben konnte, dass sie es auf eine derartig blutige und dramatische Weise getan hätte.
Sie sah wieder das Bild der knienden, kopflosen Leiche vor sich und spürte, wie ihr die Gemüsesuppe die Kehle hochkam. Nein, dachte sie, wenn die Ehefrau für den Mord verantwortlich gewesen wäre, dann wäre Rothwell auf eine saubere, hygienische Art aus dem Weg geräumt worden - vielleicht mit Gift. Wie lautete die Redewendung? Man scheißt nicht vor seiner eigenen Tür. Für Mary hatte der Mord zu nahe an ihrem Heim stattgefunden, er hatte ihr die Arkbeck Farm wahrscheinlich für immer beschmutzt.
Dennoch war eine Menge Geld im Spiel. Susan hatte am Morgen Rothwells Rechtsanwalt
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